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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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wohl, daß derartige Verkäufe (ich sage das unter uns, ganz freundschaftlich) nicht überall gestattet sind, und daß, wenn ich oder ein anderer es weitererzählte, man einem solchen Menschen beim Abschluß von Kontrakten kein Vertrauen mehr schenken würde und es ihm unmöglich sein würde, irgendwelche vorteilhaften Abmachungen zu treffen?«
    »Nun sieh mal an, wohin er zielt, der Schurke!« dachte Tschitschikow, und sagte sofort mit ganz kaltblütiger Miene: »Wie Sie wollen; aber ich kaufe sie nicht, weil ich sie irgendwie nötig hätte, wie Sie meinen, sondern nur so aus besonderer Laune. Zwei und einen halben Rubel wollen Sie nicht nehmen; also leben Sie wohl!«
    »Den kriegt man nicht unter; der gibt nicht nach!« dachte Sobakewitsch. »Na, in Gottes Namen, geben Sie dreißig, und nehmen Sie sie hin!«
    »Nein, ich sehe, Sie wollen sie nicht verkaufen; leben Sie wohl! …«
    »Erlauben Sie, erlauben Sie!« sagte Sobakewitsch, ohne seine Hand loszulassen; aber er trat ihm dabei auf den Fuß; denn unser Held hatte vergessen, sich in acht zu nehmen, wofür zur Strafe er nun aufschreien und auf einem Beine herumhüpfen mußte.
    »Bitte um Verzeihung! Ich bin Ihnen zu nahe gekommen, wie es scheint. Haben Sie die Güte und setzen Sie sich dahin! Bitte!« Er veranlaßte ihn, sich auf einen Lehnstuhl zu setzen, und tat das sogar mit einer gewissen Geschicklichkeit, wie ein Bär, der schon abgerichtet ist und es versteht, sich hin und her zu drehen und allerlei Kunststücke zu machen auf die Befehle: »Nun zeige mal, Mischa, wie es die Frauen im Dampfbad machen!« oder: »Wie stehlen die kleinen Kinder Erbsen, Mischa?«
    »Wirklich, ich verliere unnütz meine Zeit; ich muß mich beeilen.«
    »Setzen Sie sich nur noch einen Augenblick; ich werde Ihnen gleich etwas sagen, worüber Sie sich freuen werden.« Mit diesen Worten setzte sich Sobakewitsch möglichst nahe neben ihn und sagte ihm leise ins Ohr, wie wenn er ihm ein Geheimnis mitteilte: »Wollen Sie fünfundzwanzig Rubel geben?«
    »Nein, nein, nein! Keine Kopeke lege ich weiter zu.«
    Sobakewitsch schwieg; auch Tschitschikow sagte nichts mehr. Das Stillschweigen dauerte etwa zwei Minuten lang. Bagration mit der Adlernase verfolgte von der Wand her diesen Handel sehr aufmerksam.
    »Was ist denn nun eigentlich Ihr äußerster Preis?« fragte Sobakewitsch endlich.
    »Zweieinhalb.«
    »Wahrhaftig, Ihnen gilt eine Menschenseele nicht mehr als eine abgebrühte Futterrübe. Geben Sie doch wenigstens drei Rubel!«
    »Ich kann nicht.«
    »Na, mit Ihnen ist nichts anzufangen; also meinetwegen! Ich mache dabei Schaden; aber ich habe nun einmal eine solche Hundenatur: ich muß immer meinem Nächsten eine Freude machen. Wir müssen wohl auch einen Kaufkontrakt machen, damit alles seine Ordnung hat?«
    »Selbstverständlich.«
    »Na ja, hm, hm; da werden wir nach der Stadt fahren müssen.«
    So war das Geschäft zum Abschluß gebracht. Beide kamen überein, sich gleich am nächsten Tage in der Stadt zusammenzufinden und die Kaufurkunde fertigzustellen. Tschitschikow erbat sich ein Verzeichnis der Bauern. Sobakewitsch war gern bereit, ihm ein solches zu geben, ging sogleich an seinen Schreibtisch und begann, alle eigenhändig aufzuschreiben, nicht nur mit ihren Namen, sondern sogar mit Angabe ihrer rühmlichen Eigenschaften.
    Tschitschikow aber, der nun nichts zu tun hatte, beschäftigte sich, hinter ihm stehend, damit, seine gewaltige Figur zu betrachten. Als er seinen Rücken ansah, der so breit war wie der eines stämmigen Wjatkaer Pferdes, und seine Beine, die den gußeisernen Prellpfosten ähnelten, die an den Trottoirs stehen, da konnte er nicht umhin innerlich auszurufen: »Na, dich hat Gott begnadet! Ganz wie man sagt: nicht gut zugeschnitten, aber fest genäht! Ob du wohl schon als ein solcher Bär geboren bist, oder ob dich das Leben an einem abgelegenen Orte, die landwirtschaftliche Tätigkeit und die Plackerei mit den Bauern zum Bären gemacht haben und du dadurch das geworden bist, was man einen Halsabschneider nennt? Aber nein, ich glaube, du würdest ganz derselbe sein, wenn du auch eine andere Erziehung erhalten, die amtliche Laufbahn eingeschlagen und in Petersburg statt an einem abgelegenen Orte gelebt hättest. Der ganz Unterschied ist nur der, daß du jetzt ein halbes Hammelviertel mit Grütze und einen tellergroßen Quarkkuchen verspeist, im anderen Falle aber Koteletts mit Trüffeln essen würdest. Und jetzt hast du deine Bauern unter deiner Herrschaft;

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