Die Toten von Crowcross
Einkommensteuer.«
»Oder wie bei Saddam mit dem windigen Dossier Ể Es ist egal, wofür wir ihn kriegen, Hauptsache, wir kriegen ihn. Wobei der Unterschied zu Saddam darin besteht, dass unsere Beweise gegen Quigg nicht windig sind.«
Jacobson sah hinunter auf die Leute in der Sonne. Die meisten schienen mit nichts anderem beschäftigt als damit, Einkäufe zu erledigen, sich die Zeit zu vertreiben oderein Buch in die Bibliothek zurückzubringen. Manch einem mag das gefallen, dachte er, zwang seine Gedanken dann aber zurück zur Sache. Für die SOCA (und den Innenminister) würde es ein großer Tag sein, wenn es ihnen gelang, Quigg ernsthaft unter Druck zu setzen ế Aber der organisierte Drogenhandel war eine Hydra. Man schlug ihr einen Kopf ab, und sofort füllten zehn noch viel hässlichere den frei gewordenen Raum.
»Es ist im Augenblick nur eine vage Idee, Ted, aber mal angenommen, ich müsste mit Gerry Quigg sprechen …«
Die Verbindung wurde unterbrochen. Ein paar Minuten später klingelte das Telefon erneut: Nelson rief unter einer anderen (wahrscheinlich sichereren) Nummer an und flüsterte praktisch nur noch.
»Offiziell führt da kein Weg rein. Der Mann gilt als SOCA-Eigentum ẻ Wenn du was herausfindest, wenn du was brauchst, sag es, und überlass die Sache uns. Das ist die offizielle Regelung. Selbst der DI, der ihn da draußen auf dem Land erwischt hat, hatte Glück, dass er ohne offiziellen Tadel davongekommen ist. Wenn du was Inoffizielles versuchen willst, liegt das bei dir.«
»Als würde ich so was tun!«
»Sei vorsichtig, Frank. Und zwar in jeder nur erdenklichen Hinsicht.«
Damit brach die Verbindung endgültig ab . Jacobson legte auf, setzte sich an seinen Schreibtisch und machte sich ein paar Notizen. Sein alter Kollege war erwartungsgemäß vage geblieben, aber er sagte sich, dass Nelson nur in einer Sache eindeutig gelogen (und damit seine Vorschriften befolgt) hatte: mit der Behauptung, dass sie keinen Hinweis aus Quiggs Organisation bekommen hatten ế Die Razzia mochte ja von den örtlichen Leuten durchgeführt worden sein, aber Jacobson wollte nicht glauben, dass sie nicht vorher auf die eine oder andere Weise von der SOCA abgesegnet worden war. Quiggs Anwesenheit an dem Tag war mit Sicherheit keine echte Überraschung gewesen. Die SOCA hatte einen Informanten in Quiggs Gefüge. Darauf hätte er seine Pension verwettet, und Nelsons gleich noch dazu, inklusive der großzügigen Aufbesserung durch den neuen Job bei der SOCA.
Er schaffte es gerade mal, in Hunters vergilbtem Bericht die Stelle wiederzufinden, an der er seine Lektüre zuletzt unterbrochen hatte, da kam schon der nächste Anruf. DC Emma Smith teilte ihm mit, sie habe soeben etwas Unerwartetes über Nigel Copeland herausgefunden. Etwas, von dem sie annehme, dass er es gleich wissen wolle.
Ann Ledbury habe Pech, sagte ein Arzt namens Stockton. Bei Versuchen, sich zu erhängen, sei die Erfolgsrate hoch, den meisten Schätzungen nach liege sie bei über achtzig Prozent. Selbst jemand, der unerwartet schnelle Hilfe bekomme, wie Ledbury, und noch lebend ins Krankenhaus gebracht werde, habe eine Chance von eins zu drei, nicht durchzukommen.
»Sie schafft es also?«, fragte Kerr.
Stockton war Assistenzarzt, ein kleiner, stämmiger Bursche Ende zwanzig mit wirrem Haar und unreiner Haut. Dennoch war einigermaßen mit ihm zu reden, denn er schöpfte das allgemein übliche (und akzeptierte) Maß an Mediziner-Herablassung bei Weitem nicht aus.
»Die Zeichen geben zu Hoffnung Anlass, auch wenn sie immer noch komatös ist. Sie müssen innerhalb der ersten fünf Minuten bei ihr gewesen sein. Zudem hatte sie, wie es aussieht, keine Ahnung, wie eine solche Schlinge zu binden ist. Der Knoten war nicht besonders fest, und das hat natürlich geholfen. Trotzdem, was sie getan hat, hätte für einen Erstickungstod eindeutig ausgereicht, wären Sie nicht im entscheidenden Moment aufge taucht.«
Stockton machte eine Pause, um einen Schluck von dem Tee zu trinken, den er sich gerade geholt hatte, als Kerr bei ihm hereingeplatzt war. Die beiden saßen in einem übervollen Büro gleich neben der Intensivstation. Kerr war auf dem Weg zurück ins Präsidium gewesen, aber dann hatte der DC aus dem Einsatzraum angerufen, der damit beschäftigt war, Informationen über Ann Ledbury zu sammeln, und er hatte kurz entschlossen einen Abstecher ins Krankenhaus gemacht. Dabei war er durch die Bartons gefahren, wie Mick Hume es ihm neulich
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