Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Traene des Drachen

Die Traene des Drachen

Titel: Die Traene des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Matesic
Vom Netzwerk:
Er muss sich das ansehen. Wo bleibt er nur? Sie sah wieder nach oben und fing an, laut nach ihm zu rufen.
     

    Als Elea in die Tiefe hinabstürzte, warf Maél sich in einem ersten Reflex auf den Boden und wartete bis das Knacken des Eises aufgehört hatte. Dann stellte er sich vorsichtig auf die Beine und kam mit langsamen Schritten zu den anderen an den Rand der Schneefläche zurück. Die Männer waren inzwischen abgestiegen und empfingen ihn mit besorgter Miene. In Maels Stirn hatte sich eine tiefe Zornesfalte gegraben: „Jadora, wir brauchen Seile. Am besten alle, die du auftreiben kannst.“ Der Hauptmann machte sich gleich daran, sämtliche Seile von seinen Kriegern sowie von seinem und Maéls Sattel einzusammeln. Finlay hatte es endlich geschafft, sich von seiner Schockstarre zu befreien. „Was machen wir jetzt? Wir haben es hier mit einem Gletscher zu tun. Sie ist in eine Gletscherspalte gestürzt, wer weiß wie tief. Es wird hier nur so von solchen Spalten wimmeln“, sprudelte es aus ihm mit sich überschlagender Stimme nur so heraus. Maél bedachte ihn sogleich mit einem noch grimmigeren Blick. Er hatte angefangen, die Seile, die Jadora ihm gebracht hatte, aneinander zu knoten. „Spar dir deinen Pessimismus! Der hilft uns jetzt auch nicht weiter. Jadora und ich werden nacheinander zu Elea am Boden entlangrobben, und zwar jeweils mit dem Seil gesichert. Sie ist nicht sehr weit gekommen, vielleicht dreißig Schritte. Ich habe mir die Stelle gemerkt.“ Zu den Kriegern gewandt sagte er in seinem typisch unfreundlichen Befehlston: „Ihr haltet unsere Seile!“ Plötzlich vernahm Maél deutlich Eleas Stimme, die seinen Namen rief und ihn aufforderte, schnell zu kommen. Ein Stein der Erleichterung fiel ihm vom Herzen. Sie lebte und schien, bei bester Gesundheit zu sein. Die anderen hörten sie auch, verstehen konnten sie sie jedoch nicht. „Was hat sie geschrien? Du musst sie doch verstanden haben mit deinem scharfen Gehör!? Ist sie verletzt?“, wollte Finlay aufgeregt wissen. „Davon hat sie nichts gesagt. Ich soll nur schnell kommen. Sie hat wohl irgendetwas entdeckt.“ Maél und Jadora banden sich bereits die Seile um ihren Bauch, als Finlay sich vor Maél aufbaute und ihn verzweifelt fragte: „Was kann ich tun, Maél? Sie hat mir das Leben gerettet und ich bin mit meinen zerfetzten Händen vollkommen nutzlos.“
    „ Genau! Du hast es erfasst. Du kannst im Moment gar nichts tun. Du musst einfach abwarten, bis wir wieder mit ihr zurückkommen. Und dann, falls es mir bis dahin entfallen sein sollte, erinnere mich bitte daran, dass ich diesem eigensinnigen und unvernünftigen Frauenzimmer den Hintern versohle!“ Die beiden Männer sahen Maél erschrocken an. Als sie jedoch ein angedeutetes Lächeln auf seinen Lippen entdeckten, entspannten sie sich wieder und erwiderten es erleichtert. „Sei vorsichtig!“, sagte Finlay. „Ich mache mir ehrlich gesagt mehr darüber Sorgen, dass Darrach uns bereits im Nacken sitzt, als darüber, wie ich sie von da unten heil wieder hochbringe.“ Jadora forderte er noch auf, seine Fellkleidung abzulegen, da die sie bei der Kraftanstrengung nur behindere und zusätzlichen Ballast bedeute.
    „ Ich gehe zuerst. Wenn ich dort angekommen bin, folgst du meiner Spur! In Ordnung Jadora?“ Der Hauptmann nickte und hielt mit einem anderen Krieger das Ende von Maéls Seil fest. Maél setzte noch seine Maske auf, da die Sonne immer wieder zwischen den Wolken hervorlugte und ihre Strahlen vom Schnee reflektiert wurden. Er tastete sich langsam auf dem Bauch liegend vor. Nach ein, zwei Vorwärtsbewegungen hielt er immer kurz inne, um zu sehen wie die Schneedecke auf sein Gewicht reagierte. Finlay stand mit vor seiner Brust gekreuzten Händen am Rand der Schneefläche und verfolgte mit angehaltenem Atem jede seiner Bewegungen. Er wurde immer ungeduldiger. „Verdammt! Wie weit will er denn noch gehen? Ich dachte, sie ist nicht so weit gekommen. Das Seil ist gleich zu Ende.“
    Endlich erreichte Maél den Rand der Gletscherspalte. Er näherte sich vorsichtig dem brüchigen Rand und klopfte noch lockeres Eis und Schnee ab, sodass sein Oberkörper eine stabile Unterlage hatte. Dann erst nahm er seine Maske ab und rief hinunter: „Elea, bist du verletzt? Geht es dir gut?“ Seine Worte hallten dumpf in die Tiefe, von wo ihm Eleas rot glühendes Haar entgegenleuchtete. Sie saß an der Wand angelehnt auf einem kleinen Vorsprung – etwa vierzig Fuß unter ihm. Die Seile würden auf

Weitere Kostenlose Bücher