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Die Trasse von A'hi-nur

Die Trasse von A'hi-nur

Titel: Die Trasse von A'hi-nur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Andenkending, kaum zu irgend etwas nütze.
    »Ja, wir haben hier eins«, sagte ich, »aber nur ein ganz kleines!«
    »Um so besser«, antwortete Achmed, »nehmen Sie bitte die kleinste Klinge, und versuchen Sie, wie tief Sie in die Rille eindringen können!«
    Ich klappte die kleine Klinge heraus und kratzte in der Rille. Tatsächlich, nach und nach gelang es mir, den größeren Teil der Klinge in die Rille zu stecken – es war eine Fuge! Offenbar stießen hier zwei Steinblöcke zusammen!
    Ich teilte Achmed das Ergebnis mit. Ein tiefer Seufzer der Erleichterung kam aus dem Funkgerät. Dann sagte er: »Und nun verfolgen Sie bitte die Fuge, soweit Sie können. Bis Ihnen etwas Besonderes auffällt!«
    Die Sandschicht, die auf dem Fels lag, war dünn; sie bestand wohl nur aus dem kleinen Teil des aufgewirbelten Sandes, der sich nach der Sprengung wieder auf das Plateau gesenkt hatte. Mit einem Tuch konnte ich ihn beiseite schieben und die Fuge freilegen.
    Trotzdem war es nicht einfach, vorwärts zu kommen. Ich mußte mich bücken, um die Fuge genau zu sehen, und der Sand war zum Teil so fein, daß er von der kleinsten Bewegung aufgewirbelt wurde, in der Luft stehenblieb und in Augen, Nase und Mund brannte. Ich mußte mir ein Tuch vor den Mund binden, um überhaupt atmen zu können. Außerdem verdrossen mich Achmeds Fragen, die immer wieder aus dem Funkgerät drangen und mich zur Antwort nötigten. Im allgemeinen bin ich gegen so etwas unempfindlich, aber ich möchte den sehen, der in solcher Situation nicht ärgerlich wird.
    Im Grunde genommen war mir nämlich bis zu der Entdeckung, die ich gleich darauf machte, noch gar nicht richtig ins Bewußtsein gedrungen, was diese Fuge bedeutete. Ich war immer noch der Sprengingenieur, den störende Umstände von seiner eigentlichen Arbeit abhielten.
    Erst was ich nun sah, ließ mich plötzlich die ganze Bedeutung unserer Entdeckung – na, nicht erkennen, aber doch ahnen. Es muß ein komisches Bild gewesen sein, wie ich mitten im Schritt regungslos verharrte, gebückt, die eine Hand auf dem Boden, während aus dem Funkgerät unablässig die Fragen drangen: »Was sehen Sie? Warum gehen Sie nicht weiter? Was ist denn? Sehen Sie etwas?«
    Ja, ich sah etwas! Auf die Fuge, die ich verfolgt hatte, stieß im rechten Winkel eine andere!
    Das aber konnte nur bedeuten, daß das Plateau aus riesigen Blöcken zusammengesetzt war, so wie die Terrasse von Baalbek, die mir in diesem Augenblick einfiel, aus gigantischen Steinquadern, vor wer weiß wie vielen tausend Jahren erbaut!
    Als ich mich gefaßt und Achmed die Entdeckung mitgeteilt hatte, schwieg er. Ich wartete auf seine Antwort, nun ungeduldig wie vorher er, dann fast mit Befürchtungen, weil er so lange schwieg. Doch als seine Stimme kam, war sie erlöst und glücklich. Ich hörte das heraus, obwohl er nur ganz einfache Worte sagte: »Ich danke Ihnen. Kommen Sie jetzt bitte zurück!«
    Auf dem kurzen Weg zum Zelt hatte ich mir schon zurechtgelegt, was sofort, was bald und was etwas später geschehen müsse. Die Tatsache, daß es hier offenbar wirklich Großes zu entdecken gab, hatte mich richtig aufgepulvert, und meine Gedanken übersprangen leichtfüßig Wochen und Monate. Ja, ich gebe zu, auch die Aussicht auf Ruhm spielte dabei eine Rolle. Man hält sich ja doch immer für ein bißchen edler, als man in Wirklichkeit ist, und ich stand hier zum ersten Mal vor der Perspektive, in den Schullesebüchern späterer Generationen aufzutauchen.
    Heute kommt mir das auch ein bißchen albern vor, aber damals stürmte ich in das Zelt und rief mit schmetternder Stimme: »Los, Inge, bestellen: zwanzig Faß Bodenspray, Korngröße des Sandes nicht vergessen, vier Kompressoren…«
    Aber dann brach ich mitten im Satz ab, weil Inge mir mit heftigem Winken beider Hände Ruhe gebot. Mit einer Kopfbewegung wies sie auf Achmed, der auf einem Klappbett lag und – schlief. Schlief mit dem seligsten Lächeln im Gesicht, das man sich vorstellen kann.
    »Es hat ihn fürchterlich aufgeregt«, flüsterte sie, »ich hab’ ihm eine Tablette aufgeschwatzt, aber er hat sie nur geschluckt unter der Bedingung, daß wir nichts unternehmen, bis er wieder wach ist!«
    Einen Augenblick lang war mir, als müsse ich durchdrehen. Aber dann schalteten meine Gefühle nach und nach auf normale Tourenzahl herunter, ich konnte mir nur nicht verkneifen zu bemerken: »Ich habe wohl überhaupt nichts mehr zu sagen!«
    Hätte ich es mir doch verkniffen! So etwas Eisiges wie das

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