Die träumende Welt 01 - Der Traumstein
warteten die Pferde gleich außerhalb der Stadtmauer. Arden sah schnell nach Halfter und Ausrüstung und bedankte sich bei dem Jungen, der sie versorgt hatte. Der Junge verschwand ohne ein Wort, und die Reisenden brachen auf. Langsam ritten sie durch das Gewirr aus behelfsmäßigen Hütten, doch diesmal wurden sie nicht mit Argwohn oder neidischen Blicken empfangen. Zu ihrer Verwunderung lächelte man ihnen gelegentlich sogar zu. Offenbar reichte Jordans Unterstützung bis vor die Mauern von Great Newport.
Sie vermieden die aus der Stadt führenden Hauptstraßen, erreichten den Rand der Barackensiedlung und ritten über offene Steppe, Richtung Südosten. »Haltet euch etwa drei Meilen weit von der Küstenstraße fern«, hatte Hewe ihnen geraten. »Danach ist die Chance gering, dass ihr auf eine Patrouille stoßt - sie entfernen sich nicht gerne weit von ihrem Mittagessen.«
Als sie die engen Wege hinter sich hatten, war die Versuchung groß, ihre Pferde in einen Galopp fallen zu lassen, um die widerwärtige, bedrohliche Stadt so schnell und so weit wie möglich hinter sich zu lassen. Sie hielten sich jedoch zurück, denn es wäre vermutlich dumm oder gar gefährlich, jetzt die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Sie waren schon so vielen Fallen aus dem Weg gegangen, außerdem wären Lark und Mischa nicht gerade begeistert, wenn sie schon zu Beginn einer langen und harten Reise so hart arbeiten müssten. Trotzdem, mit jedem Schritt, der sie weiter von Great Newport entfernte, stieg ihre Stimmung. Sie waren frei!
Dies verdankten sie zum großen Teil Jordan und seinen Freunden. Nachdem der Entschluss, aufzubrechen, einmal gefallen war, hatte man Arden und Gemma ein Stück weit durch das riesige Untergrundnetz unterhalb der Stadt geführt und war schließlich in einer Hütte hinter dem Osttor zum Vorschein gekommen. Die Existenz der wenigen Tunnel, die unter der Stadtmauer hindurchführten, war ein wohlgehütetes Geheimnis, und zwar eins, das eine führende Rolle spielen würde, sollten Jordans Pläne jemals Früchte tragen.
Durch die Wahl ihres Fluchtweges waren sie natürlich möglichen Schwierigkeiten mit den Torposten aus dem Weg gegangen. Es wäre fürchterlich riskant gewesen, ihren unerlaubten Aufenthalt in der Stadt erklären und Gemmas Identität verheimlichen zu wollen. Jordan meinte, es wäre eventuell zu arrangieren gewesen, aber nicht derart kurzfristig. »Schließlich haben auch meine Möglichkeiten ihre Grenzen!«
Jetzt ritten sie schweigend mit dem Ziel, den Rest des Tages ein gutes Stück voranzukommen. Beide waren mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, doch nach einer Weile, als sie sich an die Bewegungen der Pferde gewöhnt hatten, drehte Gemma sich um und blickte in den Himmel.
»Was dort wohl passiert?« überlegte sie leise, nachdenklich. Auch Arden drehte sich um.
»Hoffentlich brennt sie nieder«, erwiderte er mürrisch. Einen Augenblick später merkte er, was er gerade gesagt hatte, und musste lachen. Ein entspanntes Lächeln huschte über Gemmas Gesicht. »Vielleicht hätte ich dich dort lassen sollen«, meinte er. »Du hattest doch schon ganz gut angefangen.«
»Ich wäre fast geblieben«, meinte Gemma leise.
»Ich weiß.« Kurz darauf fügte er hinzu, »Bedauerst du, dass du abgereist bist?«
»Irgendwie ja.«
Sie ritten schweigend weiter. Arden verheimlichte ihr, wie sehr ihn ihre Worte verletzt hatten. Als die Sonne unterging, glaubte Gemma einen schwachen blauen Lichtkranz an ihrem Rand zu sehen, entschied aber, es sei nur Einbildung. Sie blickte fort, und Punkte tanzten vor ihren Augen.
»Ich will dir wirklich nicht misstrauen, Gemma«, meinte Arden plötzlich mit einem flehenden Unterton. »Nur gibt es bereits zu viele reale Dinge in dieser Welt, um die ich mich kümmern muss. Ich werde nie an deine Zauberei glauben können, solange ich keine Beweise gesehen habe. Das verstehst du doch, oder?« Er sah sie an, einen flehenden Blick in den grünen Augen.
Überrascht über seinen Ausbruch antwortete Gemma eine Weile nicht. Schließlich meinte sie: »Ich verstehe es. Aber das macht es auch nicht leichter.«
»Möchtest du ... möchtest du zurück?« fragte er zögernd.
»Nein. Ich möchte das Tal sehen. Es ist wichtig - das hat sogar Jordan erkannt«, meinte Gemma. Außerdem muss ich immer noch nach Süden. Die Sehnsucht ist immer noch da.« Im stillen fügte sie hinzu: Außerdem möchte ich mit dir gehen.
»Ganz bestimmt?«
»Ja. Willst du nicht, dass ich mitkomme?« Sie
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