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Die Traenen Des Drachen

Titel: Die Traenen Des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Trolljäger, denn der Pfeil habe seinen Schenkel durchstoßen, ohne etwas zu brechen. Er brach die Pfeilspitze ab und zog den Schaft aus der Wunde, ohne sich um Nojs Geschrei zu kümmern.
    Mit blutigen Händen wandte sich der Waldgeist dann mir zu, und ich dachte sofort daran, wie er Turvis zerschmettertes Bein abgetrennt hatte. Er fuhr mit seinen Fingern über meine Beine und legte sein Gesicht in Falten, ehe er Bul bat, Birkenrinde zu holen. Den Schülern befahl er, Fasern von der Rinde abzutrennen, die er dann in seinem Mund zerkaute. Ich wagte nicht zu fragen, was er vorhatte, denn falls mir die Beine abgenommen werden mussten, wollte ich das am liebsten gar nicht wissen. Doch Loke beruhigte mich, als er den Rindenbrei in die Wunden spuckte.
    »Das war knapp«, erklärte er lächelnd. »Aber diese Rindenumschläge werden deine Schmerzen lindern und die Wunden schnell verheilen lassen.«
    Noch ein Mund voll Brei landete auf meiner brennenden Haut. Danach sprach er mit Viani und erhielt ein Leinentuch, das er entzweiriss. Er wickelte es um meine Beine, und dann musste ich eine von Kirgits Winterhosen anziehen, damit der Verband nicht rutschte. Kirgit selbst brachte mir warmen Brei, und nach ein paar Schlucken von Nojs selbstgebrautem Bier fühlte ich mich so stark, dass ich eine Decke um mich schlug und mich an den Tisch setzte. Ich saß lange dort, Kinder, und konnte nicht begreifen, dass ich zweimal von den krettischen Scheiterhaufen gerettet worden war. Kirgit streichelte meinen Rücken und sagte, Kragg habe mich unter seine Fittiche genommen.
     
    Als die Sonne unterging, stützte ich mich auf einen Speerschaft und humpelte nach draußen. Ich wollte über das, was geschehen war, nachdenken und auch darüber, was geschehen würde, wenn der Gamle seine Wurzel nicht bekam. Ich hockte mich auf den Holzhaufen neben der Tür und streckte meine Beine vorsichtig aus. Die Schafe, die ich am ersten Tag unserer Wanderung durch das Gebirge gesehen hatte, standen nur einen Steinwurf von mir entfernt dicht gedrängt am Hang. Die Vögel kreisten über dem Tal, während die Dämmerung langsam von den Felswänden herabglitt.
    Nach einer Weile kamen die Waldgeister. Vile kletterte an meine Seite. Er legte seine Hand auf meinen Rücken und wischte sich mit seiner kleinen Faust sein Auge trocken. Er musste nichts sagen; ich verstand auch so, dass er Angst gehabt hatte.
    Bile begann, einen Zweig in kleine Stückchen zu zerbrechen, als hätte er nichts Besseres zu tun. Loke und Bul verschränkten die Arme vor der Brust, blieben stehen und starrten zum Himmel. Sie sagten nichts, doch in der Stille hörte ich die Verzweiflung. Sie hatten den Gamle betrogen. Jetzt mussten wir auf den ewig währenden Winter warten.
    »Es tut mir Leid«, sagte ich. »Ich hätte euch ein besserer Pfadfinder sein sollen. Wenn ich auf unserer Reise von Krugant nach Süden besser auf den Mast aufgepasst hätte, wären wir vielleicht direkt hierher gekommen. Dann wären wir längst zurück im Westwald.«
    Loke schaute zu den Vögeln empor, die noch immer über uns kreisten. Der Abendwind spielte in seinen schulterlangen Haaren. Doch Bul schob seine Daumen unter den Gürtel und trat breitbeinig auf mich zu. Er lächelte nicht, doch so wie er mich ansah, wusste er etwas, das ich nicht wusste. Vile begann zu grinsen. Bile sammelte die Holzstückchen in einer Hand zusammen und legte die andere auf Buls Schulter.
    »Erzähl es ihm jetzt. Vielleicht gibt das ja ein bisschen Trost.«
    Bul kniff die Lippen unter seinem Bart zusammen, denn jetzt zuckte ein Lächeln an seinen Mundwinkeln. Loke strich sich mit den Händen über den Bart und räusperte sich dann.
    »Ich bin stolz auf unseren Bul. Wir haben die Wurzel gefunden, weißt du. Wir haben sie im Lager der Kretter gefunden.«
    Ich sprang von dem Holzhaufen auf, ohne mich um meine schmerzenden Knie zu kümmern. Die Waldgeister hatten endlich die Rote Runde Wurzel gefunden!
    »Wo ist sie?«
    Loke lachte derart, dass seine Augen in den Falten verschwanden. Bul hob seinen Zeigefinger, deutete auf mich und drehte ihn dann um und zeigte auf seinen Bauch.
    »Du hast sie gegessen?« Ich musste einfach fragen, auch wenn es eindeutig war, so wie der Waldgeist dastand und sich auf den Bauch klopfte.
    »Er musste«, erklärte Bile lachend. »Der Kretter kam. Wir haben sie in dem Pferch gefunden, in dem sie uns gefesselt hatten. Komm schon Bul, spuck sie aus!«
    Er klopfte Bul auf den Rücken.
    »Ja, warte nicht, bis sie am

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