Die Totentänzerin: Ein Fall für Nils Trojan 3 - Psychothriller (German Edition)
einen Nachschlüssel anfertigen zu lassen, doch an ihrem Alibi ließ sich nicht rütteln, und so musste er sie letztendlich gehen lassen.
Es war gegen dreiundzwanzig Uhr, als er noch einmal bei Jana anrief und kleinlaut vorschlug, das Essen auf den folgenden Abend zu verschieben. Diesmal klang sie ziemlich verärgert, doch sie willigte ein. Trojan wurde unterbrochen und musste sich hastig von ihr verabschieden.
Daraufhin ging er mit seinem Chef die Liste der bereits vernommenen Mitarbeiter aus der Softwareentwicklungsfirma durch, für die Paul Ziemann tätig gewesen war. Schließlich telefonierte er mit Semmler, die Obduktion war noch nicht beendet, nur konnte der Rechtsmediziner bereits ausschließen, dass ein Sexualdelikt vorlag.
Landsberg wurde immer ungeduldiger und wollte, dass Trojan sich mit ihm auf die Theorie einer Beziehungstat festlegte, immerhin seien nach ihren Ermittlungen weder Bargeld noch Schmuck aus der Wohnung entwendet worden, so dass auch ein getarnter Raubmord ausschied. Hilmar vermutete, das Paar habe seinen Mörder gekannt und möglicherweise hereingelassen, doch Nils war sich in all diesen Punkten überhaupt nicht sicher.
»Wenn es sich um eine Eifersuchtstat handelt«, sagte er, »warum wurde das Paar dann aneinandergefesselt ? Die Anordnung der Leichen und die merkwürdige Drapierung ihrer Nachtwäsche haben für mich einerseits etwas sehr Brutales, andererseits aber auch …«
Er brach ab.
»Was ? Nun sag schon, Nils.«
»Es ist ganz komisch, auf eine pervertierte Art wirkt es für mich auch beinahe … Bitte versteh mich nicht falsch, wenn ich das so formuliere … Aber hat es nicht auch etwas Liebevolles, völlig verdreht und krankhaft Zärtliches ?«
Landsberg runzelte die Stirn.
»Als ich dort am Bett stand«, fuhr Trojan fort, »hatte ich das Gefühl, die beiden Toten seien in ihrer Umarmung auf ewig vereint, und das ist nicht gerade eine Vorstellung, die ich mit Eifersucht verbinde.«
»Sondern ?«
Er suchte nach Worten.
Eine Sehnsucht, dachte er.
Doch er sprach es nicht aus, es war zu diffus.
Nun war Mitternacht vorüber. Trojan saß allein in seinem Büro und betrachtete die Aufnahmen vom Tatort. Er verglich die Fotos der beiden Toten mit dem Porträt, das er aus ihrer Küche mitgenommen hatte.
Das Haar von Paul Ziemann war schon etwas schütter. Er schaute verschmitzt in die Kamera, Lachfältchen um die Augen, ein sinnlicher Mund. Trojan konnte nachvollziehen, dass sich die um einiges jüngere Carlotta in ihn verliebt hatte. Auch sie wirkte sympathisch auf ihn, Stupsnase, helles Haar, ein wacher Blick, ihre weiße Brille extravagant und irgendwie keck.
Seine Gedanken schweiften ab. Er überlegte, ob er um diese Zeit noch einmal bei Jana anrufen sollte.
Es drängte ihn danach, also tat er es.
Sie klang verschlafen, als sie sich meldete.
»Ich bin es. Nils. Hab ich dich geweckt ?«
»Hmm.«
»Das tut mir leid.«
Sie antwortete nicht.
»Und es tut mir unendlich leid, dass es heute nicht geklappt hat.«
Eine Zeit lang atmete sie bloß in den Hörer, dann erwiderte sie:
»Ach, weißt du, ich hatte vorübergehend nicht bedacht, dass du mit deinen Kollegen immerzu auf der Jagd bist.«
»Nicht immerzu, Jana.«
»Und ich hatte vergessen, in welcher Stadt wir leben, wie grausam es hier zugeht.«
Er schwieg.
»Bist du bei deinen Ermittlungen vorangekommen ?«
»Nur wenig.«
Er lauschte ihrem Atem. »Und wir holen das Essen morgen wirklich nach ?«, fragte er.
»Die Gemüselasagne ist verbrannt, die wird dir nicht mehr schmecken.«
»Dann bin halt ich morgen mit dem Kochen dran.«
Sie versuchte es mit einem Lachen. »Also servierst du mir Rührei ?«
Er lachte auch, dabei musste er vor Müdigkeit den Kopf auf die Hand stützen.
Es entstand eine Pause.
»Ein Doppelmord, sagtest du ?«
»Ja.«
»Ein Paar in seinem Bett ?«
»Hmm.«
»Willst du darüber sprechen ?«
»Es würde dir den Schlaf rauben.«
»Jetzt komme ich sowieso nicht mehr zur Ruhe.«
Stockend begann Trojan, ihr alles zu erzählen.
Sie hörte ihm schweigend zu.
Als er fertig war, fühlte er sich wohler.
»Jana ?«
»Ja ?«
»Verzeih, wenn ich dich damit belaste.«
»Du musst dich nicht ständig bei mir entschuldigen, es ist dein Job, Verbrechen zu bekämpfen.« Sie seufzte. »Es ist nur so, dass all die Alpträume, die mit deiner Arbeit verbunden sind, in meinem Urlaub so fern waren.«
Sein Blick fiel wieder auf die Tatortfotos, er betrachtete die Wäscheleine, die sich in die
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