Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
Sorgen.«
Lizzie blitzte sie wütend an. Ihre eigenen Sorgen reichten mühelos für zwei. Bevor sie jedoch etwas erwidern konnte, trat Michael ein. Randy kümmerte sich wohl noch um das Pferd.
»Miss LaBree.« Michael besann sich auf seine guten Manieren, wobei es ihm durchaus Spaß machte, der bildschönen Freundin seines Sohnes die Hand zu küssen. »Was führt Sie zu uns?«
»Das!«, sagte Lizzie hart und hielt ihm Kevins Brief hin. »Ich nehme an, auf dem Postamt liegt ein ähnliches Schreiben an uns. Wir haben das wohl unterschätzt mit Kevins Schwierigkeiten. Ich hielt es hauptsächlich für Torschlusspanik. Aber nun wissen wir es besser: Bevor er die Lady heiratet …«, sie wies auf Juliet, »… lässt er sich lieber erschießen.«
Auch Michael wurde ernst, als er den Brief las. Er fing sich aber deutlich schneller als seine Frau. »Nicht gerade schmeichelhaft für Sie, Miss Juliet«, lächelte er. »Aber sonst … reg dich nicht auf, Lizzie, er ist Arzt. Er wird in einem Hospital arbeiten, mit etwas Glück weit hinter den Linien. Fragt sich nur, was wir hier mit seiner ›Hinterlassenschaft‹ anstellen …«
»Sag nicht so was …«, murmelte Lizzie.
Juliet legte die Hand auf ihren Bauch. »Das zumindest wissen Sie …«, sagte sie bitter.
Michael nickte. »Kevin hat uns mitgeteilt, dass er Vater wird«, beschied er die junge Frau. »Und wir haben ihm geraten, Sie zu heiraten. Aber nun hat er ja eine andere Lösung gewählt,das Problem wenigstens hinauszuschieben. Was gedenken Sie nun zu tun, Miss LaBree?«
Juliet zuckte die Schultern. »Ich bin gänzlich mittellos«, erklärte sie knapp. »Ich habe mich darauf verlassen, dass Kevin …«
»Kevin wird ja einen Sold erhalten, nehme ich an«, meinte Michael mit Gemütsruhe. »Sicher wird er das Geld Ihnen und dem Kind zugänglich machen, und Sie könnten damit ein bescheidenes Leben führen. Wenn er dann zurückkommt …«
»Ich soll … ich soll das Kind … in Dunedin? Ohne Vater?« Juliet schaute ihn fassungslos an.
»Nun, Sie könnten anführen, dass Kevin Sie natürlich geheiratet hätte, hätte er von dem Nachwuchs gewusst. Das hat er eigentlich ganz geschickt eingefädelt, Lizzie, das muss man ihm lassen …«
Michael zwinkerte seiner Frau zu, deren Panik langsam abebbte. Lizzie kam wieder zum Denken. Michael – und diese impertinente Juliet – hatten Recht. Als Arzt war Kevin nicht sehr gefährdet, und dieser Krieg … England schickte hunderttausend Soldaten gegen eine Handvoll aufmüpfiger Bauern. Ein großes Blutbad sollte das also eigentlich nicht werden – zumindest nicht auf Seiten der Briten.
»Michael, nun lass mal«, unterbrach sie ihren Mann. »Ich kann schon verstehen, dass sich Miss Juliet nur ungern einem solchen gesellschaftlichen Spießrutenlaufen unterzieht. Ein anderes Angebot, Miss Juliet: Sie können hier auf Elizabeth Station bleiben und das Kind zur Welt bringen. Der Krieg kann ja nicht lange dauern – womöglich ist er schon vorbei, bevor Kevin ankommt. Bei der Übermacht der Engländer …«
Michael, dem es eben sichtlich Spaß gemacht hatte, Juliet ein bisschen zu piesacken, runzelte die Stirn. »Die hatten sie auch gegenüber den Iren!«, bemerkte er stolz. »Und trotzdem haben wir ihnen jahrelang widerstanden, wir …«
Lizzie winkte ab. »Den Iren haben sie keine Truppen aus dem halben Empire entgegengeschickt«, sagte sie kurz. »Und verzeih, Liebster, aber mit ein paar Schnapsbrennern in den Bergen konnten sich die Briten eher abfinden als mit einem Land voller Gold- und Diamantminen in den Händen religiöser Fanatiker. Nach dem, was man hört, ist sogar die Church of Scotland liberal gegen diese Buren. Die sind imstande, die Minen zu schließen, weil es nicht gottwohlgefällig ist, reich zu werden, ohne sich auf den Feldern abzuschinden. Darauf lässt England es nicht ankommen.«
Lizzies und Michaels kurzer politischer Schlagabtausch gab Juliet Zeit, sich eine Entgegnung zurechtzulegen, aber sie war, was selten vorkam, gänzlich sprachlos. Hierbleiben? Monatelang in dieser Einöde …
»Was meinen Sie also, Miss Juliet?«, kam Lizzie schließlich auf ihre Besucherin zurück.
Juliet spielte mit der Bordüre ihrer Kostümjacke. »Hier? Aber hier kann man doch kein Kind zur Welt bringen … ohne Ärzte, ohne Hebamme …«
Lizzie lächelte. »Meine drei sind alle hier zur Welt gekommen. Ein paar Meilen weiter liegt ein Maori-Dorf. Die Hebamme ist hervorragend, viel besser als jede
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