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Die Totensammler

Die Totensammler

Titel: Die Totensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PAUL CLEAVE
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Menschen gestorben. Böse Menschen. Damals wusste ich noch nicht, dass einer von ihnen böse war, sein Tod war ein Unfall. Ich fühlte mich schuldig. Und fing an zu trinken. Und das führte zu dem Autounfall, der wiederum der Grund dafür ist, dass ich trocken geworden bin.
    »Du musst mir keinen Vortrag über die Realität halten«, sage ich und denke an meine Tochter, die seit drei Jahren kalt unter der Erde liegt und nie wieder zurückkehren wird; dann denke ich an meine Frau im Pflegeheim. Ihr Körper ist nichts weiter als eine Hülle, in der mal die perfekteste Frau der Welt gelebt hat.
    »Du hast recht«, sagt er. »Du bist die letzte Person, die einen Vortrag über die Realität braucht.«
    »Jedenfalls bin ich jetzt ein anderer Mann.«
    »Warum? Hast du im Knast zu Gott gefunden, oder was?«
    »Gott weiß nicht mal, dass dieser Ort überhaupt existiert.«
    »Hör zu, Tate, wir verlieren unseren Kampf, und ich brauche deine Hilfe. Der Mann von vor einem Jahr kannte keine Grenzen. Der hat getan, was nötig war. Ohne Rücksicht auf die Konsequenzen. Oder das Gesetz. Das verlange ich nicht von dir. Ich bitte dich nur um deine Hilfe. Um deine Einschätzung. Wie kann ein Mann wie du mir das verweigern?«
    »Ganz einfach: Dieser Mann ist im Knast gelandet, und es war allen scheißegal«, sage ich und klinge verbitterter, als ich wollte.
    »Nein, Tate, dieser Mann ist im Gefängnis gelandet, weil er betrunken war und mit seinem Wagen fast einen Menschen getötet hätte. Komm schon, ich bitte dich doch nur, einen Blick in die Akte zu werfen. Sag mir, was du davon hältst. Ich verlange nicht von dir, jemanden aufzuspüren oder dir die Hände schmutzig zu machen. Wir können den Fall nicht mehr unvoreingenommen beurteilen, uns fehlt der nötige Abstand – und, Scheiße, Mann, egal, was du getan hast, du bist gut in so was. Dafür bist du hier auf diesem Planeten.«
    »Du übertreibst«, sage ich zu ihm.
    »Ich versuche nur, dein Ego zu streicheln.« Für eine Sekunde nimmt er seine Augen von der Straße und lächelt mich an. »Aber es ist nicht übertrieben, dass du das Geld gut gebrauchen kannst.«
    »Geld? Will mich die Polizei wieder auf die Gehaltsliste setzen? Ich glaube kaum.«
    »Das hab ich nicht gesagt. Nein, es ist eine Belohnung ausgesetzt. Vor drei Monaten waren es fünfzigtausend Dollar. Jetzt sind es zweihunderttausend. Für jeden, der Hinweise hat, die zur Verhaftung führen. Was willst du sonst tun, Tate? Wirf wenigstens mal einen Blick in die Akte. Versuch doch …«
    Sein Handy klingelt, und er hebt ab. Er sagt kaum etwas, hört nur zu. Auch wenn ich von dem Gespräch nichts mitkriege, weiß ich, dass es schlechte Nachrichten sind. Als ich noch bei der Polizei war, hat mich nie jemand angerufen, um mir eine gute Nachricht zu überbringen. Um sich bei mir zu bedanken, dass ich einen Verbrecher gefasst habe, um mich auf eine Pizza und ein Bier einzuladen und mir zu sagen, dass ich einen tollen Job gemacht habe. Schroder drosselt ein wenig das Tempo, die Hand fest am Lenkrad. An einer frischen Unfallstelle umfährt er weiträumig eine große Fläche Sicherheitsglas; die Splitter funkeln in der Sonne wie Diamanten. Ich denke über das Geld nach und darüber, was ich damit anstellen könnte. Ich starre aus dem Fenster und beobachte zwei Landvermesser in gelben Reflektorwesten, die die Straße ins Visier nehmen, damit man sie in naher Zukunft aufreißen kann, um sie zu verbreitern oder zu verengen oder einfach um den städtischen Etat für Straßenarbeiten weiter zu überziehen. Schroder betätigt den Blinker und fährt rechts ran; jemand hupt in unsere Richtung und zeigt uns den Stinkefinger. Während Schroder einen U-Turn macht, redet er weiter. Ich denke über den Mann nach, der ich vor einem Jahr war und der ich nicht mehr sein möchte. Schroder legt auf.
    »Tut mir leid, Tate, aber es hat sich was ergeben. Ich kann dich nicht nach Hause fahren. Ich werd dich in der Stadt absetzen. Ist das okay?«
    »Was bleibt mir anderes übrig?«
    »Hast du Geld für ein Taxi?«
    »Was glaubst du wohl?« Ich hatte für diesen Tag tatsächlich fünfzig Dollar in meine Hosentasche gestopft, doch inzwischen scheint mein Geld ein neues Zuhause gefunden zu haben.
    Als wir den Stadtrand erreichen, bleiben wir im dichten Verkehr hängen. Eine der Spuren wurde gesperrt, damit mehrere große Bäume, die in die Starkstromleitungen ragen, gestutzt werden können; Lkws und Ausrüstung blockieren die Straße. Die Arbeiter hocken

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