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Die toten Frauen von Juárez

Die toten Frauen von Juárez

Titel: Die toten Frauen von Juárez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hawken
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dem Herzen bei der Sache ist. Sie sind eine Memme.«
    Enrique widersprach nicht. Er hätte sich am liebsten in seinem Sessel verkrochen, zwang sich aber, aufrecht sitzenzubleiben. Er sah Garcia nicht in die Augen, sondern stattdessen auf seine Brauen. Die zuckten jedes Mal, wenn Garcia etwas sagte.
    »Ich wusste in dem Moment, als Salazar abgestochen wurde, dass Sie sich krankmelden würden. ›Oh, der arme Estéban Salazar.‹ Hab ich recht?«
    »Nein«, brachte Enrique heraus. Sein Kopf zuckte nur, als er ihn schütteln wollte. »Mein Onkel hat Probleme mit dem Herzen. Das können Sie nachprüfen, wenn Sie wollen.«
    Augenblicklich kam sich Enrique dumm vor, weil er das gesagt hatte. Falls Garcia tatsächlich anrief, würde er erfahren, dass Enriques Onkel gar nicht krank war. Doch er wusste nicht, ob Garcia anrufen oder ihn kurzerhand in einen Verhörraum schleifen würde. Das brächte er fertig. Es wäre nicht das erste Mal.
    »Ich habe keine Zeit, hinter Ihnen herzulaufen und Ihnen den Arsch abzuwischen«, sagte Garcia. »Ich bin
beschäftigt.
Haben Sie es noch nicht gehört?
Narcos
machen die ganze Stadt kaputt. Die Amerikaner beschweren sich, Firmen wandern ab … wir haben keine Zeit, einem
puto
nachzuweinen, der seine Schwester vergewaltigt hat. Haben Sie mich verstanden?«
    Enrique nickte kaum merklich. »Ja.«
    »Gut. Freut mich, dass wir uns verstehen.« Garcia richtete sich auf, die Sonne schien wieder auf Enriques Schreibtisch. Dann fegte er mit der Hand sämtliche Schnellhefter, die Dose mit den Kugelschreibern und die Schreibtischunterlage herunter. »Heben Sie das auf, dann gehen Sie nach Ihrem verdammten Onkel sehen. Es wäre besser, wenn er morgen wieder gesund ist.«
    »Ja, Sir«, sagte Enrique.
    Er ließ sich auf Hände und Knie nieder und hob die Sachen wieder auf. Garcia sah ihm eine Weile dabei zu, bis er sich langweilte. Enrique stand erst vom Boden auf, als er Garcias Bürotür ins Schloss fallen hörte. Er wagte es nicht, einen Blick zu riskieren, wusste er doch genau, dass La Bestia ihn durch die Glasscheibe beobachtete.

SIEBEN
    »Wie viel kostet das?«, fragte Enrique Sevilla aus dem Wohnzimmer der Suite.
    »Wollen Sie das wirklich wissen?
Ich
will es nicht wissen.«
    Nach dem Mittagessen mit Madrigal ging Sevilla einkaufen. Als Erstes besorgte er sich einen Satz Golfschläger aus Titan. Sie sahen aus, als wären sie nie benutzt worden, die Tasche stammte dafür eindeutig aus zweiter Hand. Ein weiterer Abstecher sorgte für Ersatz, der, genau wie Sevillas Anzüge, förmlich nach Geld stank. Vor einer langen Fensterwand mit Blick auf den lagunenartigen Swimmingpool des Hotels Lucerna übte Sevilla den Abschlag.
    Enrique kam zu ihm. »Inwiefern hilft uns Golfspielen weiter?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Sevilla. »Immerhin verschafft es mir Einlass.«
    »Sie glauben also, dass mit Señor Madrigal etwas nicht stimmt?«
    »Ich glaube, es ist etwas faul.«
    Kinder und Frauen planschten in dem Pool. Sevillas Suite lag im obersten Stock, daher konnte man nur recht ungenau Einzelheiten erkennen. Unter ihnen lag die Stadt. Das amerikanische Konsulat war so nahe, dass man es mit einem Golfball hätte treffen können, der Fluss lag nicht weit dahinter. Pendelbusse brachten Gäste vom Hotel zu den Industriegebieten und den
maquilas,
die sich im Besitz von 3M, Electrolux oder Lear befanden. Die Sprache, die man am häufigsten auf den Fluren hörte, war Englisch.
    »Sie glauben, dass
etwas
nicht stimmt, aber nicht mit Señor Madrigal?«
    Sevilla unterbrach seine Übungen. Schon jetzt tat ihm die Schulter weh. In zwei Tagen würde er mit Madrigal auf dem Rasen stehen. »Was glauben Sie, warum ich das hier mache, Enrique? Die Kleidung, dieser Anzug, diese … gottverdammten Golfschläger?
Natürlich
stimmt etwas nicht. Alles, was wir über Ortíz herausgefunden haben, sagt mir, dass eskeinen Grund gibt, weshalb er in Rafa Madrigals Kreisen verkehren sollte. Das beweist etwas. Ich weiß nur nicht was.«
    Enrique machte den Mund auf und wollte etwas sagen.
    »
Sie
wissen auch nicht was«, sagte Sevilla.
    Enrique ging im Schlafzimmer auf und ab. Ungewollt registrierte Sevilla sämtliche Kleinigkeiten an dem jungen Polizisten, die nicht in diese Umgebung passten. Die Art, wie er sich bewegte, seine Kleidung, allein schon sein Haarschnitt. Und wenn ihm das nicht entging, dann würde es wohlhabenden Männern wie denen im Misión Guadalupe auffallen wie der Unterschied zwischen Tag und Nacht. Sevilla

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