Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toten von Crowcross

Die Toten von Crowcross

Titel: Die Toten von Crowcross Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Mc Dowall
Vom Netzwerk:
verließ das Haus, als die Spurensicherer kamen. Offiziell hießen sie neuerdings Crime Scene Investigators, aber niemand nannte sie so (abgesehen vielleicht von der einen oder anderen stolzen Mum). Mit ihnen kam auch ein junger CID-Mann, den Kerr nur vom Sehen kannte. Der Job des Jungen würde es sein, mit den Nachbarn zu sprechen und etwas tiefer in die Hintergründe einzusteigen . Und wenn möglich, machte er einen nahen Verwandten oder eine Freundin ausfindig, der oder dem er den Tag mit der schlechten Nachricht verderben konnte. Kerr nahm die Wynarth Road bis zur nördlichen Umgehungsstraße und fuhr dann über die Autobahn in Richtung Süden.
    Er meinte, sich aus den Presseberichten über Martin Groves Freispruch vage an Ann Ledbury erinnern zu können. Vielleicht hatte er sogar im Fernsehen ein kurzes Interview mit ihr gesehen. Es war ein merkwürdiges Phänomen der Zeit: Frauen, oft einsame, unglückliche Menschen, freundeten sich mit Mördern und anderen Schwerverbrechern an, schrieben ihnen zunächst und besuchten sie dann. Das Nächste, was man hörte, war, dass sie um die Erlaubnis baten, ihren neuen Seelenverwandten und Lebenspartner zu heiraten. Ann Ledbury war da sicher kein Extremfall. Schließlich hatte Grove über die ganze erste Hälfte seiner Haftzeit hinweg etliche ganz vernünftige Unterstützer draußen gehabt, die ihn für unschuldig hielten; die meinten, er sei zu Unrecht angeklagt und verurteilt worden. Weit merkwürdiger waren da schon die Groupies, die uneinsichtigen Serienmördern, Psychopathen und Vergewaltigern glühende Liebesbriefe schrieben und behaupteten, tief in deren verdrehten Seelen etwas zu sehen, das erlöst werden könne.
    Wenn Kerr sich richtig erinnerte, war die Verbindung Ledbury/Grove entstanden, als in den Medien berichtet wurde, Grove habe sich im Gefängnis dem Buddhismus zugewandt und meditiere in seiner Zelle stundenlang. Daraufhin hatte Ann Ledbury, selbst gläubige Buddhistin, ihm geschrieben, ihm Bücher und Material geschickt. So hatte es angefangen . Nur dass Grove sie, wie Jacobson am Vortag von Alan Slingsby erfahren hatte, nach seiner Freilassung abserviert und sich geweigert hatte, wie geplant bei ihr einzuziehen . Und dann hatte er Maureen Bright gefunden. Eine traurige kleine Geschichte, von der Kerr nicht glaubte, dass sie für ihre Ermittlungen von Bedeutung war. Natürlich sollten sie mit Ann Ledbury sprechen, wenn sie denn wieder zu Bewusstsein kam und nicht bereits in den Bardo eingetreten war, die Phase zwischen Tod und Wiedergeburt. Rachel kannte sich mit diesen Dingen bestens aus. Zum Teufel mit ihr , dachte er wieder. Zum Teufel mir ihr.
    Die Fahrt dauerte eine Stunde, und er fand sein Ziel ganz ohne Hilfe des verdammten Navis: den offenen Vollzug Oakfield. Niedrige Sicherheitsstufe. Modern. Aus der Ferne betrachtet hätte es sich bei dem Komplex auch um ein Callcenter oder ein Lagerhaus handeln können. Eine Einrichtung (mit Fernseher in jeder Zelle, Computern und Fitnessanlagen), wie sie, wenn sonst gerade nichts los war, von der Boulevardpresse so gern an den Pranger gestellt wurden, weil die Gefangenen dort verhätschelt würden und nicht bestraft. Am Eingang stieg er aus und war nicht überrascht, als der übergenaue Wachmann ins Innere des Wagens und sogar kurz in den Kofferraum sah.
    »Nichts für ungut«, sagte der Kerl griesgrämig, besah sich Kerrs Ausweis von allen Seiten und gab ihn schließlich zurück .
    Kerr sah seinen Namen auf der Besucherliste. Er wusste, dass Brian Phelps lange im Voraus angerufen hatte.
    »Tragen Sie mich nur als Besucher ein«, sagte er.
    Kein besonders gelungener Witz, aber Kerr spürte, dass er es mit jemandem zu tun hatte, der auch über einen Profikomiker nicht lachen würde. Er setzte sich wieder hinters Steuer, fuhr langsam auf das Hauptgebäude zu und parkte genau dort, wo er laut Anweisung parken sollte. Als er ausstieg, hörte er von der Sportanlage Stimmen herüberschallen. Da war wohl ein Reha-Fußballspiel im Gang.
    Barry Vine hatte ein eigenes Büro. Damals in Boland war er einfacher Gefängniswärter gewesen, aber er hatte studiert, sich weiterqualifiziert, war mehrfach befördert worden und leitete jetzt hier in Oakfield die Fortbildungsabteilung. Er war ein kleiner Mann mit unstetem Blick ẳ
    »Der arme, alte Martin«, sagte er, »endlich kommt er frei, und dann das.«
    »Maureen Bright sagte, Sie hätten ihn letzten Monat noch besucht?«
    Vine nickte.
    »Das stimmt. Wir haben uns seit seiner

Weitere Kostenlose Bücher