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Die Totenleserin1

Die Totenleserin1

Titel: Die Totenleserin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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hatte ihn um die Erlaubnis gebeten, nach Frankreich zurückzukehren. Die Bitte wurde0ihm gewährt. »Ehrlich gesagt, ich war froh. Ich war das Töten satt. Ist unser Herr Jesus Christus dafür auf die Erde gekommen?, fragte ich mich immer wieder. Und der Gedanke an den kleinen Jungen, der im Grab auf sein Schwert wartete, suchte mich bereits im Schlaf heim. Aber dennoch …«
    Er trank den letzten Schluck von seinem Ale, schüttelte dann müde den Kopf. »Aber dennoch, das Schuldgefühl, als ich adieu sagte … ich fühlte mich wie ein Verräter. Ich schwöre Euch, ich wäre nie mitten im Krieg unverrichteter Dinge heimgekehrt, wenn ich nicht die Pflicht gehabt hätte, Guiscard nach Hause zu bringen.«
    Nein, dachte sie, das hättest du nicht getan. Aber warum die Entschuldigung? Du lebst, ebenso wie die Männer, die du getötet hättest, wenn du geblieben wärst. Warum ist die Scham, sich aus einem solchen Krieg verabschiedet zu haben, größer als die, in ihm zu kämpfen? Vielleicht ist es das Tier im Mann – und, großer Gott, es muss das gemeine Tier in mir sein, dass mich das erregt.
    Er hatte begonnen, die Rückreise vorzubereiten. »Ich wusste, es würde nicht einfach werden«, sagte er. »Wir waren tief in der Weißen Wüste, an einem Ort namens Baharia, recht groß für eine Oase, aber es würde mich wundern, wenn Gott den Namen je gehört hätte. Ich hatte vor, in westlicher Richtung zurück bis zum Nil zu ziehen und dann nilabwärts nach Alexandria zu segeln – das damals noch in freundlichen Händen war. Von dort aus wollte ich eine Schiffspassage nach Italien nehmen. Aber abgesehen von der skythischen Reiterei, den Assassinen, die sich hinter jedem verfluchten Busch versteckten, und den vergifteten Quellen waren da noch unsere eigenen lieben christlichen Gesetzlosen, die auf Beute aus waren – und im Laufe der Jahre hatte Guiscard so viele Reliquien und Juwelen und Samit erworben, dass wir mit einem zweihundertSchritt langen Tross reisen mussten, geradezu eine Einladung, uns zu überfallen.«
    Also hatte er Geiseln genommen.
    Adelias Hand, die den Krug hielt, zuckte. »Ihr habt Geiseln genommen?«
    »Aber natürlich.« Er war gereizt. »Das ist dort allgemein üblich. Wohlgemerkt, nicht um Lösegeld zu erpressen, wie hier im Westen. In Outremer bedeuten Geiseln Sicherheit.«
    Sie waren eine Garantie, sagte er, ein Vertrag, eine lebende Form von gutem Glauben, ein Versprechen, dass ein Abkommen eingehalten werden würde, und unerlässlicher Bestandteil der Diplomatie und des kulturellen Austausches zwischen den Völkern. Frankenprinzessinnen im zarten Alter von vier Jahren wurden übergeben, um ein Bündnis zwischen ihren christlichen Vätern und deren mohammedanischen Gegnern abzusichern. Die Söhne großer Sultane lebten mitunter jahrelang in Haushalten der Franken, als Garantie für das gute Benehmen ihrer Familien.
    »Geiseln ersparen Blutvergießen«, sagte er. »Sie sind eine gute Einrichtung. Einmal angenommen, Ihr werdet in einer Stadt belagert und wollt mit den Belagerern ein Abkommen schließen. Ganz einfach, dann verlangt Ihr Geiseln, um sicherzugehen, dass die Mistkerle nicht reingestürmt kommen und alles vergewaltigen und töten, sondern dass die Übergabe ohne Vergeltungsmaßnahmen erfolgt. Oder angenommen, Ihr müsst ein Lösegeld zahlen und könnt nicht die gesamte Summe auf einmal aufbringen, also bietet Ihr Geiseln als Sicherheit für den Rest an. Geiseln kann man fast immer gebrauchen. Als Kaiser Nikephoros sich die Dienste eines arabischen Dichters für seinen Hof ausborgen wollte, schickte er Harun al-Raschid, dem Kalifen des Dichters, Geiseln als Sicherheit dafür, dass der Mann wohlbehalten wieder zurückgesandtwerden würde. Geiseln sind so etwas wie ein Faustpfand.«
    Sie schüttelte staunend den Kopf. »Und das funktioniert?«
    »Wunderbar.« Er überlegte kurz. »Nun ja, fast immer. Während meiner Zeit dort habe ich von keinem Fall gehört, in dem eine Geisel irgendwie zu Schaden gekommen wäre, aber ich könnte mir vorstellen, dass die ersten Kreuzfahrer manchmal etwas übereilt gehandelt haben.«
    Es war ihm wichtig, sie zu beruhigen. »Es ist wirklich eine ausgezeichnete Sache, versteht Ihr. Bewahrt den Frieden, hilft beiden Seiten, einander besser zu verstehen. Zum Beispiel diese maurischen Bäder – wir Männer aus dem Westen hätten nie davon erfahren, wenn nicht irgendeine Geisel von edlem Geblüt darauf bestanden hätte, dass so ein Bad für sie gebaut

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