Die Totentänzerin: Ein Fall für Nils Trojan 3 - Psychothriller (German Edition)
und Notizblock hin.
»Schreib.«
Theresa war wie gelähmt.
»Ein Geständnis, schreib es auf. Einen Brief an deinen Mann, bitte ihn um Vergebung und dann geh.«
Ihre Stimme war ihr selbst fremd. »Wohin ? Ich kann Hilmar nicht mehr unter die Augen treten.«
»Nein, das kannst du nicht, denn du bist schuldig.«
»Ich bin schuldig.«
»Schreib es auf, und du wirst erleichtert sein. Gestehe.«
»Und dann ?«
»Weißt du, Theresa, es gibt immer einen Ausweg. Ich nenne es Exitstrategie.«
»Exit ?«
»Sag bloß, du hast noch nie darüber nachgedacht ? Sei ehrlich, du weißt längst, auf welche Art du dich umbringen wirst. Du hast es dir schon öfter ausgemalt. Und heute ist der Tag dafür gekommen. Schreib und dann geh. Geh für immer. Töte dich, Theresa, und du bist frei.«
Zitternd nahm sie den Block und den Stift und sah sich selbst dabei zu, wie sie die Worte aufs Papier setzte.
Mein geliebter Hilmar,
es tut mir unendlich leid, was du in letzter Zeit meinetwegen durchmachen musstest. Ich will mich nicht länger um die Wahrheit drücken. Ich habe getötet. Die Liebespaare mussten sterben, weil ich sie um ihre Lust beneidete. Lust, die ich niemals empfinden konnte. Unter meiner Hand starben Carlotta Torwald und Paul Ziemann, Mara Hertling und Ulrich Tretschok, Lisa Brobrowski und Claude Haller.
Hilmar, ich liebe dich noch immer von Herzen, aber ich bin eine Mörderin.
Und darum muss ich gehen. Für immer.
Leb wohl.
Deine Theresa
Vierzig
Da er nirgendwo eine Telefonzelle entdecken konnte und die Zeit drängte, winkte er sich ein Taxi heran. Die Fahrt erschien ihm ungewöhnlich kurvenreich, und er rang mit Wellen galliger Übelkeit.
Soweit er wusste, wohnte Lukas Kilian noch immer in der Pfalzburger Straße in Wilmersdorf, nur mittlerweile ohne Frau. Endlich hielt der Wagen vor dem Eckgebäude an der Düsseldorfer Straße, Trojan bat den Fahrer, auf ihn zu warten, stieg aus und klingelte unten am Hauseingang, doch niemand öffnete.
Schließlich hatte er bei den Nachbarn Glück, die ihn einließen. Während er oben im vierten Stockwerk Sturm läutete, sprach ihn die Frau aus der Wohnung gegenüber an, voller Neugier gegen den Türrahmen gelehnt.
»Der Lukas ist nicht da.«
Trojan wandte sich zu ihr um. »Kennen Sie ihn gut ?«
»Wir spielen manchmal Scrabble zusammen.«
Er zog die Augenbrauen hoch. Die Frau war um die fünfzig, auf dem Kopf ein toupiertes Gebilde weißblonder Haare, aller Wahrscheinlichkeit nach gefärbt.
»Schönes Hobby«, murmelte er.
Sie lächelte verwegen. »Alle Wörter sind erlaubt, auch die unanständigen.«
»Haben Sie eine Ahnung, wo er stecken könnte ?«
»Vielleicht schaut er sich wieder die Fische an.«
»Die Fische ?«
»Im Radisson Blu. Hat kein Geld, der Typ, aber nächtigt im Luxushotel, nur so zum Vergnügen. Anstatt dass er mich mal mitnimmt.«
»Zum Scrabblespielen ?«
Sie grinste.
Trojan bedankte sich bei ihr. Zurück im Taxi nannte er dem Fahrer die neue Adresse.
Die Frau am Empfang sah im Computer nach, fand den Namen aber nicht. Trojan stand kalter Schweiß auf der Stirn, ihm war speiübel, er bat sie, noch einmal genauer zu schauen. Fehlanzeige.
Ratlos stand er in dem überdachten Innenhof des Hotels. Das imposante zylinderförmige Aquarium ragte meterhoch vor ihm auf, doch wenn er den Kopf in den Nacken legte, um es zu betrachten, holte ihn der Schwindel ein. Er beschloss, vernünftig zu sein und zurück in die Klinik zu fahren, wo man ihm ein starkes Schmerzmittel geben könnte. Vierundzwanzig Stunden schlafen und alles vergessen, auch das wäre nicht schlecht. Zunächst aber musste er die Kollegen anrufen und sie beauftragen, nach Kilian zu fahnden.
Er blickte sich suchend nach einem öffentlichen Telefon um, als er abrupt innehielt. Da saß jemand an der Hotelbar, am Fuß des AquaDoms, und stierte zu den Meeresfischen hinauf.
Langsam trat er näher. Setzte sich auf den freien Barhocker neben ihn und wartete, bis Landsberg ihm das Gesicht zuwandte.
Seine Augen waren glasig, sein Hemd sah aus, als habe er darin geschlafen. Er trank einen White Russian, es schien nicht sein erster zu sein.
»Hübscher Turban, Nils. Was ist passiert ?«
»Ein Unfall im Schlafzimmer. Erzähl ich dir ein andermal.«
»Darf ich dich zu einem Drink einladen, oder bist du im Einsatz ?«
»Ich müsste erst die Ärzte fragen.«
»White Russian, da ist Milch drin, wirkt beruhigend, fast wie Medizin.«
»Hilmar, was ist los mit dir ? Was um alles in der Welt
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