Die toten Mädchen von Villette
Ausnahmsweise freute sie sich auf eine Pressekonferenz.
Ihre Gedanken kehrten zu dem zurück, was Philippe erzählt hatte. Es fiel ihr schwer zu begreifen, daß der europäische Serienmörder, den sie gejagt hatte, zugleich der Mann war, der ihre Mutter ins Konzentrationslager geschickt hatte. Er mußte dieses Bild gemacht haben, das Tatia gefunden hatte, und dann hatte er die beiden lachenden Mädchen verraten, sie Gefangenschaft und Tod ausgeliefert. Es war kein Zufall, der ihn nach Villette geführt hatte, dachte Martine, der Schatten seines Verrats an Simone und Renée warauf sein Leben gefallen, ebenso wie auf ihres und Philippes und Tatias, und letzten Endes mußte die Abrechnung kommen. Sie hatte Jacques Martins Blick gesehen, als er die Finger um Tatias Hals gelegt hatte. Es war der Blick eines Mannes gewesen, der kaum wußte, wo er war und wen er zu erwürgen versuchte. Vielleicht hatte er geglaubt, daß Tatia in ihrem Vierziger-Jahre-Kleid Renée war, die zurückgekommen war, eine vorwurfsvolle Stimme aus der Vergangenheit, die er zum Schweigen bringen mußte.
Aber Martine hatte ihn aufgehalten. Sie war aus Renées Schuhen getreten und hatte den Mann, der Renée verraten hatte, daran gehindert, Renées Enkelkind zu töten. Du siehst, Maman, sagte sie still, ich habe das Richtige getan. Ich bin meinen eigenen Weg gegangen, und deshalb konnte ich Philippes Tochter retten und den Mann aufhalten, der deine Freundin in den Tod geschickt hat.
Und vor ihrem inneren Augen sah sie, wie sich das strenge Muttergesicht, an das sie sich erinnerte, auflöste und mit dem lächelnden Mädchengesicht auf dem Foto aus Tatias Koffer verschmolz.
DIE PERSONEN
Martine Poirot Untersuchungsrichterin in Villette-sur-Meuse
Thomas Héger ihr Mann, Professor für Geschichte
Philippe Poirot ihr Bruder, Barkeeper in Brüssel
Tatia Poirot modeinteressierte Tochter von Philippe
Bernadette Hausfrau, früher verheiratet mit
Vandermeersch Philippe
Sophie Lind Regisseurin und Schauspielerin,Schwester von Thomas
Yves Deshayes Gerichtspräsident
Benoît Vercammen Staatsanwalt am Justizpalast von Villette
Clara Carvalho Staatsanwältin am Justizpalast von Villette
Julie Wastia Rechtspflegerin am Justizpalast von Villette
Agnes Champenois Rechtspflegerin am Justizpalast von Villette
Dominic di Bartolo wegen Krankheit beurlaubter Verwaltungschef am Justizpalast von Villette
Christian de Jonge Kriminalkommissar
Willy Bourgeois Kriminalkommissar
Annick Dardenne Kriminalinspektorin
Serge Boissard Kriminalinspektor
Walter Hallstein Kriminalkommissar vom deutschen Bundeskriminalamt
Alice Verhoeven Professorin und Gerichtsmedizinerin
Brigitte Onckelinx Rechtsanwältin
Jean-Marc Poupart Bürgermeister von Villette
Annalisa Paolini stellvertretende Bürgermeisterin vonVillette
Jean-Pierre Santini Kanzleichef des Bürgermeisters
Tony Deblauwe Besitzer des Lokals »Die Blinde Gerechtigkeit« in Villette
Bruno Wastia Autohändler, Onkel mütterlicherseits von Julie
Jean-Pierre Wastia Soldat auf Urlaub, Cousin von Julie
Denise van Espen Antiquitätenhändlerin in Brüssel
Nigel Richards britischer Korrespondent in Brüssel
Francesco Marinelli italienischer Korrespondent in Brüssel
Jacques Martin freiberuflicher Fotograf aus Paris
Stefan Schumann deutscher Korrespondent in Brüssel
Nathalie Bonnaire Journalistin an der Lokalzeitung von Villette
Louise Bouvin Hausmutter
Marie-Lou Nawezi Hotelputzfrau
Emma O’Neill Landwirtschaftslobbyistin aus Brüssel
Giovanni Weiss Friseur aus Brüssel
Huguette Morin Rentnerin aus Brüssel
Timothy Debaere Historiker aus Brüssel
Villette, Belgien, 24. Juni 1994: Drei junge Mädchen laufen nachts von der Johannisprozession auf der Landstraße in ihr
Heimatdorf. Kurze Zeit später werden die jungen Frauen tot aufgefunden. Ein junger Mann aus der Gegend hatte die Teenager in seinem Wagen
mitgenommen. Was nach einem einfachen Fall für die junge Untersuchungsrichterin Martine Poirot aussieht, entwickelt sich bald zur gefährlichen Suche
nach einem Serienmörder, die zurückführt in die Zeit der Kollaboration, zu der dunklen Geschichte zweier junger Widerstandskämpferinnen, Renée und
Simone, und Poirot mit einem dunklen Kapitel ihrer eigenen Familiengeschichte konfrontiert, denn Renée war Poirots Mutter …
Ingrid Hedström, geboren 1949, arbeitet als Auslandskorrespondentin für die schwedische Zeitung Dagens Nyheter . Viele Jahre war sie in Brüssel
stationiert. Im Dezember 2008
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