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Die Toten Von Jericho

Die Toten Von Jericho

Titel: Die Toten Von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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ausgedrückt hat …«
    »Und dann ist die Meldung abgelegt worden, und kein Schwein hat sich mehr darum gekümmert. Na großartig!«
    »Das ist jetzt aber wirklich ungerecht, Sir. Es ist einfach unmöglich, auf jeden Anruf sofort zu reagieren. Wenn wir gewußt hätten …«
    »Manchmal habe ich den Eindruck, Constable, als säßen in den Revieren nur Idioten«, schnaubte Morse. »Aber was soll’s. Ich kann es nicht ändern. Gehen wir lieber hoch.«
    Oben auf dem Treppenabsatz blieb Morse einen Moment stehen, dann gab er sich einen Ruck und betrat das vordere Zimmer. Jackson lag quer über dem zerwühlten Bett, das linke Bein hing leblos über die Kante. Sein blutiges, von Verletzungen entstelltes Gesicht war zur Tür gedreht, und aus starren Augen blickte er den Eintretenden wie anklagend entgegen. Der Boden um das Bett war übersät mit Pornoheften und Anglermagazinen.
    »Er liegt da, so wie ich ihn gefunden habe, Sir«, sagte Walters ein wenig unsicher. »Ich konnte nichts mehr für ihn tun.«
    Morse nickte. Ja, für Jackson kam jede Hilfe zu spät. Zu beiden Seiten seines Kopfes hatte sich ein träger, dunkelroter, klebrig aussehender See von Blut ausgebreitet. Jackson war so tot, wie man nur sein konnte.
    »Was die Todeszeit angeht, da kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen, Constable«, sagte Morse, dessen Ärger schon wieder verflogen war. Aber bevor er dazu kam, nähere Einzelheiten mitzuteilen, hörten sie unten die Tür gehen, und Bell kam die Treppe heraufgepoltert. Seine Begrüßung war, wie zu erwarten, nicht besonders enthusiastisch.
    »Wie zum Teufel kommst du hierher, Morse?«
    Im Laufe der nächsten halben Stunde trafen noch zwei Spezialisten von der Spurensicherung sowie ein Fotograf in Canal Reach ein, und die nunmehr sechs Männer mußten aufpassen, sich in den engen Räumen des kleinen Hauses nicht allzusehr in die Quere zu kommen. Da sie sich redlich Mühe gaben, lief jedoch alles einigermaßen reibungslos – bis zur Ankunft des buckligen Pathologen. Dieser weigerte sich schlichtweg, irgendwelche Rücksichten zu nehmen, und erklärte, er werde auch nicht einen Blick auf den Toten werfen, ehe er nicht das Obergeschoß für sich allein habe. Den anderen blieb nichts übrig, als sich nach unten zu verziehen, wo sie grollend darauf warteten, daß er endlich fertig wurde, damit sie weitermachen konnten. Nach einer halben Ewigkeit öffnete sich oben die Tür, und der Arzt kam die Treppe hinunter. Auf Bells unvermeidliche Frage nach der Todeszeit knurrte er nur unwirsch: »Zwischen halb acht und neun«, ohne sich auf weitere Erläuterungen einzulassen. Das Zugeständnis, das man ihm gemacht hatte, schien seine Laune nicht gebessert zu haben.
    Walters sah mit fragend hochgezogenen Augenbrauen zu Morse, der in einem Pornoheft blätterte, das er sich aus Jacksons Schlafzimmer mit nach unten genommen hatte.
    »Du kannst von dem Dreckzeug wohl nie genug kriegen«, sagte der Arzt bissig.
    »Ach, weißt du, Max, kein Mensch ist vollkommen«, antwortete Morse und blätterte ungerührt weiter in seinem Heft. »Du zum Beispiel untersuchst da oben eine Leiche, und dann kommst du schließlich nach Stunden herunter und stellst dich hin und nennst den Kollegen eine falsche Todeszeit.«
    »Ach, was glaubst du denn, wann er gestorben ist?« Seinem Ton nach zu urteilen, hatte Morses Bemerkung ihn nicht getroffen, und er wirkte, wie er so dastand und gespannt auf dessen Antwort wartete, auf einmal richtig menschlich.
    »Was ich glaube, ist ja nicht ausschlaggebend – du bist der Experte. Aber wenn du schon fragst – ich würde die Tatzeit eine Spur früher ansetzen, so zwischen Viertel nach sieben und Viertel vor acht.«
    Der bucklige Pathologe schüttelte heftig den Kopf, und auf seinem Gesicht erschien ein siegessicheres Grinsen. »Bist du bereit, darauf eine Wette einzugehen?«
    »Bei dir muß man da vorsichtig sein. Du formulierst deine Wetten so trickreich … Am Ende wettest du darauf, daß er irgendwann heute abend gestorben ist, und ich stehe wieder als der Dumme da.«
    »Ich bin der Meinung, wohlgemerkt – es ist nur eine Meinung –, daß er später gestorben ist, als du annimmst, wobei mir immer noch nicht ganz klar ist, wieso ich mich überhaupt auf eine Diskussion mit dir einlasse. Das muß wohl der Schock sein, daß jemand wie du, der von Pathologie und den benachbarten Gebieten nicht auch nur die geringste Ahnung hat, die Unverfrorenheit besitzt, ein Urteil abgeben zu wollen.«
    »Ich weiß immer

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