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Die Traene des Drachen

Die Traene des Drachen

Titel: Die Traene des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Matesic
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Roghans Schlossgarten.
    „ Und es ist nicht gefährlich, dass wir uns darauf befinden?“
    „ Keine Sorge. Solange wir den Stab nicht benutzen, kann uns nichts passieren.“
    Elea hatte schon wieder die nächste Frage im Kopf.
„Wie das Portal sich genau öffnen lässt, brauchst du noch nicht zu wissen. Iss jetzt zu Ende und zieh dich an! Draußen ist es nicht so gemütlich warm wie hier drinnen bei mir, und schon gar nicht hoch oben im Himmel.“
Ihr fiel zum ersten Mal auf, dass sie nur ihre Wollhose und ihr ärmelloses Unterhemd anhatte.
Maél muss mich ausgezogen haben, weil ich wieder schweißgebadet war.
    Mit diesem Gedanken an Maél, aus dessen Reichweite sie bald für wer weiß, wie lange, - vielleicht sogar für immer - verschwunden sein würde, machte sich wieder in ihrem Herz das Ziehen bemerkbar, das sie bereits auf dem Schloss empfand, als sie Maél im Schlossgarten entdeckte. Doch dieses Ziehen ging nun immer mehr in einen Druck über, einen Druck herbeigeführt durch eine Last, die wie ein großer Felsbrocken ihr Herz zu zerquetschen drohte. Ihre Kehle begann sich auch schon wieder zuzuschnüren, sodass sie sich beeilte, ein paar Haferkekse hinunterzuwürgen, bevor der Durchgang zu ihrem Magen vollends versperrt war. Sie musste sich jetzt unbedingt zusammenreißen. Von ihr hing das Schicksal des Menschenvolkes ab. Außerdem trug sie jetzt auch noch die Verantwortung für Arabín, der ihre Schmerzen teilen würde. Ob dies auch seelische Schmerzen betraf, wusste sie nicht. Sie warf einen verunsicherten Blick zu Arabín hinüber, der sich natürlich, ohne dass sie ihm direkt diesen Gedanken geschickt hatte, angesprochen fühlte. Er nickte ihr mit seinen faszinierenden Augen ernst zu. Aber noch etwas anderes konnte Elea von dem Drachengesicht ablesen, etwas, was ihr einerseits Trost spendetet, aber andererseits auch die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage, ihrer Liebe zu Maél nur allzu deutlich machte: Mitgefühl und Trauer. Arabín wusste offensichtlich, welche Gefühle gerade in ihr tobten. Nein! Sie durfte nicht zulassen, dass diese schrecklichen Empfindungen sich ihrer ganz und gar bemächtigten, sonst wäre sie verloren. Sie musste dagegen ankämpfen, koste es, was es wolle. Sie griff energisch nach ihrem Wasserschlauch und trank ihn halb leer, als wollte sie die bedrückende Schwere in sich ertränken. Bevor sie sich anzog, suchte sie noch einen versteckten Ort, wo sie ihre Blase entleeren konnte. Als sie halb kauernd auf dem Boden hockte und ihrem Bedürfnis nachgab, erschien ihr die Tatsache, dass sie sich vor einem Drachen deswegen versteckte, irgendwie unangebracht. Wahrscheinlich lag es daran, dass Arabín durch das Sprechen eher etwas von einem Menschen als von einem Tier hatte. Während sie sich wieder in ihre vielen Kleiderschichten einhüllte, überlegte sie, was sie mit Maéls Sachen machen sollte. Sein Schlaffell rollte sie mit ihrem Fellumhang zusammen und befestigte das Bündel an ihrem Rucksack. Ihren Rucksack samt Bogen und Köcher konnte sie schultern, aber was sollte sie mit der Provianttasche, Maéls Satteltasche, seiner Fellkleidung und seinem Schwert machen? Sie konnte sie wohl kaum die ganze Zeit in der Hand halten, während sie auf Arabíns Rücken saß und er sich seinen Flugkünsten hingab, auf die er schon eine halbe Ewigkeit hatte verzichten müssen. Womöglich war er aus der Übung. Und irgendwie würde sie sich ja festhalten müssen. Hilflos sah sie zu dem Drachen, der sie die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte. Nach einer kleinen Weile drehte er sich abrupt um und watschelte etwas unbeholfen in die entgegengesetzte Richtung, die zu einem breiten Gang hinaus aus der kuppelartigen Höhle führte, bis er mit dem ihn umgebenden glühend roten Schimmer aus Eleas Blickfeld verschwunden war. Was hat er jetzt vor? Ist er etwa beleidigt, weil ich mich nicht von Maéls Sachen trennen kann?
    „ Nein! Das ist er nicht. Er holt nur etwas, womit du dein Problem lösen kannst.“ Verdammt! Daran muss ich mich erst gewöhnen, dass er alles hört, was ich denke. Hoffentlich dauert meine Ausbildung zur Drachenreiterin nicht all zu lange. Für seine Ohren bestimmt fragte sie ihn in Gedanken: „Wenn ich eine vollwertige Drachenreiterin bin, bin ich dann auch in der Lage, mir die Ohren oder was auch immer zuzuhalten, damit ich deine Stimme nicht hören muss, wenn ich einmal keine Lust dazu habe?“ Wieder ertönte das eigentümliche Lachen des Drachen in Eleas Kopf. Er kam schon

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