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Die Traenen Des Drachen

Titel: Die Traenen Des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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mich gut, doch meine Ratschläge wollten sie nicht hören. Für sie war ich nie etwas anderes als ein merkwürdiger Geschichtenerzähler, der in Rätseln zu ihnen sprach. Ihr, Freunde, seid die Kinder des neuen Volkes. Die Herumstreifer waren eure Großeltern. Und deshalb erzähle ich euch meine Geschichte, auf dass ihr Bescheid wisst.
     
    Du fragst, Ekri, warum mir die Vögel nie erzählt haben, wohin das Felsenvolk gegangen ist?
    Ich habe sie angefleht, Freunde. Ich bin in der Kalane niedergekniet und habe um eine Antwort geweint. Aber sie wollten mir nichts sagen. Sie konnten nicht.
     
    Ich weiß jetzt, dass die Lawine ein Zeichen von Kragg war. Er wollte, dass das Felsenvolk von hier verschwand. Aber ich weiß nicht, wohin er sie gebracht hat, und verstehe nicht, warum er mich noch so lange, nachdem sie gegangen sind, am Leben lässt.
    Manchmal denke ich, etwas falsch gemacht zu haben. Vielleicht hätte ich mit dem Felsenvolk gehen sollen, vielleicht hätte ich sie begleiten sollen, wo immer sie hingegangen sind? Und wenn es ihr Volk nicht mehr gibt – vielleicht hätte ich ihr Schicksal teilen können? Aber der Wille der Götter ist schwer zu verstehen.
     
    Seit Kirgits Tod ist viel Zeit vergangen. Auch wenn ich ihr nie Kinder gegeben habe, so war sie doch meine Frau. Und was hätte ich mir mehr wünschen können? Ich hatte eine schöne Zeit mit ihr. Die Erinnerung daran hat mich unzählige Winternächte warm gehalten. Und das ist alles, was mir jetzt geblieben ist: Erinnerungen. Ich habe meine Gedanken nicht aufgeschrieben, wie es der vorige Vogelmann getan hat. Warum sollte ich das tun? Mein Volk hat mich vor langer Zeit verlassen. Ich werde meine Erinnerungen mit mir nehmen – ihr seid die Einzigen, die sie weitererzählen können.
     
    Schlag die Decke vor der Tür zur Seite, Kleiner Tenn. Ist die Nacht vorüber? Ich kann nichts sehen.
    Nein, Ekri. Das sind keine Tränen. Der Rauch brennt in meinen Augen.
    Alles ist so still. Hat sich der Schneesturm gelegt? Das ist gut so.
    Helft mir nach draußen, Freunde. Stützt mich, während ich meine Flügel zusammenfalte. Lasst uns zum Grab gehen. Ich will, dass ihr wisst, wo es ist. Und dort will ich Abschied nehmen.
    Denn ihr versteht jetzt. Ihr versteht, dass ich nicht mehr länger warten kann. Ich werde im Westen in die Berge gehen. Ich werde den höchsten Gipfel erklimmen und dort, dort werde ich die endgültige Verwandlung geschehen lassen.

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