Die Totentänzerin: Ein Fall für Nils Trojan 3 - Psychothriller (German Edition)
bloß: »Das sind interne Ermittlungsdetails, mit denen ich dich nicht belasten möchte, also antworte einfach auf meine Frage.«
Er zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, wem das Teil jetzt gehört. Carlotta hat es bei eBay vertickt.«
Trojan stieß die Luft aus. »Verdammt ! Weißt du noch … ?«
In diesem Moment vibrierte das Handy in seiner Jackentasche. Er nahm es hervor und drückte auf die grüne Taste.
Es war Gerber.
»Nils, du musst kommen, schnell.«
»Was ist los ?«
»Wieder ein ermordetes Paar. Aneinandergefesselt und … Scheiße, Mann, beeil dich.«
Trojan war, als würde eine eiskalte Hand an seine Kehle fahren.
Dreiunddreißig
Der Boden unter seinen Füßen war mit einem Mal so unsicher, dass er zu schwanken schien. Stefanie griff nach seinem Arm.
»Alles in Ordnung, Nils ?«
»Nichts ist in Ordnung, gar nichts !«
Das Schlafzimmer war voll mit Gestalten in weißen Overalls, Kollegen der Spurensicherung und des Teams. Trojan schwitzte im Licht der Scheinwerfer. Es roch nach Blut.
Er stand mit Stefanie am Fußende des Bettes, vor ihnen die ausgebreitete Nachtwäsche, der Pyjama und das Nachthemd, rot besudelt, nebeneinanderdrapiert wie an den anderen Tatorten.
Trojan schaute auf die nackten Füße der Opfer, dann wanderte sein Blick weiter, er sah die Wäscheleine, den Rücken des Mannes, den eingeschlagenen Schädel. Er sah die ausgebreiteten Arme der Frau, die senkrechten Schnitte, an denen sie verblutet war, ihre geöffneten Beine.
Stefanie raunte ihm die Namen zu: »Lisa Brobrowski und Claude Haller. Sie lebten schon seit einigen Jahren gemeinsam in dieser Wohnung.«
Wieder war der Mann weitaus älter als die Frau, und auch die Anordnung der Leichen passte ins Muster. Abermals war dem weiblichen Opfer der Mund mit einem schwarzen Tuch verschlossen worden.
Aber Trojan fiel noch etwas anderes auf, er trat an die Kopfseite des Bettes und beugte sich hinab.
Nun hatte er Lisa Brobrowskis Gesicht dicht vor sich.
Er durfte sich nicht ausmalen, wie qualvoll ihre letzten Lebensminuten gewesen waren, an ihren ermordeten Freund gebunden, langsam verblutend. Dieser grausame Übergang, die Angst, dem Ende so nah, den Tod bereits spürend auf der nackten Haut, der liebste Mensch an einen gepresst und doch schon kalt, und dann das Aus.
Und wieder war er zu spät gekommen. Er musste diesem Wahnsinn Einhalt gebieten, den Täter oder die Täterin endlich zur Strecke bringen.
Er musste seine eigene Angst überwinden, diese plötzliche Schwäche in seinen Gliedern ignorieren.
Das Antlitz der Toten verschwamm vor seinen Augen. Er bekam keine Luft mehr, sein Herz schlug immer höher. Er fasste sich an den Kragen.
Stefanie war bei ihm. »Nils, wenn du eine Pause brauchst …«
»Nein, verdammt !«
Ihn packte die Wut. Er würde diese Serie aufklären, seine letzten Kräfte mobilisieren.
Und endlich konnte er wieder scharf sehen, er betrachtete das rote Band am Hals der Frau, ein Merkmal, das ihn irritierte, denn keines der anderen Opfer hatte Schmuck getragen. Solche Accessoires legten Frauen doch normalerweise vor dem Zubettgehen ab. Dr. Semmler hatte den Todeszeitpunkt bereits auf Mitternacht geschätzt, anzunehmen, dass auch dieses Paar im Schlaf überrascht worden war.
Sollte das Band der Frau etwa nachträglich angelegt worden sein ?
Trojan streifte sich ein Paar Latexhandschuhe über und berührte die Perle an dem Band. Er drehte sie um. Auf der R ückseite war ein M eingraviert.
»M. Wieso M ?«, murmelte er.
Er richtete sich auf.
»Wer hat die beiden gefunden ?«, fragte er Stefanie.
»Eine Anastasia Konwiscny, sie arbeitet als Putzfrau hier.«
»Wo ist sie ?«
»Sie wartet in der Küche.«
Trojan ging zu ihr. Die junge Frau wirkte erstaunlich gefasst.
Er stellte sich kurz vor, dann bat er sie, die Ereignisse für ihn zusammenzufassen.
»Ich kam um halb zehn in die Wohnung, um sauberzumachen.«
»Sie haben einen Schlüssel ?«
»Ja.«
»Irgendetwas Auffälliges am Schloss ?«
»Nichts.«
»War von innen abgeschlossen ?«
»Die Tür war nur zugezogen.«
»Okay, was dann ?«
»Ich spürte gleich, dass etwas nicht stimmte.«
»Weshalb ?«
»Kann ich nicht sagen. Es war so ein vages Gefühl von Unheil. Und dieser Geruch.«
»Was für ein Geruch ?«
»So … tot.« Ihre Stimme begann zu zittern. »Wie an einer Fleischtheke.«
Trojan schlug für einen Moment die Augen nieder. »Weiter.«
»Na ja, ich bin nach einer Weile ins Schlafzimmer rein, und da lagen die
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