Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
vielleicht nicht gleich einsehen, aber auch ihm kann nichts Besseres passieren als dein Verschwinden. Also machen wir es kurz. Wie viel?«
Doortje schaute verständnislos, und Juliet lächelte jetzt, tatsächlich ein wenig irritiert.
»Ich verstehe nicht«, bemerkte sie. »Wieso soll ich gehen? Ich bin Patricks Frau, habt ihr das schon vergessen? Und Mays Mutter. Ich habe alles Recht der Welt, hier zu leben.«
Lizzie nickte gelassen. »Wie viel?«, wiederholte sie.
Juliet strich ihr Haar zurück. »Wie viel was?«, fragte sie scheinheilig.
»Geld, Juliet«, meinte Lizzie. »Davon verstehst du doch etwas. Gut, bisher hast du es eher dafür erhalten, zu kommen, statt zu gehen. Aber jetzt machen wir es mal anders. Also wie viel?«
»Du hältst mich für käuflich?« Juliet lehnte sich zurück.
Lizzie stöhnte. »Wir wollten es doch kurz machen, Juliet. Ich habe wirklich anderes zu tun. Aber gut, reden wir in ganzen Sätzen. Wie viel Geld verlangst du dafür, dass du heute noch verschwindest?«
»Wohin denn?«, fragte Juliet.
Lizzie rieb sich die Stirn. »Nach Amerika. Oder Europa. Oder auf die Fidschi-Inseln. Aber weg aus Neuseeland. Und das schnell!«
Juliet lachte. »So schnell geht das wohl nicht. Oder willst du mir gleich noch ein Schiff kaufen?«
Lizzie zuckte die Achseln. »Wenn es sein muss. Aber ich warne dich, es wäre nicht seetüchtig. Also wie viel?«
Juliet verschränkte die Arme. Sie dachte kurz über ihren Einstieg in die Verhandlungen nach. Sie musste die Summe sehr hoch ansetzen.
Schließlich lächelte sie. »Zehntausend Pfund.«
Lizzie verzog keine Miene. »Na also. Dann mach dich fertig, Juliet, bis Mittag solltest du aus dem Haus sein. Eine Chaise kannst du kutschieren, nimm die mit dem Verdeck, damit du nicht nass wirst, wenn es wieder regnet.«
Juliet sah sie verständnislos an. »Du willst … du zahlst … zehntausend Pfund?«
Ihre Stimme und ihre Gedanken überschlugen sich. Woher hatte Lizzie Drury eine solche Summe Geld?
Lizzie sprach jedoch schon unbeeindruckt weiter. »Fahr damit nach Dunedin, und stell das Pferd im Mietstall unter. Danach nimmst du den Zug nach Christchurch. So weit kommst du heute noch. Miete dich im White Hart ein. Innerhalb von drei Tagen, wenn eben möglich schon morgen, wird dich ein Anwalt aufsuchen. Du wirst die Einwilligung in die Scheidung von Patrick unterzeichnen sowie ein für alle Mal auf alle Rechte an deiner Tochter May verzichten.«
»Von May war bislang nicht die Rede!«, warf Juliet ein. »Wenn ich die Rechte auf sie abtrete, dann will ich … dann will ich fünftausend mehr!«
In Lizzies Gesicht stand nur noch Verachtung. »Interessant zu hören, was sie dir wert ist«, sagte sie kurz. »Du wirst also schriftlich und ausdrücklich auf alle Rechte an deiner Tochter verzichten, dafür wird dir der Anwalt fünfzehntausend Pfund in bar aushändigen. Und mit dem nächsten Schiff bist du dann weg.«
Juliet lächelte. »Und wenn ich nicht gehe?«, fragte sie.
Lizzies Gesicht wurde hart. »Es gibt Männer in diesemLand«, sagte sie, »die würden dich mir für sehr viel weniger als fünfzehntausend Pfund vom Hals schaffen. Leg es nicht darauf an!« Damit wandte sie sich um. »Komm jetzt, Doortje, wir gehen hinauf zum Maori-Dorf und dann zur Klippe. Nandé kann Juliet beim Packen helfen, die Kleinen nehmen wir mit. Vielleicht können wir die Männer noch von diesem Wahnsinn abhalten, sich da abzuseilen. Auch wenn ich meinen Schal natürlich gern wiederhätte. Es ist ein sehr schöner Schal … und man soll ja kein Geld verschwenden.« Sie lächelte Doortje verschwörerisch zu.
Doortje dachte an das Gold, das Lizzie im Garten versteckt hatte. Unzweifelhaft konnte man sich sehr viele Schals davon kaufen.
Oder die Freiheit von Juliet Drury-LaBree.
KAPITEL 4
Die Frauen im Maori-Dorf überschlugen sich vor Freude und Überraschung, als Lizzie mit den Kindern und Doortje dort auftauchte. Matariki umarmte sie zwischen Lachen und Weinen. Und konnte es kaum abwarten, mit ihr zu sprechen.
»Kevin hat mir alles erzählt, Doortje. Erinnerst du dich, dass ich mich sofort mit ihm zurückgezogen habe, als ich Abraham das erste Mal sah? Abe ist Atamie wie aus dem Gesicht geschnitten, ich wusste gleich, dass da etwas faul ist. Kathleen hat es auch auf den ersten Blick gesehen, aber die weiß nur von … der Vaterschaft … Von Colins Tod weiß sie nichts, das muss sie auch nicht erfahren. Und du darfst es mir glauben: Ich wollte Kevin dazu bringen,
Weitere Kostenlose Bücher