Die Totengräberin - Roman
einen deutschen Verteidiger hatte, schwieg sie zu allen Vorwürfen.
Mechthild Nienburg nahm sich ein Hotelzimmer in Florenz und verbrachte jeden Tag mehrere Stunden bei Magda. Sie versuchte, ihr Vertrauen zu gewinnen und ihr zu helfen, aber es war aussichtslos.
Magda empörte sich nicht, sie verteidigte sich nicht, sie lächelte nur still in sich hinein. Und manchmal, wenn sie besonders glücklich schien, summte sie ein leises Lied.
Liebster Thorben,
jetzt kommt der Herbst mit Macht! Der Sturm fegt die Blätter von den Bäumen, und morgens wabert der Nebel ums Haus. Dann kann ich weder den Hügel noch den Weg erkennen, der nach Solata führt.
Ich weiß, ich hab es Dir schon ein paarmal gesagt und geschrieben, aber egal, ich muss es immer wieder tun: Es war eine so schöne Zeit mit Dir auf La Roccia! Auch dass in der letzten Woche noch Arabella vorbeigekommen ist, war wunderbar. So haben wir sie wenigstens kennengelernt.
Sie ist ein entzückendes Mädchen, und ich kann gut verstehen, dass Du sie liebst.
Du kannst Dir nicht vorstellen, wie glücklich es uns macht, dass Ihr hier bei uns auf La Roccia leben wollt! Ich bin sicher, Ihr werdet keine Schwierigkeiten haben, in Florenz oder Arezzo einen Job zu bekommen. Papa hat schon angefangen, das Haus für Euch umzubauen. Ihr könnt sein Arbeitszimmer haben und den gesamten östlichen Trakt. Das sind über hundert Quadratmeter. Papa baut auch bereits zwei Kinderzimmer, denn wir wissen ja, wie sehr Ihr Euch Kinder wünscht. Wir übrigens auch! Es gäbe nichts Schöneres, als wenn wir bald Enkelkinder auf La Roccia haben würden!
Johannes kommt gut voran. Ich denke, zu Weihnachten werden bereits drei Räume fertig sein. Wenn Ihr kommt, könnt Ihr noch Eure ganz speziellen Wünsche anmelden, Papa wird versuchen, sie alle zu erfüllen.
Ich bin so froh und zufrieden wie noch nie in meinem Leben. Es hat sich alles wunderbar gefügt. Wir werden zusammenleben, wir werden Euch unterstützen, so viel wir können, und wir werden im Alter nicht allein sein. Eine Hand wäscht die andere. Vor ein paar Jahren noch hatte ich schreckliche Zukunftsängste, jetzt sind sie wie weggeblasen.
Und das alles habe ich nur Dir zu verdanken. Dir, Thorben, meinem wunderbaren Sohn.
Ich liebe Dich und danke dem Himmel, dass es Dich gibt.
Deine Mama
Nach Der Kindersammler , Hexenkind und
Die Totengräberin liegt jetzt der neue Bestseller von
Sabine Thiesler im Heyne-Verlag vor:
DER MENSCHENRÄUBER
Wehe, wenn wir uns wiedersehen...
Zuerst verliert er durch einen schrecklichen Unfall seine Tochter. Dann seinen Beruf und schließlich seine Frau. Als der erfolgreiche Medienmanager Jonathan in einem einsamen Bergdorf in der Toskana ankommt, scheint er am Ende zu sein. Doch dann trifft er die junge Sophia und beginnt mit ihr ein neues Leben, bis ihn die Vergangenheit einholt. Aus Rache wird er zum Mörder, aber das ist erst der Anfang …
Am vierzehnten Januar bezog er sein Quartier im Wald. Bei einem Outdoor-Ausrüster hatte er sich spezielle Winterkleidung zugelegt. Jacke, Hose und Stiefel, die auch für eine Tour in der Arktis geeignet gewesen wären, denn er rechnete damit, eventuell tagelang auf seinem Beobachtungsposten liegen zu müssen.
Seit zehn Tagen waren die Temperaturen in Deutschland nicht mehr über null Grad gestiegen, und der Boden war hartgefroren. Jonathan hatte eine Isomatte dabei und hoffte, sie würde die Kälte abhalten und ihm ermöglichen, sich wenigstens ab und zu hinzusetzen und ein bisschen auszustrecken. Außerdem hatte er in den geräumigen Taschen seiner Jacke heißen Tee in einer Thermoskanne, belegte Brötchen, ein Taschenmesser und eine Taschenlampe verstaut. Sein Handy hatte er leise und nur auf Vibration gestellt.
Das Risiko, von Spaziergängern entdeckt zu werden, war ziemlich gering, der Weg befand sich auf der anderen Seite des Hauses, hier gab es nur Dickicht, und es war davon auszugehen, dass bei diesem ungemütlichen Wetter niemand durchs Unterholz schlich. Lediglich von einem Hund konnte er aufgespürt werden, aber mit dieser Gefahr wollte er sich jetzt nicht auseinandersetzen. Wenn es so weit war, würde er darauf reagieren, vorher nicht.
Er wartete fünf Stunden, bis er sie zum ersten Mal sah. Vollkommen zerzaust und ziemlich verschlafen schleppte sie
sich zur Küche, nahm ein Glas aus dem Schrank, füllte es mit Wasser aus der Leitung und trank es hastig aus. Dann stützte sie sich auf den Tresen, wartete einen Moment und rang pumpend
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