Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
reden. Der Salon der jungen Mrs. Drury würde Künstler und Musiker anziehen, die Zeitungen würden darüber berichten, welche Kleider sie zu welchem Anlass getragen hatte. Natürlich würde man ein repräsentativeres Haus brauchen. Aber wenn sie erst mal Kinder hatten, konnten sie sowieso nicht mehr in einer Mietwohnung leben. Allein die Angestellten, die man dann brauchte … Juliet stellte belustigt fest, dass schon die Planung ihr Spaß machte. Vielleicht sollte sie an ihre Eltern schreiben und von ihrer Hofhaltung am Ende der Welt erzählen ….
Der einzige Wermutstropfen in diesem schönen Traum lag darin, dass Kevin bislang keine Anstalten machte, sie um ihre Hand zu bitten. Juliet hatte sich inzwischen etwas umgehört, der junge Arzt galt als Frauenheld. An Familiengründungschien er vorerst nicht zu denken, was Juliet in einen Zwiespalt brachte. Wenn sie Kevin zur Heirat bewegen wollte, musste sie sich schwängern lassen – aber eigentlich wollte sie nicht gleich ein Kind. Juliet konnte sich gut vorstellen, noch ein oder zwei Jahre neben Kevin durch das bescheidene Dunediner Nachtleben zu tanzen, die Männerwelt der Stadt um den Finger zu wickeln, eifersüchtige Blicke der Matronen zu sammeln. Ein Kind würde das einschränken, zumindest ihren Start als glanzvolle Gastgeberin und Mittelpunkt jeder Gesellschaft verzögern.
Wenn es jedoch nicht anders ging …
Juliet war etwas nervös, seit sie im Treppenhaus mit Kevins Mutter zusammengestoßen war. Elizabeth Drury hatte nichts gesagt, aber die Blicke, die sie Juliet zugeworfen hatte, waren nicht zu missdeuten gewesen. Auch schon am Abend vorher, bei dem Dinner der Dunloes. Wobei diese Lizzie Drury nicht zu unterschätzen war. Juliet hätte fast darauf gewettet, dass diese kostbar gekleidete Matrone auch keine ganz lupenreine Vergangenheit hatte. Der Mann mochte ja als Goldgräber sein Vermögen gemacht haben, wie man sich erzählte. Aber ob die Frau ihm dabei die Schaufel gereicht oder nicht doch anderweitig zum Familieneinkommen beigetragen hatte?
Lizzie jedenfalls hatte diesen wissenden Blick – und garantiert ließ sie nichts unversucht, Kevin von seiner Liaison mit Juliet abzubringen. Die ersten Erfolge dabei meinte Juliet schon zu erkennen. Er war nicht mit ihr zu dieser Modenschau gegangen, die das unter den Frauen von Dunedin wohl meistdiskutierte Ereignis der Saison war. Und neuerdings führte er sie lieber allein aus, statt sie zu gesellschaftlichen Veranstaltungen mitzunehmen. Juliet ahnte den Anfang vom Ende, und sie war fest entschlossen, das nicht zuzulassen!
Als Kevin sie an einem Abend warten ließ, weil noch Patienten in der Praxis waren, schloss sie die Tür seiner Wohnunghinter sich und durchsuchte seine Nachttischschubladen. Als Arzt verließ sich Kevin bei der Vermeidung unerwünschten Nachwuchses nicht auf die Frau, was Juliet zumindest am Anfang sehr angenehm gefunden hatte. Natürlich verstand auch sie sich auf die gängigen Methoden, die fruchtbaren Tage zu errechnen und im Zweifelsfall Scheidenspülungen durchzuführen. Aber Kevin setzte lieber auf Overcoats. Juliet hatte früher schon Männer gekannt, die solche Schläuche vor der Liebe überzogen – und sich stets etwas davor geekelt, weil sie meist aus Schafdarm oder anderem tierischen Material hergestellt wurden. Kevin bevorzugte jedoch die modernen Modelle aus Gummi. Sie waren dick und sperrig, oft etwas lästig, aber sehr vertrauenerweckend. Bestimmt kam hier keine befruchtende Flüssigkeit durch, zumindest solange sie unbeschädigt blieben.
Juliet fand gleich ein ganzes Päckchen davon in Kevins Nachttischschublade. Und dahinter ein weiteres – anscheinend kaufte ihr Liebhaber die Overcoats en gros! Juliet überlegte, ob sie beide Packungen behandeln sollte, aber nein, eine musste genügen. Ihre letzte Periode war zwei Wochen her, die fruchtbaren Tage standen also kurz bevor. Zwei- oder dreimal Liebe sollten genügen …
Juliet griff entschlossen nach ihrer Hutnadel und stach sie in den ersten Gummischlauch. In spätestens zwei Monaten würde Kevin sie zum Traualtar führen.
KAPITEL 4
Atamarie hätte sich nie träumen lassen, dass sie Roberta noch mal um ihren langweiligen Studiengang beneiden würde. Und natürlich dachte sie auch jetzt noch nicht daran, lieber Kinder zu unterrichten, als Flugmaschinen zu bauen. Aber nach zwei Monaten allein in Christchurch war sie einfach tödlich gelangweilt. Jeden Tag nach Ende ihrer Seminare saß sie allein in ihrem
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