Die Totentänzerin: Ein Fall für Nils Trojan 3 - Psychothriller (German Edition)
Hinterkopf seines Vaters. Dann erkannte er auch einen Teil von Carlottas Gesicht.
Schliefen sie ? Um diese Zeit ?
Oder war er gerade in eine peinliche Situation geraten ?
Er wollte die Tür schon wieder zuziehen, als ihm auffiel, wie still es im Zimmer war.
Bedrückend still.
»Papa ?«, fragte er wieder und setzte zwei Schritte vor.
Daraufhin erstarrte er.
Die Bettdecke lag auf dem Boden. Sein Vater und Carlotta waren unbekleidet.
Der Hinterkopf seines Vaters war blutverschmiert und merkwürdig eingedrückt. Und da war auch Blut auf dem Laken.
Und Carlottas Gesicht sah so sonderbar aus.
Mikael trat noch näher an das Bett.
Ihre Augen starrten ihn an. Und was war mit ihrem Mund ? Er wollte etwas sagen, doch es verschlug ihm die Stimme.
Lange Zeit konnte er sich nicht rühren, endlich stürzte er hinaus.
Seine Lunge füllte sich mit Luft, und er schrie.
Trojan erreichte die Nachricht im Keller des Kommissariats, wo sich der Fitnessraum befand. Er war gerade dabei, Gewichte zu stemmen, diesmal weniger, weil eine gewisse Sportlichkeit in den Dienstvorschriften verlangt wurde, sondern mehr, um seine Nervosität zu bekämpfen. Er wusste, dass bei seinem Rendezvous mit Jana am Abend alles möglich wäre, er aber auch jederzeit mit einem Rückzieher von ihr rechnen musste.
Doch dann vibrierte sein Handy neben der Hantelbank, und kaum hatte Trojan abgehoben, wurde ihm klar, dass der Abend durchaus eine ganz andere Wendung nehmen könnte.
Knapp vierzig Minuten später war er auf der Treppe des Mietshauses in der Nansenstraße, und das aufgeregte Gemurmel der Nachbarn schlug ihm entgegen.
Trojan betrat die Wohnung im vierten Stock. Die Kollegen von der Kriminaltechnik hatten bereits mit der Spurensicherung begonnen. Stefanie Dachs löste sich aus dem Pulk der Mitarbeiter der Fünften Mordkommission und kam auf ihn zu.
»Der Chef ist äußerst schlecht gelaunt, also nimm dich in Acht.«
»Was hat er denn ?«
»Also, wenn du mich fragst, sollte er sich lieber krankschreiben lassen.«
»Der Rücken ?«
Sie nickte.
»Kommen wir zur Sache. Was habt ihr ?«
Sie deutete zum Schlafzimmer hin.
»Ihr Name ist Carlotta Torwald, 29 Jahre alt, bei dem Mann handelt es sich um ihren Lebensgefährten, Paul Ziemann, 42. Sein Sohn aus erster Ehe, ein Teenager, hat die beiden hier gegen drei Uhr nachmittags entdeckt.«
»Um Himmels willen. Ist der Junge vernehmungsfähig?«
Sie schüttelte den Kopf. »Er musste in eine Klinik gebracht werden, der Schock war zu groß.«
»Das wundert mich nicht. Konntet ihr jemanden benachrichtigen?«
»Seine Mutter ist jetzt bei ihm.«
Trojan dachte an seine Tochter Emily, auch sie war ein Teenie und ein Scheidungskind. Mein Gott, er musste sie unbedingt anrufen, wenn das hier vorüber war.
»Bist du bereit ?«, fragte Stefanie vorsichtig.
»Ist es so schlimm ?«
Als Antwort holte sie bloß tief Luft.
Trojan gab sich einen Ruck und ging in das Zimmer.
Landsberg versperrte ihm den Weg. Schon an seiner Haltung war zu erkennen, dass er noch immer Schmerzen hatte.
Trojan versuchte es auf die lockere Art. »Was macht der Rücken, Chef ?«
Er verzog das Gesicht.
»Ein Hexenschuss ist nichts gegen das, was du hier gleich sehen wirst, Nils.« Er musterte ihn. »Warum kommst du so spät, Mann ?«
»Entschuldige, ich hab trainiert.«
»Wie bitte ?«
»Ich konnte ja nicht ahnen, dass … Tut mir leid.«
Landsberg blickte ihn scharf an.
Schließlich löste sich Trojan von ihm und trat näher an das Bett.
Die Scheinwerfer der Kriminaltechnik warfen ihr gnadenloses Licht auf das nackte Paar.
Er sah all das Blut und wich mit dem Blick aus.
Kurzzeitig verspürte er eine Verkrampfung in der Brust. Ein Gedanke durchfuhr ihn: Wie lange würde er diesen Beruf noch aushalten ?
Er musste sich zusammenreißen, konzentrieren, die Dinge nüchterner betrachten.
Auf dem Boden vor dem Bett war die Zudecke ausgebreitet, darauf akribisch angeordnet Pyjama und Nachthemd, die den Opfern offenbar ausgezogen worden waren. Es war eine groteske Zurschaustellung ihrer Wäsche, die Ärmel und Hosenbeine des Pyjamas leicht abgespreizt, das Hemd der Frau daneben drapiert.
Es wirkte auf Trojan, als habe der Täter mit den Sachen gespielt, wie ein Kind. Doch es war ein monströses Spiel, denn alles war besudelt mit Blut.
Er wagte es, wieder zu dem Paar hinzuschauen. Die Frau lag unter dem Mann, ihre Arme waren neben dem Körper ausgestreckt, die Hände nach außen gedreht. Trojan erkannte an beiden
Weitere Kostenlose Bücher