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Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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galt, keine Zeit zu verlieren, er hatte schon viel zu lange gezögert - diesmal würde er sie nicht verpassen. Und so hielt er sein Pferd unvermindert im Galopp, staunte ein wenig, dass sie sich nicht einmal umdrehte, und beugte sich dann seitlich aus dem Sattel, wie er es in Dutzenden von Schlachten geübt hatte. Sein Arm formte sich wie schon einmal um ihre Taille, als wäre dies der einzige Platz auf Erden, wo dieser Arm hingehörte, und er raffte sie mit solchem Schwung vom Boden weg, dass sie für einen Moment beinah waagrecht in der Luft hing. Keinen Ton gab die Frau von sich, die Sicaildis von Salerno die Stirn geboten hatte, als er sie mit einer geschickten Drehung vor sich aufs Pferd hob. Der Schimmel wurde über das zusätzliche Gewicht ein wenig schneller, doch er bewies noch Nervenstärke.
    Erstaunlich geschickt zog Ima ihr rechtes Bein über den Pferdehals und saß rittlings vor ihm im Sattel. Ihre Haare flogen ihm ins Gesicht, sodass er den Weg nicht mehr erkennen konnte. Sie sah ihn an. Ihr Blick ging ihm durch
Mark und Bein. Der zerfetzte Mantel flatterte wie ein langer, düsterer Geist neben dem galoppierenden Pferd.
    »Wir reiten jetzt nach Hause«, rief er und kam sich einfältig vor. Dann bockte das Pferd, weil der Mantel neben ihnen durch die Luft flog. Er musste Ima festhalten, damit sie nicht wegkippte. Das Pferd landete von seinem Bocksprung hart auf dem Boden und raste panisch vor dem Mantelgeist davon. Einen Moment später klebte sie an seiner Brust, ohne dass er sich erinnerte, sie an sich gedrückt zu haben. Oder doch? Er war sich auch nicht sicher, ob er gehört hatte, dass sie »Ich liebe dich« an seinem Hals geflüstert hatte.
    Aber das spielte keine Rolle. Er wusste es ja. Er hatte ihren Blick gesehen. Und er hatte den verdammten Satz, der sie so lange getrennt hatte, mit dem blauen Mantel davonfliegen sehen.
    Und so nahm er die Zügel in eine Hand und drückte mit der anderen ihren Kopf gegen seine Schulter, bis kein Blatt, keine Herzogin und kein verdammter Satz mehr dazwischen passten.
    »Nach Hause, Ima.«

NACHWORT
    T error mundi - der Schrecken der Welt.
    So nannten Chronisten des 11. Jahrhunderts Robert Guiscard, den Normannen aus dem Hause Hauteville, der es im Süden Italiens innerhalb weniger Jahre vom mittellosen Wegelagerer zum Herzog der Provinzen Apulien und Sizilien geschafft hatte.
    Sein Hunger nach Macht und Territorium kannte auch im hohen Alter keine Grenzen, und als sich um 1080 abzeichnete, dass das Byzantinische Reich zerfallen würde, zögerte er nicht, gegen den Rat seiner Getreuen und seiner Gattin die Adria zu überqueren und die westliche Flanke der Byzantiner anzugreifen. Ob ihm dabei wirklich Konstantinopel und die Kaiserkrone im Hinterkopf saßen, ist heute nicht mehr festzustellen - Anna Komnena, die berühmte Chronistin des byzantinischen Hofes, war überzeugt davon.
    Das Vorhaben indes scheiterte. Bohemund, sein Sohn aus erster Ehe, war mit der Führung eines Heeres überfordert und verlor 1084 auf dem 2. Balkanfeldzug die thessalischen Provinzen an Byzanz.
    Robert verließ Apulien, um seinem Sohn zu Hilfe zu eilen und weitere Katastrophen zu verhindern. Er kam nur bis Kephalonia - dort warf ihn im Juli 1085 eine schwere Krankheit aufs Lager. Robert starb noch auf der Insel, im Beisein seiner Gattin, die er hatte rufen lassen.
    Anna berichtet uns, dass nach dem Tod des Herzogs die Stimmung in den Heerlagern beinah kippte. Sein zum Nachfolger bestimmter Sohn Roger Borsa hatte zu wenig
Charisma, um das Heer hinter sich zu vereinen, und es ist wohl vornehmlich Sicaildis’ Verhandlungsgeschick zu verdanken, dass sich die Massenflucht der in den Garnisonen festsitzenden Soldaten längs der thessalischen Küste in Grenzen hielt. Sicaildis war es auch, die den Leichnam ihres Gatten nach Hause überführte. Den schweren Sturm, der beinah die ganze Flotte des Guiscard zerstörte, überstand sie wie durch ein Wunder.
    Sicaildis überlebte Robert nur um wenige Jahre. Sie sorgte in dieser Zeit dafür, dass ihr Sohn Roger Borsa an der Macht bleiben konnte, obwohl er kaum Herrscherqualitäten zeigte. Rogers Stiefbruder Bohemund schloss sich um 1096 den Kreuzfahrern an und wurde als einer der Anführer des Ersten Kreuzzugs bekannt.
    Die Waräger, von denen im Buch die Rede ist, waren eine skandinavische Söldnertruppe des byzantinischen Heeres, eine organisierte Armee von nordischen Glücksrittern, deren kompromisslos brutaler Kampfstil gefürchtet war und von

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