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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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gerne einen Häftling besuchen«, sage ich.
    »Haben Sie einen Termin?«
    »Nein.«
    »Wie – nein?«
    »Nein.«
    »Sie können nicht einfach hier reinschneien, ohne vorher einen Termin zu vereinbaren.«
    »Dann würde ich gerne einen Termin vereinbaren«, sage ich.
    »Mit wem und wann?«
    »Mit Edward Hunter, jetzt.«
    »Ich habe gesagt, Sie müssen vorher einen Termin vereinbaren.«
    »Das hab ich doch gerade.«
    »Nein, haben Sie nicht«, sagt sie. »Sie haben mich darum gebeten . Das ist ein gewaltiger Unterschied.«
    »Bitte, es ist wichtig.«
    »Das sagen sie alle.«
    Ich überlege, Donovan Green anzurufen und ihn erneut um etwas Geld zu bitten, damit ich »Edward nicht treffen« in »Edward treffen« verwandeln kann. Doch das ist mir zu heikel. Die Frau scheint zwar nicht abgeneigt, denn der Großteil ihres Gehalts geht wahrscheinlich für Steroide drauf, aber sie hat bestimmt keine Lust, es mit ihren Kollegen zu teilen. »Bitte, es ist wichtig«, sage ich. »Ich glaube, er kann mir helfen, Emma Green zu finden. Das Mädchen, das vermisst wird. Bitte. Ihr Vater schickt mich. Er ist verzweifelt. Was schadet es schon, wenn Sie mich zu ihm lassen?«
    Sie denkt gut zehn Sekunden darüber nach. Wägt das Für und Wider ab und kommt zu dem Schluss, dass sie ihre gute Tat für den Tag vollbracht hat, wenn sie mir hilft.
    »Aber dass das nicht zur Regel wird«, sagt sie.
    »Nein. Versprochen.«
    »Sie werden sich zehn Minuten gedulden müssen. Nehmen Sie so lange Platz, und sollte es länger dauern, will ich keine Klagen hören.«
    Ich setze mich und warte und mache keinen Mucks, obwohl ich fast körperlich spüren kann, wie die Minuten langsam verstreichen.
    Kapitel 54
    Draußen sind laute Schreie zu hören. Sie werden durch die gepolsterten Wände zwar ein wenig gedämpft, aber sie sind so schrill, dass sie bis zu Cooper ins Innere dringen. Sie kommen offensichtlich von einer Frau. Wahrscheinlich von Emma Green. Dann ertönt ein zweiter Schuss, gefolgt von drei weiteren. Cooper will unbedingt wissen, was da los ist. Ist die Polizei hier aufgekreuzt? Hoffentlich nicht.
    Seine Mutter liegt in der anderen Ecke der Zelle. Er kann sie nicht sehen – er kann hier drin nicht das Geringste erkennen, und er hat keine Ahnung, ob es schon Morgen ist. Außerdem ist seine Blase so voll, dass die Pisse gerade bestimmt wieder in seinen Magen zurückfließt; seine Leistengegend fühlt sich an, als würde sie jeden Moment explodieren. Seine Mutter redet nicht mit ihm, sie sieht ihn nicht mal an, und er hasst sich aufrichtig dafür. Er fängt an, gegen die Zellentür zu hämmern. Mit voller Wucht, damit man es auch hört. Wie in Grover Hills nimmt er dafür seinen Schuh.
    »Hey, was ist da draußen los? Adrian? Hey, lass mich raus. Los, lass mich raus!«
    Die Schreie verstummen. Und es sind auch keine Schüsse mehr zu hören, nur noch Stille. Er hämmert weiter gegen die gepolsterte Tür.
    Dann wird der Schlitz geöffnet.
    »Wer sind Sie?«, fragt Emma Green.
    Beim Anblick ihres Gesichts zuckt er fast zusammen. Es ist unheimlich, als würde er einen Geist erblicken. »Wer … wer bist du?«, fragt er und versucht so zu klingen, als würde er sie nicht kennen. »Bitte, du musst mich rauslassen«, fügt er hinzu und versucht sich den Schreck über ihren Anblick nicht anmerken zu lassen. »Er ist verrückt. Er wird uns umbringen.«
    »Sie kommen mir … irgendwie bekannt vor.«
    »Bitte, wir müssen uns beeilen.«
    »Mein Gott, Sie sind einer meiner Profs von der Uni! Was zum Geier geht hier ab?«
    »Keine Ahnung«, sagt er, und im Moment weiß er es tatsächlich nicht. Irgendwie ist Emma Green entkommen. Die Schreie, das muss Adrian gewesen sein. Und Emma Green hat auf ihn geschossen! Das ist perfekt. Absolut perfekt. »Hör zu, wie heißt du?«, fragt er.
    »Emma.«
    »Emma, ich bin hier eingesperrt seit … Keine Ahnung, ich habe kein Zeitgefühl mehr. Bitte, du musst mich hier rauslassen. Du hast ihn getötet, oder? Den Mann, der mich entführt hat?«
    »Nein. Er lebt noch. Ich habe ihn nur verletzt«, sagt sie und späht über die rechte Schulter den Flur hinunter.
    »Aber du hast doch auf ihn geschossen, oder? Bitte sag mir, dass du auf ihn geschossen hast.«
    » Er hat auf mich geschossen.«
    »Scheiße, er läuft also noch da draußen rum? Du musst dich beeilen. Du musst mich hier rauslassen, sofort!«
    »Sind Sie alleine da drin?«, fragt sie.
    Er tritt zur Seite, damit sie einen Blick ins Zimmer werfen kann. »Meine Mutter

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