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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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prächtige Leute! Das ist eine andere Sorte als die, die Ihnen ein Pluschkin verkaufen wird!«
    »Aber erlauben Sie«, sagte Tschitschikow endlich, erstaunt über diesen gewaltigen Redeschwall, der gar kein Ende nehmen zu wollen schien, »warum zählen Sie all die guten Eigenschaften dieser Leute auf? Jetzt bringen sie ja doch keinen Nutzen mehr; diese ganze Gesellschaft ist ja tot, und mit einem Leichnam kann man höchstens einen Zaun stützen, wie eine geläufige Redensart besagt.«
    »Ja, tot sind sie allerdings«, erwiderte Sobakewitsch, wie wenn er zur Besinnung käme und sich erinnerte, daß sie wirklich schon tot seien; aber dann fügte er hinzu: »Übrigens, um auch das zu sagen: wie steht’s mit den Bauern, die jetzt am Leben sind? Was sind das für Leute? Fliegen sind sie und keine Menschen.«
    »Aber sie existieren doch wenigstens, während jene nur so ein Traumbild sind.«
    »Nicht doch, kein Traumbild! Ich kann Ihnen sagen, solche Kerle, wie Michejew einer war, werden Sie nirgends finden: das war ein solcher Hüne, daß er in dieses Zimmer nicht hineinging; nein, der war kein Traumbild! Und in den Schultern hatte er eine solche Kraft, wie sie kein Pferd aufweisen kann. Ich möchte wohl wissen, wo Sie anderwärts ein solches Traumbild finden wollten!« Bei den letzten Worten wandte er sich bereits zu den an der Wand hängenden Porträts von Bagration und Kolokotronis, wie es ja bei lebhaftem Gespräch nicht selten vorkommt, daß einer der Beteiligten auf einmal wunderlicherweise sich nicht an diejenige Person wendet, mit der er das Gespräch führt, sondern an irgendeinen zufällig hinzukommenden, ihm sogar ganz unbekannten Dritten, von dem er, wie er weiß, weder eine Antwort noch eine Meinungsäußerung, noch eine Zustimmung zu hören bekommen wird, auf den er aber doch seine Blicke richtet, wie wenn er ihn als Schiedsrichter anriefe; der Unbekannte aber ist im ersten Augenblicke etwas verlegen und weiß nicht, ob er ihm über einen Gegenstand, von dem er nichts gehört hat, eine Antwort geben oder anstandshalber noch ein Weilchen dastehen und dann fortgehen soll.
    »Nein, mehr als zwei Rubel kann ich nicht geben«, sagte Tschitschikow.
    »Nun, meinetwegen, damit Sie mich nicht beschuldigen können, ich hätte Ihnen zu viel abverlangt und wolle Ihnen gar nicht entgegenkommen, so will ich sie Ihnen meinetwegen zu fünfundsiebzig Rubel pro Seele lassen, aber nur in Banknoten. Wirklich, nur aus Freundschaft!«
    »Was denkt er sich denn eigentlich?« fragte sich Tschitschikow im stillen. »Hält er mich für einen Dummkopf?« und laut fügte er hinzu: »Es kommt mir wirklich seltsam vor: es scheint, als ob wir beide unter uns ein Theaterstück, eine Komödie aufführen; anders kann ich mir unser Gespräch nicht erklären … Sie sind ja doch, wie es scheint, ein kluger Mensch und im Besitz aller Errungenschaften der Bildung; Sie müssen doch einsehen, daß der Gegenstand, um den es sich handelt, einfach eine Null, ein Nichts ist. Was hat er denn für einen Wert? Wer kann ihn gebrauchen?«
    »Ja, sehen Sie, Sie wollen ihn doch kaufen; also müssen Sie ihn doch gebrauchen können.«
    Hier biß sich Tschitschikow auf die Lippe und wußte nicht, was er antworten sollte. Er begann etwas von gewissen Familienverhältnissen zu sagen; aber Sobakewitsch antwortete einfach:
    »Ich brauche Ihre Familienverhältnisse nicht zu kennen und mische mich in dieselben nicht hinein; das ist Ihre Sache. Sie brauchen Seelen; ich biete Ihnen welche an, und Sie werden es noch bereuen, sie nicht gekauft zu haben.«
    »Zwei Rubel«, sagte Tschitschikow.
    »Wahrhaftig, immer die alte Leier! Nun haben Sie sich einmal auf zwei Rubel versteift und wollen nicht davon abgehen. Bieten Sie doch den richtigen Preis!«
    »Hol ihn der Teufel!« dachte Tschitschikow. »Ich will ihm noch einen halben Rubel zulegen, dem Hunde!« – »Meinetwegen, ich lege noch einen halben Rubel zu.«
    »Na, dann will auch ich Ihnen meinetwegen mein letztes Wort sagen: fünfzig Rubel! Wirklich, ich mache Schaden dabei; billiger werden Sie so gute Leute nirgends kaufen!«
    »So ein Schinder!« sagte Tschitschikow im stillen und fuhr dann laut etwas ärgerlich fort: »Was denken Sie sich denn eigentlich! Als ob das wirklich eine ernsthafte Sache wäre! An anderen Stellen bekomme ich die Seelen gratis. Jeder gibt sie mir gern hin, um sie nur möglichst schnell loszuwerden. Nur ein Dummkopf wird sie behalten und Abgaben für sie bezahlen!«
    »Aber wissen Sie auch

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