Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Mann. Aber Juliets Vater war ihr wohl sofort verfallen gewesen, hatte sie auf seine Plantage geholt und fortan geliebt und verwöhnt, wie eine Frau es sich nur wünschen konnte.
Als Juliet dann zur Welt kam, wurde sie sein Augenstern, nichts war gut genug für seine schöne Tochter. Juliet erhielt die besten Lehrer – wobei sie sich allerdings nur für den Musikunterricht wirklich interessierte. Sie lernte Französisch, Gesellschaftstanz – und als sie siebzehn wurde, sollte es dann auch der perfekte Mann sein. Ihr Vater fand ihn zwei Plantagen weiter: in einer alten Familie, die den Bürgerkrieg mit nur geringen finanziellen Einbußen überstanden hatte – unermesslicher Reichtum. Aber der junge Mann war so blutleer, dass Juliet sich bei jedem Besuch auf seiner Plantage nervös nach Vampiren umsah, die hier zweifellos ihr Unwesen trieben. Zu ihnen passte auch das Herrenhaus – für Juliet eine Gruft.
Kurz vor der Hochzeit war sie dann nach New Orleans geflohen und gleich weiter nach Tennessee. Zunächst reichte das Geld, das sie mitgenommen hatte und das sie für die Kleider und Schmuckstücke erhielt, die sie versetzte. Wenn sie trotzdem in Clubs sang, so eher zum Vergnügen – in Memphis stieg sie bald zu einem kleinen Star auf. Aber dann gab es Schwierigkeiten mit einem Mafiaboss, Juliet musste die Stadt schnell verlassen, diesmal ohne Geld. Sie war nicht stolz aufdas, was sie getan hatte, um sich anschließend nach New York durchzuschlagen. Schließlich bot sich die Möglichkeit einer Überfahrt nach Europa. Juliet sang auf dem Luxusliner, der reiche Reisende nach London brachte, dann wechselte sie nach Paris. Drei Jahre tingelte sie durch den halben Kontinent – und sie genoss jede einzelne Nacht und oft auch die Tage. Juliet verliebte sich selten, aber sie küsste oft, ihr Leben war ein einziger Rausch.
Und dann kam das Engagement, das sie nach Australien und Neuseeland führte. Eigentlich eine Operntruppe, aber nicht sehr professionell. Juliet war nett zu ihrem Leiter, aber der Mann hatte schließlich ein anderes Mädchen gefunden – eine lange Geschichte. Juliet hatte versucht, eine Szene zu machen, und war sofort geflogen. Wobei sie einen Teil der Einkünfte mitgehen ließ, man hatte sie ohnehin zu schlecht bezahlt. Auf der Nordinsel hatte sie daraufhin jedoch nicht mehr bleiben mögen. Sie war auf die Südinsel übergesetzt, nur um festzustellen, dass die Städte hier noch biederer waren als im Norden. Es gab praktisch keine Varietés – und wenn Pubs oder Hotels junge Frauen anheuerten, um zu singen und zu tanzen, so handelte es sich im Grunde nur um bessere Bordelle.
Juliet war heilfroh gewesen, als sie zufällig Kevin Drury kennenlernte – und stellte überrascht fest, dass er sie auch noch nach einigen Wochen des Zusammenseins nicht langweilte. Im Gegenteil, sie genoss die Sicherheit, die Kevin ihr bot, die er aber durchaus mit Vergnügen zu verbinden wusste. Er war außerordentlich gut aussehend und sehr erfahren – Kevin verstand es, Juliet zu befriedigen. Gleichzeitig war er entzückt von ihren Kenntnissen darüber, wie man Männer glücklich machte. Er stellte keine Fragen – und er war großzügig. Wenn sie einen Wunsch äußerte, so war er schon so gut wie erfüllt, zumindest im Rahmen von Kevins finanziellen Möglichkeiten.
Juliet fand schnell heraus, dass er wohlhabend war, wenn auch nicht reich. Seine Praxis florierte, aber natürlich war es kein Großunternehmen, und er musste die Einnahmen ja auch noch mit seinem Kompagnon teilen. Immerhin würde er später einiges erben, die Farm seiner Eltern galt als Musterbetrieb. Und Juliet merkte zu ihrer Verblüffung, dass ihre Ansprüche sanken. Man musste kein ganzes Lokal mehr für sie mieten, um mit ihr tanzen zu dürfen, sie brauchte keinen protzigen Schmuck, den sie später nur wieder versetzte. Natürlich waren die gesellschaftlichen Anlässe, zu denen Kevin sie mitnahm, provinziell. Eine Vernissage in Dunedin, ein Konzert in Christchurch … Juliet war glänzendere Auftritte gewohnt. Aber andererseits hatte sie nie zuvor derartig Furore gemacht wie in diesem Provinznest! In Memphis, New York, Paris und Berlin war sie eine Schönheit unter vielen gewesen. Hier dagegen lag ihr die Männerwelt zu Füßen.
Juliet begann davon zu träumen, sesshaft zu werden, ganz zu dieser besseren Gesellschaft zu gehören – und sie gründlich aufzumischen. Wenn sie hier erst mal Empfänge gab, würde die ganze Südinsel darüber
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