Die träumende Welt 01 - Der Traumstein
dazu gebracht, zurück in den Turm zu kommen?«
»Ich habe ihnen einfach gesagt, sie sollen es tun«, antwortete Gemma.
»Und wie?«
Die Prinzessin dachte nach. »Sie waren nicht glücklich«, sagte sie schließlich, offensichtlich recht verwirrt.
»Und du hast sie glücklich gemacht?«
Sie nickte langsam. »Dann habe ich sie dir zurückgebracht. War das nicht richtig?«
»Oh, doch!« erwiderte Cai begeistert. »Wenn nicht ...« Er unterbrach sich. »Aber wie bist du durch den Schild gekommen?«
»Welchen Schild?«
Cai betrachtete sie nachdenklich. »Weißt du, Gemma, ich wäre gar nicht überrascht, wenn du eines Tages auch Magierin werden würdest.«
Mit einem Ruck kehrte Gemma in die Gegenwart zurück, als einer der Feiernden sie im Vorbeigehen anrempelte. Sie hatte Tränen in den Augen, als sie sich an ihre Reaktion auf Cais überraschende Behauptung erinnerte.
»Würdest du mich dann heiraten?« hatte sie ihn sofort gefragt. Es war nicht das erste Mal, dass das Kind dem Zauberer diese Frage gestellt hatte, aber es sollte das letzte Mal sein.
Wie sich seitdem alles verändert hat, überlegte sie voller Wehmut. Auf so vielfältige Weise.
Die Welt hatte sich verändert - war sprichwörtlich von Der Zerstörung umgewandelt worden. Viele aus ihrer Familie und ihrer Freunde waren mittlerweile tot. Cai hatte sich verändert, er glaubte nicht mehr an Zauberei, leugnete seine eigenen Fähigkeiten und erst recht sämtliche verborgenen Fähigkeiten, die Gemma vielleicht besaß. Während ihres Heranwachsens war dies der einzige Streitpunkt zwischen den beiden gewesen.
Ich habe mich auch verändert, überlegte sie und wunderte sich über das Schicksal, dass sie soweit fortgelockt hatte, bis in dieses lärmende Gasthaus in einer korrupten Stadt voller fremder Menschen, Hunderte von Meilen von dem einzigen Ort entfernt, den sie als ihr Zuhause bezeichnen konnte.
»Ein bisschen viel getrunken, was?« meinte einer der Feiernden, als er Gemmas aufgequollene Augen und ihr trauriges Gesicht sah. Er lächelte gönnerhaft.
»Nein«, entgegnete sie trotzig. »Nicht genug!«
Und hielt ihr Glas hin, um es füllen zu lassen.
21 . KAPITEL
An diesem Abend lag Gemma im Bett, lauschte auf Ardens gleichmäßigen Atem und wäre gern ebenso leicht eingeschlafen wie er. Selbst die großen Mengen Bier, die sie schließlich doch noch getrunken hatte, ließen ihren rastlosen Verstand nicht zur Ruhe kommen. Erinnerungen, alte und neue, stritten um ihre Aufmerksamkeit.
Ruhelos warf sie sich unter den Laken hin und her, drehte sich, wie es schien, zum zwanzigstenmal um und konnte doch keine bequeme Lage finden. Wenigstens hatte sie sich bei ihrer Rückkehr auf das Zimmer durch das Ablegen der Kleidung Erleichterung verschaffen können. Sie hatte sie sich vom Zimmermädchen, das sie ins Vertrauen gezogen hatte, zusammengeliehen. Nach einer Weile war sie so warm und eng geworden, dass ihre Haut angefangen hatte, unerträglich zu jucken. Als Gemma merkte, dass die Leute sie seltsam ansahen, wusste sie, dass es Zeit war zu gehen. Sie hatte sich alleine davongeschlichen und sich bereits in Gemma zurückverwandelt, als Arden nachkam.
»Gar nicht schlecht, das Gasthaus«, hatte er gelallt, bevor er sich lachend auf das Bett fallen ließ. »Hoffentlich hat dich niemand hereinkommen gesehen. Könnte vielleicht auf dumme Gedanken kommen.« Er gluckste in sich hinein und starrte an die Decke. »Kein Mensch würde glauben, dass du eine Prinzessin bist.«
Gemma musterte ihn nachsichtig und sah, dass er zu keinem Gespräch fähig war. Was schade war, denn sie hätte ihn gerne so viel gefragt. Trotzdem brachte sie es nicht fertig, ihm das ausgelassene Feiern übelzunehmen. Sie half ihm beim Ausziehen und deckte ihn zu.
»Du hast die Stelle«, waren seine letzten Worte, bevor er in einen tiefen Schlaf fiel.
Die letzten Geräusche der späten Gäste waren bereits verklungen, als Gemma immer noch hellwach dalag. Wenn sie die Augen schloss, statt die Wände des dunklen Zimmers anzustarren und zu versuchen, sich einem Reim auf das zu machen, was mit ihr geschah, wurden ihre Erinnerungen nur noch lebhafter.
Wie sehr sie es auch versuchte, sie wurde das Gefühl nicht los, dass endlich etwas in ihr geboren worden war, etwas, das lange versteckt und unterdrückt brachgelegen hatte. Und das sie nur als Magie bezeichnen konnte.
Weißt du, Gemma, ich wäre nicht überrascht, wenn du eines Tages selber Magierin werden würdest.
Sie hörte Cais Stimme so
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