Die Totentänzerin: Ein Fall für Nils Trojan 3 - Psychothriller (German Edition)
der atemberaubenden Wildnis Kanadas.
»Der Schemen da im Hintergrund, siehst du, das ist der Elch.«
Sie musste selbst über ihre kindliche Begeisterung lachen.
Es folgten Aufnahmen von einer Bärenfamilie am Straßenrand.
»Eine Braunbärin mit ihren Jungen, Gott sei Dank kein Grizzly, die können ziemlich ungemütlich werden.«
Wieder lachte sie.
»Es ist ein Kindheitstraum, weißt du. Seitdem uns mein Vater einmal von dieser Reise erzählt hat, die er vor vielen Jahren ganz allein unternommen, aber leider nie mit uns beiden wiederholt hat, geisterte sie in unserer Phantasie herum.«
»Euch beiden? Du meinst, deine Mutter und dich ?«
Sie wurde plötzlich ernst. »Eigentlich dachte ich dabei an meinen Bruder. Hab ich ihn nie erwähnt ?«
»Nein. Lebt er auch in Berlin ?«
Sie nickte.
»Und deine Mutter, wäre sie nicht auch gern mit nach Kanada gereist ?«
»Als mein Vater als junger Mann durch British Columbia wanderte, kannten sich meine Eltern noch nicht, und später hat meine Mutter das Reisen nicht sonderlich interessiert. Sie ist …« Jana nagte an ihrer Unterlippe, »… ungefähr genauso schwierig wie mein Vater. Für ihn gab es nur die Arbeit und für sie bloß ihre Schwermut.« Sie machte eine ungeduldige Handbewegung. »Aber ich will dich nicht mit meiner Familiengeschichte langweilen.«
»Du langweilst mich nie, Jana.«
Sie klappte geistesabwesend den Laptop zu.
Nun greif schon nach ihrer Hand, dachte er, das wäre der richtige Moment, sie zu küssen, aber er spürte, dass die Erinnerungen sie verstimmt hatten. Er registrierte an ihr eine leichte Verunsicherung, als bedrücke sie etwas, das sie ihm nicht anvertrauen wollte.
»Leben deine Eltern noch ?«, fragte er vorsichtig.
Sie nickte lediglich.
Kurz darauf schien sie sich wieder gefangen zu haben.
»Nun erzähl aber du. Wie steht es um deine Ermittlungen ?«
Trojan dachte an die letzte Sitzung zurück, in der Landsberg trotz seines angeschlagenen Zustands herumgetobt und schnellere Ergebnisse eingefordert hatte.
»Lass uns lieber nicht darüber sprechen. Nur so viel, es gibt noch keine heiße Spur.«
Er dachte an den vorläufigen Bericht der Kriminaltechnik, der leider auch nicht viel hergab, weder was Finger- und Faserspuren noch Hautpartikel und Haare betraf.
»Dein Job verlangt dir sehr viel ab.«
»Hmm.«
»Wann immer du reden willst, tu es, verschon mich nicht.«
»Danke, Jana, aber heute wirklich nicht. Es ist so ein schöner Abend bei dir.«
Sie lächelte. »Möchtest du ein Dessert ?«
»Gerne.«
Sie hatte eine Mousse au Chocolat vorbereitet, die sie auf dem blauen Sofa am Fenster zum Hinterhof löffelten. Janas Küche war so geräumig, dass das Möbelstück dort noch Platz hatte, eine gemütliche Wohnküche, in der sich Trojan äußerst wohlfühlte.
Jana streifte ihre Pumps ab und schob die Beine unter. Er atmete ihr Parfüm ein, und dann hielt er es nicht länger aus. Er stellte seine Dessertschale ab, und gerade als sie sich etwas Schokolade von den Lippen leckte, fuhr er mit der Hand in ihren Nacken, zog sie zu sich heran und küsste sie.
Ihr Mund war weich und warm, bereitwillig erwiderte sie seinen Kuss, und doch war da plötzlich ein kleiner Widerstand, und sie löste sich ein wenig von ihm.
»Was ist ?«
»Nils, es ist noch nicht lange her, da warst du mein Patient, und ich finde …«
»Aber Jana, ich dachte, wir hätten diese Diskussion längst hinter uns.«
»Ich weiß. Aber wenn das nun alles nur eine Übertragung ist ? Und eine Gegenübertragung ?«
»Ich verstehe nicht viel von diesem psychologischen Vokabular.«
»Musst du auch nicht. Du sollst nur wissen, dass es mir ernst ist.«
»Mir auch.«
Er küsste ihren Hals.
»Aber bitte glaub mir«, flüsterte sie, »ich bin sehr ehrgeizig, und deine Therapie …«
»Schsch.« Er legte den Finger auf ihre Lippen. Und während er ihr das Haar löste, dieses Wunder lichtblonden Haars, sagte er: »Keine Analyse, Jana, keine Psychologie, nur du und ich.«
Wieder küsste er ihren Hals, jetzt tiefer.
»Ich muss dich warnen, ich bin nicht ganz unkompliziert.«
»Wer ist das nicht.«
»Und dein Beruf …«
»Nicht doch, Jana, lass die Gedanken. Lass es einfach geschehen.«
Er hörte, wie sie leise aufseufzte, und noch einmal löste sie sich von ihm, doch diesmal nur, um ihn anzusehen, und da war ein Glanz in ihren Augen, der ihm gefiel.
Sie zerrte ihm das T-Shirt vom Körper, und das blaue Sofa gab nach, als er mit ihr in den Polstern versank.
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