Die Tränen der Maori-Göttin - Lark, S: Tränen der Maori-Göttin
dass Kathleen …?«
Doortjes Stimme wurde tonlos. Sie hatte Kathleen gemocht, ihr vertraut … aber auch diese Frau hatte sie betrogen. Kathleen, die sie für ihre Freundin gehalten hatte, war die Mutter ihres Peinigers. Und auch sie musste von Abrahams Abkunft wissen …
Lizzie legte den Arm um ihre Schwiegertochter. Inzwischen war die Sonne ganz aufgegangen, Lizzie hoffte, dass es bald etwas wärmer werden würde. Doortje würde sich sonst den Tod holen in ihren nassen Kleidern. Aber vorerst konnte sie daran nichts ändern. Lizzie streichelte sanft Doortjes Schulter und begann zu erzählen. Von Kathleens und Michaels Jugendliebe, von ihrem gemeinsamen Sohn Sean und von Kathleens verzweifeltem Versuch, dem Kind einen ehrlichen Namen zu geben. Sie hatte damals den Viehhändler Ian Coltrane geheiratet und mit ihm zwei weitere Kinder bekommen, Colin und Heather.
»Aber Colin schlug nach seinem Vater, und als Kathleen schließlich vor Ian floh, wollte er nicht mit ihr gehen. Er blieb bei Ian und wurde genauso ein Gauner wie er. Und als ich Ian dann tötete …«
»Du hast Colins Vater wirklich getötet?«, fragte Doortje ungläubig. Erst jetzt verstand sie.
Lizzie nickte. »In Notwehr«, wiederholte sie. »Er … er wollte …« Sie musste sich zwingen, weiterzusprechen. Ian Coltrane hatte vorgehabt, sie zu vergewaltigen und zu töten. Es ging um den Goldfund unterhalb des Wasserfalls, über den heute Elizabeth Station wachte. »… er wollte mich umbringen«, sagte sie. »Aus Bosheit und Habsucht. Ich habe ihn mit einer Maori-Kriegskeule erschlagen.«
Doortje zitterte, aber jetzt war es nicht mehr die Kälte. »Colin hat …«, flüsterte sie, »… er hat … mir Gewalt angetan. Und meiner Schwester. Meine Schwester ist tot. Und ich … ich hab’s überlebt, aber ich war schwanger. Und jetzt … jetzt wissen alle, dass Abe … dass Abe nicht Kevins Kind ist, und sie denken … sie denken, ich hätte Kevin mit Coltrane betrogen.« Sie schluchzte.
Lizzie zog Doortje noch näher an sich und wiegte sie wie ein Kind. Endlich verstand auch sie. »O Gott, ich hätte es merken müssen«, seufzte sie. »Abe hat die gleiche Haarfarbe wie Atamarie – und er wird ihr auch sonst immer ähnlicher … Ich muss blind gewesen sein … Aber ich schwöre dir, Doortje, ich habe nichts gewusst!«
»Ich auch nicht«, weinte Doortje. »Ich wäre nie hierhergekommen, wenn ich gewusst hätte, dass es alle sehen würden … Diese Schande …«
Lizzie schüttelte den Kopf. »Also ich hab es bis jetzt nicht gemerkt«, wiederholte sie ruhig. »Und Michael auch nicht. Insofern nehme ich an, dass man es nur dann erkennt, wenn man Colin als Baby kannte. Und vielleicht auch, wenn man Atamarie in Abes Alter gesehen hat. Michael und ich haben sie erst als Kleinkind kennengelernt, Riki lebte damals in Wellington. ›Alle‹ wissen es also sicher nicht, genau genommen kommen nur Kathleen und Matariki infrage – eventuell noch Claire Dunloe. Wie Juliet dahintergekommen ist, kann ich mir beim besten Willen nicht denken … Wahrscheinlich rät sieauch mehr, als sie weiß …« Lizzie überlegte. Dann verhärtete sich ihr Gesicht. »Oder meinst du, dass Kevin …«
Doortje schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, so … so dumm kann er nicht sein, er … er gäbe sich damit ja auch in ihre Hände.«
Lizzie lachte. »Wegen der Vaterschaft? Na, weißt du …«
Doortjes Kopfschütteln wurde noch heftiger. »Nein, wegen … wegen des … des Mordes. Ich habe mich gerächt, Lizzie.« Doortje holte tief Luft. »Ich habe Colin Coltrane getötet. Mit einem Messer. Ich … ich schälte Kartoffeln … und …« Lizzie hörte sich die Geschichte fassungslos an. Doortje erzählte von Colins Tod, von Kevins unfreiwilliger Beteiligung an der Tat und von Robertas Idee, die Leiche verschwinden zu lassen. »Und Kevin bot mir an, mich zu heiraten. Ich brauchte doch … ich brauchte doch einen Vater für mein Kind.«
»Kevin muss dich sehr lieben«, sagte Lizzie schlicht, als ihre Schwiegertochter geendet hatte. »Und nein, ich glaube nicht, dass er mit Juliet über all das geredet hat. Er …«
Doortje funkelte sie an. »Warum redet er überhaupt mit Juliet? Wenn er mich so liebt, warum betrügt er mich dann mit ihr?«
Lizzie seufzte. Manchmal erinnerte sie Doortje wirklich an ein ahnungsloses Kind aus dem Lande Oz …
»Doortje, mein Michael … und ebenso dein Kevin … sie sind im Grunde gute Menschen. Hinreißende
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