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Die Totenleserin1

Die Totenleserin1

Titel: Die Totenleserin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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schlimmer wäre. Seine und ihre Absichten hoben sich gegenseitig auf.
    Und es ging bereits zu Ende. Jetzt, da die Wunde gut verheilte, wollte er sie nicht mehr von ihr verbinden lassen, sondernnahm lieber Gylthas oder Lady Baldwins Pflege in Anspruch. »Es schickt sich nicht für eine unverheiratete Frau, sich bei einem Mann in dieser Körpergegend zu schaffen zu machen«, hatte er schroff gesagt.
    Sie hatte sich die Frage verkniffen, wo er denn jetzt wohl wäre, wenn sie sich nicht vor kurzem noch dort zu schaffen gemacht hätte. Er brauchte sie nicht mehr. Sie musste sich zurückziehen.
    »Wie dem auch sei«, sagte sie jetzt. »Wir müssen den Fluss erkunden.«
    »Im Namen Gottes, warum seid Ihr nur so entsetzlich dumm!«, sagte Rowley.
    Adelia stand auf. Sie war bereit, für dieses Schwein zu sterben, nicht jedoch, sich von ihm beleidigen zu lassen. Als sie die Bettdecke enger um ihn zog, umhüllte ihn ihr Duft, eine Mischung aus dem Fieberkleeaufguss, den sie ihm dreimal täglich verabreichte, und der Kamille, mit der sie sich die Haare wusch – ein Geruch, der sogleich vom Gestank des Hundes überdeckt wurde, der an seinem Bett vorbeilief, um ihr aus dem Zimmer zu folgen.
    In der Stille, die sie zurückließ, schaute Rowley sich um. »Ich hab doch Recht, oder?«, sagte er auf Arabisch zu Mansur, und dann fügte er mürrisch hinzu, weil er sich matt fühlte: »Ich will nicht, dass sie auf diesem versifften Fluss rumgondelt.«
    »Wo wäre sie Euch denn lieber, Effendi?«
    »Flach auf dem Rücken, wo sie hingehört.« Wenn er nicht so schwach und gereizt gewesen wäre, hätte er das nicht gesagt – zumindest nicht laut. Er sah nervös zu dem Araber hinüber, der jetzt auf ihn zukam. Er war nicht in der Verfassung, sich mit dem Kerl anzulegen. »Ich hab’s nicht so gemeint«, beteuerte er hastig.
    »Das ist auch besser so, Effendi«, sagte Mansur, »sonst müssteich Eure Wunde nämlich wieder öffnen und ein wenig erweitern.«
    Jetzt wurde Rowley von einem Geruch umhüllt, der ihn in die Souks zurückversetzte, eine Mischung aus Schweiß, glimmendem Weihrauch und Sandelholz.
    Der Araber beugte sich über ihn, legte Fingerspitzen und Daumen der linken Hand dicht vor Rowleys Gesicht aneinander und berührte sie mit dem rechten Zeigefinger, eine zarte, aber unmissverständliche Geste, die Sir Rowleys Abstammung in Frage stellte, indem sie ihm fünf Väter unterstellte.
    Dann trat er zurück, verneigte sich und verließ den Raum, gefolgt von dem gnomenhaften Kind, dessen eigene Geste schlichter war, plumper, aber ebenso deutlich.
    Gyltha hob das Tablett mit den Frühstücksresten auf, ehe sie hinter ihnen herging. »Weiß ja nich, was du gesagt hast, mein Junge, aber du hättest es lieber anders ausdrücken sollen.«
    O Gott, dachte er und sank zurück, ich werde kindisch. Aber, Herr, steh mir bei, es ist wahr. Genau da will ich sie haben, im Bett, unter mir.
    Und er hatte ein so starkes Verlangen nach ihr, dass er sie hatte bitten müssen, seine Wunde nicht mehr mit dieser grünen Pampe zu bestreichen, was war das noch mal? … Beinwell? …, weil sein benachbartes Körperteil wieder zu Kräften gekommen war und dazu neigte, sich jedes Mal aufzurichten, wenn sie ihn berührte.
    Er haderte mit seinem Gott und mit sich selbst, dass er ihn in eine solche Klemme gebracht hatte; sie war doch überhaupt nicht sein Typ. Außergewöhnlich? Wie keine andere Frau vor ihr. Er verdankte ihr sein Leben. Und er konnte noch dazu mit ihr reden wie mit niemandem sonst, Mann oder Frau. Er hatte ihr von seiner Jagd nach Rakshasa erzählt und dabei mehr von sich offenbart als seinem König gegenüber, als er ihm Berichterstattete – und er fürchtete, dass er ihr in seinem verdammten Fieberwahn noch etliche Einblicke mehr gewährt hatte. Er konnte in ihrer Gegenwart fluchen – obwohl ihr abrupter Abschied vorhin gezeigt hatte, dass sie sich nicht von ihm beleidigen ließ –, und das machte ihre Gesellschaft angenehm und begehrenswert.
    Konnte sie verführt werden? Sehr wahrscheinlich. Sie mochte sich ja mit allen Funktionen des Körpers auskennen, aber sie war zweifellos naiv, wenn es um die Dinge ging, die das Herz schneller schlagen ließen – und Rowley hatte gelernt, dass auf seine erhebliche, wenn auch kaum erklärliche Anziehungskraft auf Frauen Verlass war.
    Aber verführe sie, und du entledigst sie mit einem Schlag nicht nur ihrer Kleidung, sondern auch ihrer Ehre und natürlich ihrer Besonderheit, denn dann wäre sie nur

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