Die Toten von Crowcross
Scheidung eingereicht habe, hat sie sich nicht dagegen gewehrt.«
»War das, bevor sie Martin Grove kennenlernte?«
»Ja, wenn auch nur kurz vorher. Ich denke, sie hat noch im selben Jahr angefangen, ihm zu schreiben.«
»Mit der Scheidung war also nicht alles vorbei? Sie haben auch weiter Kontakt gehalten?«
Ledbury musste wieder lächeln.
»Was diese Frau angeht, bin ich ein unverbesserlicher Blödmann. Ich habe sie nie vergessen können, bis heute nicht. Wenn sie in Schwierigkeiten gerät, wegen Geld, Vermietern, was auch immer ế . ẵ schon bin ich da und stehe ihr zur Seite.«
»Sie ist Kunstlehrerin, richtig?«, fragte Kerr in Erinnerung an die Grundinformationen, die der DC im Einsatzraum ihm gegeben hatte.
»Das war sie, immer wieder mal. Aber als Martin Grove die Verfügung gegen sie durchbrachte, hat das Schulamt sie fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Wobei sie auf jeder Stelle Probleme hatte. Letztlich war es der Alkohol. Wir haben im College alle ganz gut hingelangt, aber bei manchen hat sich eben später herausgestellt, dass sie noch weit, weit mehr getrunken hatten als man selbst. So hat sie zum Buddhismus gefunden, über einen Meditationslehrer bei einer Rehamaßnahme. Eine Weile hat es damit wunderbar geklappt, und sie kam wirklich zu sich. Selbst die Martin-Grove-Geschichte schien zunächst in Ordnung. Sie legte sich ungeheuer ins Zeug für seine Freilassung, das gab ihr ein Ziel, verstehen Sie?«
Kerr nickte und trank seinen Tee. Menschen, die nichts zu verbergen hatten, zufällige Zeugen, erzählten einem alles Mögliche, ihr ganzes Leben mitunter, Dinge, die sie vor allen anderen verheimlichten. Sie wussten, dass sie einen nie Wiedersehen, dass ihre Geständnisse folgenlos bleiben würden .
»Und als Grove rauskam, wollte er nichts mehr von ihr wissen?«
Mark Ledburys Lächeln erlosch.
»Ich nehme an, den Rest kennen Sie. Wissen, wie besessen sie war. Obwohl sie zuletzt davon loszukommen schien ế Wenigstens hat sie nicht mehr getrunken, und letztes Jahr war sie sogar in Nepal trekken.«
»Auf Ihre Kosten, Mark?«
»Es ist nur Geld, Mann. Was ist es wert, wenn man damit nicht den Menschen helfen kann, die einem etwas bedeuten? Sie haben nie von mir gehört, oder?«
»Sollte ich?«
»Nicht unbedingt, wenn Sie nichts mit Malerei zu tun haben. Ich habe einigen Erfolg gehabt. Brit Art, die Saatchi Gallery …«
Kerr überlegte. Ledbury, Ledbury. Vielleicht hatte Rachel den Namen mal genannt, aber er konnte sich nicht erinnern. Die Wahrheit war, dass er immer halb abgeschaltet hatte, wenn sie anfing, über Kunst zu dozieren … Und dann wunderte er sich, wenn sie.. ẵ nein, verdammt. Zum Teufel damit.
»Wann haben Sie Ann das letzte Mal gesehen?«
Ledbury starrte ihn an.
»Nein, so meine ich es nicht«, sagte Kerr. »Da gibt es überhaupt keinen Verdacht, dass Sie …«
»Schon gut, Mann. Es ist bestimmt ein paar Monate her. Ich hatte eine Ausstellung in der Ikon Gallery, und sie kam zur Vernissage. Schön wie eh und je, und hat keinen Tropfen angerührt. Und jetzt das … Diesmal hat sie’s wirklich geschafft, oder?«
Kerr antwortete nicht und wusste, dass er genauso gut hätte Ja sagen können.
»Es gibt solche Menschen . So ist es nun mal. Und Ann war so jemand. Die haben eine Leere in sich, an die keiner herankommt. Sie konnte keine Kinder bekommen, wissen Sie, und eine Zeit lang hat sie damit alles entschuldigt. Aber die Kinder waren nicht das Problem. So einfach war es nicht, verdammt. Selbst Martin Grove … ich meine, der arme Kerl. Er konnte nichts dafür. Der hatte genug auf dem Teller, da musste er sich nicht auch noch Anns Probleme aufladen.«
»Glauben Sie wirklich, dass sie ihn in der letzten Zeit in Ruhe gelassen hat?«
»Also, mit Sicherheit kann ich das nicht sagen, aber ich glaube schon. Wobei – dass er jetzt ermordet worden ist, so aus heiterem Himmel, das kann durchaus der Tropfen gewesen sein, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.«
»Haben Sie Martin Grove je persönlich kennengelernt?«
»Nein. Und bevor Sie fragen: Am Montag war ich in London, bei einer Vernissage in der Serpentine Gallery, und anschließend habe ich mit meinem Agenten gegessen. Da gibt es reichlich Zeugen . «
Kerr hatte keine Fragen mehr, und Mark Ledbury wollte sich nichts mehr von der Seele reden. So blieben sie einfach noch ein paar Minuten sitzen und tranken ihren Tee. Dieser Ledbury schien ein netter Bursche zu sein. Erfolgreich, aber mit beiden Beinen fest auf
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