Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Patrick wird es ein Vergnügen sein, mir gefällig zu sein«, meinte Juliet hoheitsvoll. »Bei deinen Eltern können wir vorbeifahren. Meine Güte, nun mach nicht so ein Gewese darum! Du fährst das Pferd von einem Drury-Stall zum anderen, und zwischendurch wird weder dich noch den Gaul jemand entführen. Also schirr das Tier jetzt an.«
Der Junge, Randy, gab schließlich klein bei, aber die Reise nach Elizabeth Station gestaltete sich quälend langsam. Randy schien größte Sorgen zu haben, die junge Stute zu überfordern und ließ sie deshalb stundenlang Schritt gehen. Dabei war die Straße gut ausgebaut, und man hätte zügig durchfahren können, obwohl es wieder mal regnete. Juliet ging das langsam auf die Nerven. Regnete es eigentlich ständig in diesem Land?
»Das sind die Tränen der Maori-Gottheit«, bemerkte Randy, als sie sich schließlich darüber beschwerte. »Ganz lustig, die Maori sagen, ursprünglich waren Himmel und Erde ein Paar. Die Himmelsgottheit hieß Rangi und die der Erde Papa. Aber dann mussten sie sich trennen, und darüber weint Rangi nun fast jeden Tag.«
Juliet schlug die Augen gen Himmel. »Beherrsch dich,Rangi«, murmelte sie dabei. »Es sind schon anderen die Liebsten weggelaufen, und die flennen auch nicht die ganze Zeit!«
Rangi antwortete natürlich nicht, sondern ließ den Regen weiter auf das ungenügende Dach von Patricks Chaise trommeln. Juliets eleganter, aber dünner Mantel war schon ganz durchnässt, und sie ärgerte sich, den Jungen nicht doch gezwungen zu haben, einen größeren Wagen anzuspannen. Er hatte eingewandt, dass es sich bei dem anderen Wagen um einen Zweispänner handle – aber das war Juliet gänzlich egal.
Missmutig überflog sie zum tausendsten Mal die knappen Zeilen, in denen Kevin ihr sein Verschwinden erklärte. Die Sache mit der Heirat sprach er dabei gar nicht an, stattdessen war von patriotischer Pflicht die Rede. Völliger Blödsinn, bisher hatte er nie sonderliche Sympathien für Neuseelands Mutterland gezeigt. Und auch dieses Land hier … Juliet blickte unglücklich hinaus in die regengeschwängerte Landschaft. Sie fuhren gerade an den alten Goldfeldern vorbei.
»Gabriel’s Gully«, sagte Randy, der sich ebenfalls langweilte, und wies auf eine mit spärlichem Gras bewachsene Einöde, nur gelegentlich unterbrochen durch die traurigen Reste einer Siedlung, die wohl nur aus Holzverschlägen bestanden hatte. »Es wächst jetzt langsam wieder zu, aber jahrelang war es nur eine Schlammwüste. Die Goldgräber haben es so oft umgegraben, bis jede Wurzel ausgerottet war.«
»Und, sind sie wenigstens alle reich geworden?«, fragte Juliet mit mäßigem Interesse.
Im Grunde kannte sie die Antwort, sie war auf allen Goldfeldern der Erde gleich: Auf wenige Gewinner kamen Tausende gescheiterter Existenzen.
»Bei Mr. Patricks Eltern hat’s immerhin für eine Farm gereicht«, meinte Randy. »Wir müssten jetzt auch bald da sein, Mr. Patrick sagt, sie wohnen nur ein paar Meilen von Lawrence entfernt. Wir können im Ort fragen.«
In Lawrence lebten die wenigen, die nach dem Goldrausch geblieben waren. Es war heute ein ländlich geprägter Ort, Versorgungsstation für die Farmer der Umgebung. Mehr als ein Pub, einen Gemischtwarenladen und ein Café hatte er nicht zu bieten, aber natürlich wusste jeder Einwohner, wo die Farm der Drurys lag. Neugierig starrten die wenigen Passanten, die trotz des Wetters unterwegs waren, die Frau in der Chaise an. Die exotische Schönheit, elegant, wenn auch nicht gerade praktisch gekleidet, würde am nächsten Tag sicher Stadtgespräch sein.
Randy ließ sich den Weg erklären und lenkte die junge Stute dann in die Berge, über immer noch gut ausgebaute, aber deutlich steilere und kurvigere Wege. Das Pferd wurde nun erkennbar müde und brachte die letzten Meilen nur quälend langsam hinter sich. Juliet wurde langsam mulmig zumute. Wie sollte sie zurück in die Stadt kommen, wenn das Pferd schon den Hinweg nicht schaffte?
Die Landschaft war hier bezaubernd schön, lichter Südbuchenwald, durchbrochen von Bächen, kleinen Teichen und Felshängen. Trotz des verhangenen Himmels erkannte man die Berge im Hintergrund, schneebedeckte Gipfel, schroff, aber imposant. Juliet hatte jedoch keinen Blick dafür. Sie war ein Stadtmensch – bisher auch eher ein Nachtschwärmer. Wenngleich sie in der letzten Zeit mehr Schlaf brauchte … Vielleicht war die Idee mit der Schwangerschaft doch nicht ihre beste gewesen.
»Hier, hier ist
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