Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin
bemerkt hatte. Und es hatte ihr gefallen, endlich einmal nicht auszusehen wie eine Agentin auf einem Geschäftstermin. Sondern wie eine begehrenswerte, attraktive Frau. Was hatte sie nur getan?
Auf jeden Fall würde sie die kurze, mit Perlen bestickteJacke dazu tragen. Probeweise legte sie sich die Jacke über die Schultern und betrachtete ihr Spiegelbild erneut. Ja, das löste das Problem vorübergehend. Schnell griff sie noch nach dem schweren silbernen Collier und ließ den Verschluss einrasten, als es an der Tür läutete. A. J. schlüpfte in die schwarzen Pumps, nahm ihre Handtasche und atmete noch einmal tief durch. Der heutige Abend ist nur Teil eines Experiments, erinnerte sie sich, und dann öffnete sie David die Tür.
Sie hatte nicht erwartet, dass er ihr ganz traditionell Blumen mitbringen würde. Für eine solch romantische Geste schien er ihr nicht der Typ.
Als sie vor ihm stand, stockte ihm der Atem. Er hatte nie zuvor wahrgenommen, wie gut sie aussah. Zugegeben, sie war auf eine kühle, unnahbare Art immer durchaus attraktiv. Heute Abend aber war sie wunderschön. Ihr Kleid, schlicht und elegant, umschmeichelte in fließenden Bahnen ihren Körper. Es war nicht aufdringlich, sondern brachte seine Trägerin perfekt zur Geltung. Es war einfach vollkommen.
Als er einen Schritt auf sie zutrat, wich sie unwillkürlich zurück.
„Auf die Minute pünktlich“, begrüßte sie ihn und brachte ein kleines Lächeln zustande.
„Wenn ich dich so ansehe, wäre ich gerne viel früher gekommen.“
Verlegen nahm sie den Strauß entgegen und bemühte sich, David ihre Rührung nicht spüren zu lassen. Am liebsten hätte sie den Kopf in den Blüten vergraben und den Duft der Rosen tief eingeatmet. „Vielen Dank. Sie sind wunderbar!“, sagte sie stattdessen. „Willst du noch einen Moment hereinkommen, während ich sie ins Wasser stelle?“
„Nein, ich warte hier.“ Es musste genügen, sie anzusehen.
„Gib mir eine Minute.“
Als sie sich umwandte, um eine Vase zu holen, ließ er seinen Blick über ihren Nacken wandern, weiter über die weiche Linie ihrer Schultern und hinunter zu dem tiefen Rückenausschnitt. Bei jedem ihrer Schritte schmiegte sich die weiche Seide sanft an die Rundung ihrer Hüften. Beinahe hätte er sich die Einladung noch einmal überlegt.
Um sich abzulenken, sah er sich in ihrer Wohnung um. Ganz offensichtlich hatte sie einen gänzlich anderen Geschmack als Clarissa.
Das Apartment wirkte genauso kühl wie seine Bewohnerin und ebenso geradlinig. Die Wände waren in kühlen Tönen gehalten. David fragte sich, wer hier lebte – Aurora oder A. J. Ihre penible Ordnung, die ihm schon im Büro aufgefallen war, setzte sich hier fort. Die Räume hatten Stil, aber keine Persönlichkeit. Die Einrichtung verriet nicht, wer hier lebte. Was war der Grund dafür, dass A. J. ihr Leben so sehr vor den Blicken anderer verbarg?
Mit den dunkelroten Rosen in einer schmalen, hohen Kristallvase kehrte sie schließlich zurück. „Wenn wir jetzt losfahren, sehen wir noch, wie die prominenten Gäste kommen und von den Fotografen belagert werden. Das ist spannender, als sie später beim Lunch zu erleben.“
„Du siehst aus wie eine Hexe“, murmelte er, „mit deiner schneeweißen Haut und dem pechschwarzen Kleid.“
Als sie nach ihrer Jacke griff, zitterten ihre Hände leicht. „Ein schlechter Scherz. Eine Urahnin von mir ist als Hexe verbrannt worden.“
Er nahm ihr die Jacke ab und hielt sie auf, obwohl er befürchtete, sie könne ihre atemberaubende Figur langfristigverhüllen. „Das wundert mich nicht.“
„Sie ist dem Hexenprozess in Salem zum Opfer gefallen.“ Mit aller Macht versuchte A. J. zu ignorieren, dass er mit seinen Fingern sacht ihre bloßen Schultern streifte, als er ihr in die Jacke half. „Ganz sicher hatte sie nicht mehr magische Kräfte als Clarissa. Es gibt uralte Dokumente zu ihrem Fall. Sie war fünfundzwanzig und hatte ihre Nachbarn vor einem Feuer in der Scheune gewarnt, das zwei Tage später tatsächlich ausbrach.“
„Und dafür wurde sie verurteilt?“
„Die Menschen reagieren panisch auf Dinge, die sie sich nicht erklären können.“
„Für den Film haben wir mit einem Mann in New York gesprochen, der Millionen an der Börse verdient und behauptet, er könne ‚sehen‘, welche Aktien steigen werden.“
„Die Zeiten ändern sich.“ A. J. nahm ihre Tasche, doch an der Tür blieb sie noch einmal stehen. „Meine Urahnin starb vollkommen verarmt. Ihr Name war
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