Die träumende Welt 01 - Der Traumstein
Jordan, den Blick auf Gemmas Gesicht geheftet.
Sie zögerte.
»Wieso fragst du?« erkundigte sie sich nach einer Weile.
»Nur so eine Idee.«
»Ich bin nicht sicher«, sagte sie und beantwortete seine ursprüngliche Frage. »Ich glaube ja, aber manchmal kommt mir das alles absurd vor.« Sie beschrieb ihre Gefühle in diesem Augenblick so gut es ging und sah, wie die beiden Männer Blicke tauschten. »Aber ich überspringe zu viel«, fügte sie hinzu. »Davor ist noch eine Menge passiert.«
Gemma erzählte, wie sie sich im Gasthaus gelangweilt hatte und sie schließlich von Mendle gefangen worden war. Jordan und Hewe fragten sie genau nach den Ereignissen aus, die der Versteigerung vorausgingen, jede Einzelheit wollten sie wissen, doch Gemma erklärte, ihre Erinnerung en diese Zeit sei recht verschwommen. Und sie erzählte ihnen auch, warum.
»Drachenblumen!« rief Hewe überrascht. »Er hat wirklich nichts riskiert.«
»Eigentlich doch«, erwiderte Gemma und erzählte ihnen von der Versteigerung und den dramatischen Ereignissen, die zu ihrem Abbruch geführt hatten.
»Bei den Göttern!« meinte Hewe atemlos. »Und du meinst, wir gehörten eigentlich auf die Bühne.«
»Das hast du alles getan?« fragte Jordan noch einmal nach. »Alleine?«
»Was genau, weiß ich selber nicht«, meinte Gemma. Sie brachte es nicht über sich, das Wort >Magie< zu benutzen, denn sie dachte daran, wie empfindlich Arden darauf reagiert hatte. »Ich weiß nicht, wie es dazu kam oder was genau passiert ist, aber ich war dafür verantwortlich. Dessen bin ich sicher.«
»Ich wäre zu gerne dabei gewesen«, meinte Jordan.
»Zum Glück warst du nicht dabei«, entgegnete sie. »Du scheinst mir nicht der Typ zu sein, der Sklaven hält.«
»Danke«, erwiderte er, seinen Kopf verneigend.
»Danach stand fest«, fuhr sie fort, »dass ich mich verkleiden musste.«
»Verständlich«, meinte Hewe trocken.
»Und dabei habe ich dich im Gasthaus kennengelernt.« Jordan nickte wie zur Bestätigung, und Gemma wartete einen Augenblick. »Was du an dem Abend erzählt hast, was hatte das eigentlich zu bedeuten?«
»Darüber reden wir später«, antwortete er. »Jetzt erzähl erst mal, wie du die Dinge siehst.«
»Viel gibt es nicht mehr zu erzählen«, meinte sie. »Von der Vorverhandlung und den Gänsen wisst ihr bereits.«
»Und von der darauffolgenden Feier«, meinte Hewe grinsend. »Da warst du vermutlich wieder Pazia.«
Gemma nickte. »Warst du auch da?«
»Der Untergrund hat seine Augen überall«, verkündete Jordan melodramatisch. Gemma sah ihn an. »Naja, fast überall«, gestand er.
»Wenigstens in den meisten Gasthäusern«, fügte Hewe hinzu.
»Das überrascht mich nicht«, lachte Gemma. »Naja, und danach blieb nichts weiter, als auf die eigentliche Verhandlung zu warten. Auf heute. Ich glaube, nach dem Urteilsspruch bin ich durchgedreht. Einen Augenblick lang wusste ich nicht mehr, was ich tat.«
»Ich bin überrascht, dass du den Laden nicht niedergebrannt hast«, bemerkte Hewe.
»Hätte ich vielleicht sogar! Aber ich bin noch rechtzeitig wieder zu Sinnen gekommen und konnte fliehen - knapp. Ich bin immer weitergelaufen - und hier gelandet«, schloss Gemma.
»Spratt und die Kinder haben sie entdeckt, als sie von der Rattle Alley heruntergeklettert kam«, meinte Hewe zu Jordan. »Dann haben sie sie zu mir gebracht.«
»Zeig ihnen, dass wir zufrieden mit ihnen sind«, forderte ihn der schwarze Mann auf.
»Leben diese Kinder wirklich auf der Halde?« fragte Gemma.
»Mal hier, mal da. Mach dir um sie keine Sorgen - sie wissen, wie man überlebt. Du scheinbar auch.«
»Genau das meint Arden auch«, antwortete Gemma verlegen. »Aber jedesmal verdanke ich anderen mein Überleben.«
»Das gehört dazu«, warf Jordan ein. »Man muss wissen, wen man sich zunutze machen, wem man vertrauen kann.«
»Mir zum Beispiel«, fügte Hewe hinzu. Er breitete seine Hände aus. Sein Gesicht war ein Bild der Unschuld, als er zu einem imaginären Publikum sprach: »Würdet ihr diesem Mann in ein Loch in der Erde folgen?«
»Ich hatte keine Wahl«, meinte Gemma schmunzelnd.
»Stimmt. Aber warum deshalb die hohe Meinung verderben, die ich von mir habe?«
Vom Tunnel her waren Schritte zu hören. Hewe erstarrte und lauschte. Als es an der Tür klopfte, im gleichen Rhythmus wie zuvor, trat er hinter den Spion, dann entriegelte er die Tür und öffnete sie. Davor stand Paule. Hewe sagte etwas zu ihm, dann ging er wieder. Hinter ihm verbarg
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