Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
sagen. Wirklich. Aber er … er sieht ja nur sie …«
»Wirklich?«, wunderte sich Atamarie. Sie fand das Paar eigentlich längst nicht mehr so eng miteinander verbunden wie noch ein paar Wochen zuvor auf der Vernissage. Juliet folgte Kevin nicht mehr auf dem Fuße, um Schmeicheleien für seine Patientinnen anzubringen. Sie flatterte von einem Mann zum anderen und unterhielt sich angeregt – vor allem mit Junggesellen und Witwern. Nur von Patrick nahm sie keine Notiz, obwohl der ihr immer noch mit verliebtem Gesichtsausdruck folgte. Kevin war nicht mehr so eifersüchtig bemüht, Juliet von anderen Männern fernzuhalten. Es gab keine kleinen, lasziven Berührungen mehr, dafür schien Kevin neuen Bekanntschaften durchaus aufgeschlossen. Sein kurzes Geplänkel mit einer Gemeindehelferin über den Preis eines hässlichen, aber von einer Stütze der Gemeinde selbst gefertigten Kaffeewärmers, konnte man fast als Flirt bezeichnen. »Also ich finde, das lässt nach«, fügte Atamarie nun hinzu und zog Roberta unauffällig in Kevins Nähe.
»Kaffeewärmer, Onkelchen?«, neckte sie ihn vergnügt. »Willst du einen Hausstand gründen?«
Kevin wandte sich zu seiner Nichte um und schenkte sowohl ihr als auch Roberta sein unwiderstehliches Lächeln.
»Es geht mehr um Unterstützung für die Gemeinde«, meinte er dann. »Irgendwas muss ich kaufen. Falls ihr zwei also für eure Aussteuer sammelt – ich kann euch das Ding gern schenken.«
Atamarie winkte ab. »Aussichtslos, Onkel Kevin, jedenfalls vorerst, du weißt doch, wir studieren.«
Kevin nickte, ließ die Blicke jetzt aber deutlich interessierter über die beiden Mädchen wandern. Natürlich, sie waren keine Schulmädchen mehr, und sie hatten sich richtig herausgemacht. Seine Nichte war hübsch – und Roberta war eine aparte Schönheit. Das Mädchen wäre vor Schreck fast im Boden versunken, als er tatsächlich das Wort an sie richtete.
»Natürlich, die zukünftige Lehrerin. Aber wolltest du nicht auch einmal Ärztin werden?«
Roberta lief rot an. Ihre Schwärmerei für Kevin hielt schon jahrelang an, und anfänglich hatte sie oft davon geträumt, mit ihm zusammen als Ärztin zu arbeiten. Aber das hatte sich schnell gelegt.
»Ich kann kein Blut sehen«, gab sie zu. »Ich versuche, mich daran zu gewöhnen, die Kinder verletzen sich ja auch manchmal – aber letzte Woche … es war mein erster Versuch, vor einer Klasse zu stehen, und dann kriegte ein kleines Mädchen Nasenbluten …«
Roberta war umgehend schlecht geworden, obwohl es ihr gerade noch gelungen war, sich zu beherrschen.
»Nun ja, ich bin ja nicht weit«, meinte Kevin tröstend. »Wenn du wirklich die Schule in Caversham übernimmst – meine Praxis liegt nur ein paar Minuten entfernt. Du schickst mir die kleinen Patienten einfach rüber …«, er lächelte Roberta verschwörerisch zu, »… oder du bringst sie selbst. Dann bietet sich mir zwischendurch mal ein schöner Anblick …«
Roberta schaute so verklärt, als habe er ihr nicht einfach ein Kompliment gemacht, sondern mindestens die Welt zu Füßen gelegt. Nun aber schien Juliet ihren Freund im Gespräch mit den jungen Frauen erspäht zu haben. Scheinbar zufällig schlenderte sie näher.
»Komm, Kevin, sie beginnen mit der Tombola. Du musst ein Los für mich ziehen, ich habe bei so was kein Glück.«
Kevin ließ sich bereitwillig in Richtung der Lostrommelführen – und Atamarie zerrte die fast erstarrte Roberta ebenfalls mit sich.
»Braucht ihr auch eine Glücksfee?«, fragte Kevin gut gelaunt. »Schön, dann spendiere ich jetzt den schönsten drei Damen der Veranstaltung je drei Lose. Womit ich meinen Beitrag zur Unterstützung der Gemeinde geleistet habe. Aber ich warne euch: Wenn ihr dieses Teeservice gewinnt, wird euch nie jemand heiraten!«
Der erste Preis der Tombola war ein außerordentlich scheußliches, mehr als fünfzigteiliges Teeservice.
»Möge es an uns vorbeigehen!«, lachte Atamarie und öffnete rasch ihre Lose. Drei Nieten.
Juliet zierte sich und tat, als sei sie zu ungeschickt, die Briefchen aufzufalten. Kevin half ihr schließlich und lachte sich kaputt, als sich das zweite Los als Gewinn entpuppte.
»Ein Kaffeewärmer. Wahrscheinlich das Ding, das ich eben angesehen habe. Viel Spaß damit, Juliet!«
Juliet blickte indigniert, ihr drittes Los war ebenfalls eine Niete.
Roberta hielt ihre Lose immer noch in der Hand, als könnte sie sich nicht entschließen, die Papierbriefchen aufzureißen, die Kevins
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