Die Totentänzerin: Ein Fall für Nils Trojan 3 - Psychothriller (German Edition)
großer Irrtum, aber …«
»Nun sag schon.«
Mara stand auf, holte ein weißes unbeschriftetes Kuvert aus der Schublade in der Anrichte hervor und legte es auf den Tisch.
»Das hier fand ich heute in meinem Briefkasten. Ohne Absender und ohne Adresse.«
Ihre Freundin rührte sich nicht.
Mara setzte sich und sagte: »Du kannst den Umschlag ruhig öffnen.«
Es dauerte einige Zeit, bis sie wie ferngesteuert die Hand danach ausstreckte und die drei Fotos herausnahm, die Mara an diesem Tag schon an die hundert Mal betrachtet hatte.
Sie versuchte, im Gesicht ihrer Freundin zu lesen, doch es war völlig reglos.
Und dann sah sie selbst wieder auf die Fotos, und obwohl sie es noch immer nicht wahrhaben wollte, gab es nicht den geringsten Zweifel daran, dass die Person darauf ihre Freundin war. Die eine Ablichtung zeigte sie, wie sie unten die Haustür aufschloss, auf der zweiten war sie oben an Maras Schlafzimmerfenster zu erkennen, und das dritte Foto entlarvte sie dabei, wie sie im Begriff war, die Vorhänge zu schließen. Jemand musste sie von der Straße aus beobachtet und mit einem Teleobjektiv aufgenommen haben. Am rechten unteren Bildrand waren Datum und Uhrzeit registriert, offenbar der automatische Eintrag einer Digitalkamera.
Die Fotos waren demnach am vorgestrigen Vormittag geschossen worden.
In das bedrückende Schweigen hinein sagte Mara: »Hör zu, es fällt mir wirklich nicht leicht, dich damit zu konfrontieren, aber du kannst dir sicher vorstellen, wie überrascht ich war, als ich diese Aufnahmen in meinem Briefkasten fand.«
Die Freundin ließ die Fotos auf den Tisch fallen, sichtlich um Fassung bemüht.
Mara rückte instinktiv ein Stück von ihr ab. Dann fragte sie leise: »Hast du dir hier Zutritt verschafft ? Heimlich, ohne mein und Ulrichs Wissen ?«
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nein ! Die Bilder müssen an einem Tag aufgenommen worden sein, als ich dich besucht habe.«
Mara deutete auf die Datumsanzeige und die Uhrzeit.
»Vorgestern Vormittag ? Als ich arbeiten war ? Bitte, sag mir die Wahrheit, bist du in meine Wohnung eingedrungen ?«
Ihre Stimme war brüchig. »Nein.«
»Hier sieht man dich aber an unserem Schlafzimmerfenster. Zu dieser Zeit war ich nicht zu Hause. Und Ulrich auch nicht. Das hat er mir vorhin am Telefon versichert. Und glaub mir, er ist über dein Verhalten mindestens genauso empört wie ich, ich soll auch in seinem Namen eine Erklärung von dir verlangen.«
»Das kann eine Fälschung sein. Mit Photoshop ist heutzutage alles möglich.«
»Ist nicht dein Ernst !«
»Es ist bestimmt eine Fotomontage !«
»Warum sollte sich jemand die Mühe machen …«
»Da treibt jemand einen bösen Scherz mit uns.«
Mara verschränkte die Arme vor der Brust. Es war mehr ein Flüstern, als sie fragte: »Hast du dir einen Schlüssel zu meiner Wohnung machen lassen ?«
»Herrgott, nein !«
Blitzartig fiel Mara ein, wie sie vor einiger Zeit ihre Schlüssel nicht hatte finden können. Und nur einen Tag später lagen sie wieder an ihrem gewohnten Platz. Es hatte sie damals zwar verwundert, aber auch nicht länger beschäftigt.
»Hast du mich bestohlen ?«, fragte sie leise.
»Nein.«
»Warum in aller Welt warst du dann in meiner Wohnung ?«
»Ich war das nicht.«
»Wer denn sonst ? Das bist du auf den Fotos, du !« Sie rieb sich über die Stirn, schließlich murmelte sie: »Das ist vollkommen verrückt, ich kann es mir nur damit erklären, dass es vielleicht …«
»Vielleicht was ?«
»… mit deinen psychischen Problemen zu tun hat. Es ist so absurd, so krank ! Warum machst du das ? Was hast du in meinem Schlafzimmer zu suchen ?«
Die Freundin schob ihren Stuhl zurück und erhob sich. Sie war kreidebleich geworden, ihre Hände ballte sie zu Fäusten, offenbar darum bemüht, ein inneres Zittern zu unterdrücken. Ihre Schultern waren hochgezogen, und sie bleckte die Zähne, so dass Mara Angst vor ihr bekam.
»Psychische Probleme ?«, zischte sie. »Für wen hältst du mich eigentlich ? Für eine Irre ? Nur weil ich dir einmal etwas über gewisse Schwierigkeiten anvertraut hab, die ich längst überwinden konnte ? Und ich hab gedacht, wir sind gute Freundinnen !«
»Das dachte ich eigentlich auch.«
Sie musterten sich gegenseitig.
Plötzlich griff sie nach den Fotos, doch Mara war schneller. Sie sprang auf, raffte sie an sich und steckte sie wieder in den Umschlag.
Die Freundin atmete gepresst.
»Mara, ich sage dir, wirf die Fotos weg. Die müssen von einem
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