Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
Vom Netzwerk:
die Autotüren wieder und kamen herüber.
    »Der da! Der da!« rief Bruna und riß Gubian am Mantel.
    Die beiden Beamten stellten sich ihnen in den Weg.
    »Ihre Papiere!«
    »Nehmen Sie ihn doch fest!« Bruna bebte am ganzen Leib. »Er hat meinen Mann umgebracht!«
    »Lassen Sie mich in Ruhe!« fluchte Gubian. »Ich habe heute früh meine Familie begraben.«
    »Ihre Papiere!« wiederholten die Beamten. Gubian stellte den Koffer wieder ab, zog seine Brieftasche aus dem Jackett und gab ihnen seinen kroatischen Paß. Bruna hatte keine Dokumente dabei. Sie hatte sie bisher nur gebraucht, wenn sie einmal einen der seltenen Sonntagsausflüge mit Nicoletta über die Grenze nach Istrien machte. In der Stadt noch nie.
    »Ich habe keinen Ausweis! Aber dort arbeitet meine Tochter!« Bruna zeigte auf den Fischladen, der keine hundert Meter von der Guardia di Finanza entfernt lag. »Rufen Sie Nicoletta! Sie wird bestätigen, was ich gesagt habe. Das ist ein Mörder!«
    »Wie ist Ihr Name?«
    »Saglietti, Bruna. Meine Tochter arbeitet dort. Nehmen Sie ihn doch …«
    »Seien Sie endlich still!«
    Immer mehr Neugierige standen inzwischen um sie herum. Auch die Ladeninhaber schauten aus den Geschäftseingängen und versuchten mitzubekommen, was sich da abspielte.
    »Signor Gubian, Sie haben gehört, was diese Frau behauptet. Wie kommt sie dazu?« fragte der zweite Beamte, nachdem auch er den Paß des alten Mannes angeschaut hatte. Jeder in der Stadt hatte in diesen Tagen den Namen gehört.
    »Das müssen Sie sie selbst fragen. Ich habe heute früh meine Familie begraben. Ich habe genug durchgemacht. Kann ich endlich gehen? Ich will nach Hause.«
    Mit einem Blick auf Bruna, die am ganzen Körper bebte, änderte der Beamte seine Meinung und gab Gubian den Ausweis zurück. »Entschuldigen Sie bitte die Belästigung.«
    Gubian nahm wortlos seinen Koffer und ging schnell und ohne sich noch einmal umzuwenden Richtung Rive, wo er seinen kleinen weißen Mitsubishi abgestellt hatte.
    »Aber er hat doch meinen Mann …« protestierte Bruna und wollte hinter ihm herrennen.
    »Sie bleiben hier«, herrschte sie der Finanzpolizist an und hielt sie am Arm fest. Bruna kämpfte mit den Tränen. Sie merkte, daß alle hier sie für verrückt hielten. »Gehen wir zu Ihrer Tochter, Signora!« Sie nahmen Bruna in die Mitte, das Spektakel war vorüber, auch die Schaulustigen gingen wieder ihrer Wege.
    Nicoletta hörte den Beamten kopfschüttelnd zu und bestätigte die Identität ihrer Mutter.
    »Sie macht sich Sorgen, Sie müssen sie verstehen!« sagte sie schließlich. »Ich bringe dich nach Hause, Mamma!«
    »Geben Sie auf sich acht, Signora! Gehen Sie zum Arzt und lassen Sie sich etwas zur Beruhigung geben.« Die beiden Beamten verabschiedeten sich. Bruna erwiderte ihren Gruß nicht. Trotzig und unbeweglich blieb sie stehen. Sie wußte, daß sie nicht verrückt war.
     
    *
    Die Sitzung begann mit Verspätung. Um siebzehn Uhr waren alle anwesend bis auf den Kollegen der Guardia di Finanza, der die Bücher und Konten des Feinkostgeschäfts des toten Manlio Gubian überprüfte. Tozzi kam eine Viertelstunde zu spät. Er hatte sich telefonisch bei Marietta entschuldigt, wegen eines dummen Zwischenfalls, wie er es nannte.
    Proteo Laurenti hatte die Kollegen zusammengerufen, weil sie sich an einem kritischen Punkt befanden und nicht weiterkamen. Sie stocherten wegen des Anschlags in Contovello noch immer im trüben und heute früh kam auch noch der unbekannte Tote an der Foiba von Monrupino hinzu.
    »Gleich zu Anfang«, eröffnete Laurenti die Sitzung, »eine Mitteilung in eigener Sache. Mein siebzehnjähriger Sohn Marco ist heute im Kommissariat. Man hat ihn mit ein paar Chinesen zusammen verhaftet, gegen die man wegen verbotenen Glücksspiels ermittelt. Er wird noch von Rosso vernommen. Ich weiß nicht, was an der Sache dran ist, aber mir ist es lieber, daß Sie es von mir und nicht von anderen hören. Ich hoffe natürlich, daß sich die Sache als Mißverständnis aufklärt und Rosso mir bald sagt, um was es sich dreht. Soviel dazu.
    Signori, es ist Zeit, daß wir zusammentragen, was wir haben. Ich wurde von der Beerdigung heute früh an die Foiba von Monrupino gerufen. Wir haben einen weiteren Toten. Ein Harpunierter auf einem Eisengestell. Ein alter Mann. Er befindet sich bei Doktor Galvano in guten Händen, er kann froh sein, daß er tot ist. Wissen Sie inzwischen etwas mehr über ihn, Doc?«
    »Danke für das Kompliment, Laurenti. Ich wäre ein

Weitere Kostenlose Bücher