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Die Traene des Drachen

Die Traene des Drachen

Titel: Die Traene des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Matesic
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Stücke geschnitten auf dem Tisch stand, kam Elea zu der schweren Erkenntnis, dass sie ohne Albin und Kellen fliehen musste. Sie konnte nicht zulassen, dass den Menschen, die sie liebte, etwas zustieß. Und das lag bei Kellens hitzigem Temperament durchaus im Bereich des Möglichen. Nein! Es war sogar mehr als wahrscheinlich. Außerdem wäre es unverantwortlich, Breanna mit Kaitlyn und Louan unbeschützt zurückzulassen. Elea brach das Schweigen und sprach wie beiläufig Louan an. „Wo warst du denn den ganzen Tag?“
    „ Ich habe nach dem Maisfeld gesehen. Und dann hat Vater mir noch erlaubt, mit dem neuen Bogen schießen zu üben“, antwortete der Junge recht wortkarg, wo er doch üblicherweise in seinen ausführlichen Schilderungen, wenn es um das Bogenschießen ging, nicht zu bremsen war. Während er sprach, ließ er die Holzschüssel mit dem Brot nicht ein einziges Mal aus den Augen. Er wagte es nicht, Elea ins Gesicht zu sehen. Erst als sie seine Hand in ihre nahm und ihm liebevoll über sein hellblondes Haar strich, blickte er sie an, als kämpfe er mit den Tränen. „Louan, alles wird gut. Du wirst sehen!“, tröstete Elea ihn. Bei diesen Worten drehte Kellen sich abrupt zu ihr um und warf ihr einen grimmigen Blick zu, den er auch nicht milderte, als er sich ihr gegenüber an den Tisch setzte. Breanna forderte endlich die Familie auf zuzugreifen, was sich bei der peinlichen Stille keiner zweimal sagen ließ - mit Ausnahme von Kellen, der Elea immer noch mit finsterer Miene fixierte. Elea ging jedoch nicht darauf ein und widmete sich ihrem Leibgericht, das sie zum letzten Mal im Kreise ihrer geliebten Familie zu sich nahm. Sie würde auf gar keinen Fall noch am letzten Abend einen Streit mit Kellen riskieren, der die Familie nur noch mehr aufwühlen würde. Alle nahmen schweigsam ihr Essen zu sich. Nicht einmal Kaitlyns Piepsstimme war zu hören, die sonst unablässig plapperte.
    Nach dem Essen begann Albin, seinen Plan darzulegen. „Sobald morgen die Sonne aufgeht, werden wir uns auf den Weg machen. Die kurze Zeit, die uns bleibt, um dich in Sicherheit zu bringen, Elea, erlaubt uns nur einen Fluchtweg. Wir werden durch den Wald nach Kalistra reiten. Dort können wir erst einmal untertauchen, bis wir einen Seefahrer gefunden haben, der bereit ist, uns zur Insel Talón zu fahren. Dies wird nicht leicht werden. Nur wenige Männer trauen sich die Überfahrt zu. Aber mit den dreihundert Silberdrachonen, die wir die letzten Jahre angespart haben, werden wir bestimmt einen fähigen Kapitän finden.“ Es war bekannt, dass die Zufahrt zu der Insel nur durch einen schmalen Durchgang in einem breiten Band aus gefährlichen Riffen möglich war, das sich wie ein Schutzwall vom Norden her über Osten bis in den Süden um Talón hinunterzog. Der westliche Zugang zur Insel lag ebenfalls außerhalb der Erreichbarkeit der Morayaner, da sich dort die unerforschte Wüste Talamán befand. Nach Albins Ausführungen trat erst einmal Stille ein. Jedem war bewusst, dass der Fluchtplan nicht gerade einfach klang. Aber einen besseren konnte niemand in der kurzen Zeit, die ihnen blieb, erwarten. Dennoch wagte Elea einen Vorschlag: „Wäre es nicht besser, wenn wir uns im Wald verstecken würden? Niemand kennt den Wald so gut, wie du und ich, Albin. Wir warten einfach, bis sie wieder verschwinden, um woanders nach uns zu suchen. Das werden sie doch müssen, wenn sie uns nicht finden, oder nicht?“
    „ Du vergisst diesen mysteriösen schwarzen Reiter, der bisher jeden Flüchtigen geschnappt hat“, entgegnete ihr Kellen unwirsch. „Und überhaupt: Ich hoffe, du bist dir darüber im Klaren, dass wir die Pferde nehmen, sonst haben wir nicht die geringste Chance“, fuhr er im selben unfreundlichen Ton fort. „Sie wird reiten, wenn es um ihr Leben geht, nicht wahr, Elea?“, nahm Breanna die junge Frau in Schutz. Elea nickte zustimmend mit der Gewissheit, dass es soweit gar nicht kommen würde. Sie würde zu Fuß fliehen - allein. Albin konnte sie offensichtlich mit ihrem Nicken überzeugen. Kellen beäugte sie jedoch argwöhnisch. Von diesem unbequemen Thema ablenkend warf sie eine Frage in die Runde, die ihr sowieso schon die ganze Zeit auf den Nägeln brannte. „Was denkt ihr? Warum schickt König Roghan seine Männer, um mich zu holen? Was verspricht er sich davon, mich in seine Gewalt zu bringen?“ Albin räusperte sich lange, da er offenbar nach den richtigen Worten suchte. Bevor er jedoch zu einer Antwort ansetzen

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