Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin
er sie unschlüssig wieder zurück. „Ja, ich fühle mich unbehaglich. Schließlich war ich noch nie in einer solchen Situation. Es ist eine seltsame Vorstellung, dass du mich durchschauen kannst. Damit kommt wohl jeder Mann nur schwer klar.“
„Natürlich.“ Sie stand auf. „Zweifellos muss ein Mann sich vor einer solchen Frau schützen. Ich bin dir wirklich dankbar für alles, was du für mich getan hast, David. Meine Sachen sind bestimmt trocken. Würdest du mir ein Taxi rufen, während ich mich schnell anziehe?“
„Nein.“ Er sprang auf und stellte sich ihr in den Weg, ehe sie aus der Küche gehen konnte.
„Bitte, mach es mir nicht noch schwerer – und auch dir nicht.“
„Das ist mir egal!“, stieß er hervor. „Ich kann es nicht ändern. Du machst mich verrückt. Seit ich dich kenne, kann ich keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich will dich, Aurora. Das ist alles, was zählt.“ Er zog sie an sich.
„Es wird dir später leidtun.“
Lächelnd sah er sie an. „Siehst du meine Zukunft voraus?“
„Mach keine Witze darüber.“
„Vielleicht wird es Zeit, das endlich einmal locker zu sehen. Und wenn du gerade meine Gedanken liest, wirst du sehen, dass ich an nichts anderes denken kann, als dich nach oben zu bringen, in mein großes, gemütliches Bett.“
Ihr Herz klopfte bis zum Hals. „Aber was wird morgen sein?“
„Wen interessiert das?“ Er küsste sie mit einem solch kraftvollen Verlangen, dass sie erschauerte. „Ich will dich, jetzt und hier. Und du willst mich auch. Das ist das Einzige, was mich interessiert. Bleib heute Nacht hier, Aurora.“
Zum ersten Mal ließ sie sich fallen. Sie würde das Risiko eingehen. „Ja, ich bleibe.“
7. KAPITEL
D as Mondlicht tauchte die Umgebung in einen silbrigen Schimmer. Ein leichter Luftzug trug ganz schwach den Duft von Hyazinthen mit sich. Von weit her kam das stete Rauschen des kleinen Bachs, der in der Nähe des Hauses durch den Wald floss. Wie bei einem Tier, das Gefahr wittert, war jeder Muskel in A. J.s Körper angespannt, als sie Davids Schlafzimmer betrat.
Das großformatige Bild hing an der gegenüberliegenden Wand. Sie hatte es gewusst. Rote und violette Linien auf weißer Leinwand, lebendig, energiegeladen. Ein Schauer durchfuhr sie, als sie ihr Spiegelbild entdeckte, undeutlich und verzerrt in einer Glastür.
„Ich habe genau diese Szene geträumt.“ Sie sprach so leise, dass ihre Worte kaum zu hören waren. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück. In die Wirklichkeit? In den Traum? Oder vermischte sich gerade beides auf unerklärliche Weise? Voller Panik blieb sie stehen. War das alles vorbestimmt? Folgte sie einem unsichtbaren Pfad, der begonnen hatte, als David zum ersten Mal in ihr Büro gekommen war?
„Ich will das nicht“, flüsterte sie und drehte sich um. Sie wollte fliehen, doch David stand in der Tür und versperrte ihr den Weg. Es war, als würde er sie magisch anziehen. Sie konnte sich nicht rühren, und sie hatte gewusst, dass genau das passieren würde.
Sie blickte zu ihm auf, so wie sie es schon einmal getan hatte. Sein Gesicht lag im Schatten, sie konnte ihn nicht klar erkennen. Doch seine Augen schienen das Mondlicht direkt einzufangen, und auch seine Stimme war klar – und voller Verlangen.
„Du kannst nicht immer weglaufen, Aurora. Nicht vor mir und nicht vor dir selbst.“
Ungeduld klang in seinen Worten mit, und sie ließ auch nicht nach, als er sie küsste. Er hatte sich nicht eingestanden, wie sehr er sie begehrte. Und ihre Unsicherheit, ihre Zweifel fachten ein tiefes, ursprüngliches Verlangen in ihm an, von dessen Existenz er nichts geahnt hatte. Er wollte sie nehmen, wollte sie ganz besitzen. Bei ihr empfand er nicht die prickelnde, kontrollierbare Vorfreude wie bei anderen Frauen. Seit dem ersten Kuss brannte er lichterloh, er musste sich zurückhalten, um sich nicht gewaltsam zu nehmen, was er so sehr begehrte. Als er spürte, wie ihr Widerstand brach, konnte er sich kaum mehr beherrschen.
Sie spürte seinen Mund voller Verlangen auf ihren Lippen, seine Hände kraftvoll und unnachgiebig auf ihrer Haut. Er hielt sie mit solcher Macht an sich gepresst, als wolle er sich etwas nehmen, das ihm zustand – mit oder ohne ihre Einwilligung. Allerdings wusste sie, dass letztendlich sie entschied, worauf sie sich einließ. Was auch immer sie tat, es würde Spuren in ihrem Leben hinterlassen. Wie ein Stein, den man ins Wasser warf, schlug jedes Handeln kleine oder größere Wellen. Doch
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