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Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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indem er hinzufügte: »nicht mehr existierende.«
    »Die sind vorhanden; wie sollten keine vorhanden sein …« sagte Sobakewitsch.
    »Wenn also welche vorhanden sind, dann wird es Ihnen ohne Zweifel angenehm sein, von ihnen befreit zu werden?«
    »Meinetwegen, ich bin bereit, sie zu verkaufen«, erwiderte Sobakewitsch, der jetzt den Kopf etwas in die Höhe hob und augenscheinlich merkte, daß der Käufer dabei irgendwelchen Profit machen wollte.
    »Hol’s der Teufel!« dachte Tschitschikow im stillen. »Der verkauft sie mir schon, ehe ich noch ein Wort darüber habe fallen lassen!« Und laut sagte er: »Nun, und welches wäre dann wohl der Preis? Wiewohl das eigentlich ein Gegenstand ist … bei dem es sich sogar sonderbar ausnimmt, über den Preis …«
    »Um Ihnen nicht zuviel abzufordern, will ich sagen: hundert Rubel pro Stück«, erwiderte Sobakewitsch.
    »Hundert Rubel!« rief Tschitschikow, den Mund öffnend und ihm starr in die Augen sehend; er wußte nicht, ob er selbst sich verhört, oder Sobakewitschs Zunge infolge ihrer Schwerfälligkeit sich falsch gedreht und für ein Wort ein anderes hervorgestoßen hatte.
    »Nun, ist Ihnen das etwa zu teuer?« fragte Sobakewitsch und fügte dann hinzu: »Was wollten Sie denn bieten?«
    »Was ich bieten wollte? Wir befinden uns offenbar in irgendwelchem Irrtum oder verstehen einander nicht und haben vergessen, worin der Kaufgegenstand besteht. Ich meinerseits meine, Hand aufs Herz: achtzig Kopeken pro Seele, das ist ein sehr schöner Preis!«
    »Ist das eine Idee – achtzig Kopeken pro Seele!«
    »Nun ja, meiner Ansicht nach, wie ich meine, kann man nicht mehr geben!«
    »Ich verkaufe ja doch keine Bastschuhe.«
    »Aber Sie müssen doch selbst sagen: es sind ja doch keine Menschen.«
    »Glauben Sie wirklich, Sie werden einen Dummkopf finden, der Ihnen eine in der Revisionsliste stehende Seele für achtzig Kopeken verkauft?«
    »Aber erlauben Sie: warum sagen Sie ›in der Revisionsliste stehend‹? Die Seelen selbst sind ja doch schon längst gestorben, und es ist nur ein mit den Sinnen nicht erfaßbarer Schall übriggeblieben. Übrigens, um über diesen Punkt nicht in längere Erörterungen einzutreten, will ich meinetwegen anderthalb Rubel geben; aber mehr zu geben bin ich außerstande.«
    »Sie sollten sich schämen, von einer solchen Summe überhaupt nur zu reden! Sie wollen handeln; sagen Sie doch den wahren Preis!«
    »Ich kann nicht mehr geben, Michail Semjonowitsch; glauben Sie mir, ich sage Ihnen auf mein Gewissen: ich kann es nicht. Was einmal unmöglich ist, das ist unmöglich«, sagte Tschitschikow, legte aber doch noch einen halben Rubel zu.
    »Warum geizen Sie denn so?« sagte Sobakewitch. »Es ist doch wirklich nicht teuer! Wenn Sie sich an einen anderen wenden, dann wird der Gauner Sie betrügen und Ihnen statt ordentlicher Seelen einen Dreck verkaufen; aber bei mir bekommen Sie nur Gutes, lauter auserlesene Leute, teils tüchtige Handwerker, teils gesunde Bauern. Sehen Sie selbst: da ist zum Beispiel der Wagenbauer Michejew, der hat immer nur Equipagen mit Federn gebaut. Und nicht solche Moskauer Arbeit, die nur eine Stunde lang hält; nein, alles so dauerhaft … Auch polstern tat er die Wagen selbst und lackieren!«
    Tschitschikow öffnete den Mund, um zu bemerken, daß Michejew aber doch schon längst nicht mehr auf der Welt sei; aber Sobakewitsch war nun einmal in Zug gekommen und wurde dabei ordentlich beredt.
    »Und Probka Stepan, der Zimmermann? Ich lasse mir den Kopf abschlagen, wenn Sie irgendwo einen zweiten Bauer der Art finden. Was besaß der Mensch für eine Kraft! Hätte er bei der Garde gedient, sie hätten ihm wer weiß was gegeben; denn er war ein Riese von Gestalt!«
    Tschitschikow wollte wieder bemerken, daß auch Probka nicht mehr auf der Welt sei; aber Sobakewitsch ließ sich offenbar von seinem Gegenstande völlig hinreißen: die Worte strömten ihm so unaufhaltsam aus dem Munde, daß dem andern nichts weiter übrigblieb als zuzuhören.
    »Und der Töpfer Miluschkin! Der konnte in jedes beliebige Haus einen Ofen hineinbauen. Und der Schuster Maxim Teljatnikow: kaum hatte er ein paarmal mit der Ahle ins Leder hineingestoßen, so war auch ein Paar Stiefel fertig, und gute Stiefel waren es; und Schnaps nahm er überhaupt nie in den Mund. Und Jeremjei Sorokoplochin! Dieser Bauer war allein schon so viel wert wie alle übrigen: er trieb in Moskau Handel und entrichtete mir an Abgabe jährlich fünfhundert Rubel. Sehen Sie, so

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