Die Traumfängerin - Roberts, N: Traumfängerin
als seien sie ein Fluch?“
Nicht mehr ganz so aufgewühlt wie zu Beginn des Gesprächs, lehnte sie sich wieder an den Tresen. „Mit zwanzig habe ich versucht, etwas aus meinem Leben zu machen“, fuhr sie fort. „Ich habe die Agentur gegründet und versucht, auf eigenen Beinen zu stehen. Dann traf ich diesen Mann. Er hatte einen kleinen Kiosk am Strand, vermietete Surfbretter und verkaufte Sonnenmilch, Strohhüte und so etwas. Es war so aufregend, zu sehen, dass jemand vollkommen frei von allen Zwängen und mit einer großen Leichtigkeit sein Leben meisterte, während ich mindestens zehn Stunden am Tag arbeitete, nur um halbwegs über die Run den zu kommen. Ich war noch nieernsthaft verliebt gewesen, mir hatte einfach die Zeit gefehlt. Heute weiß ich, dass es nur der Reiz des Besonderen war, was mich mit ihm verband. Damals aber hielten wir es für Liebe. Er hat mir einen kleinen, billigen Ring geschenkt mit dem Versprechen, ihn gegen einen Diamantring einzutauschen, wenn wir erst reich seien. Ich glaubte, er meinte es ernst.“ Als sie lachte, schwang Bitterkeit in ihrer Stimme mit. „Auf jeden Fall dachte ich, keine Geheimnisse haben zu dürfen vor dem Mann, mit dem ich meine Zukunft verbringen wollte.“
„Du hattest ihm zuvor nichts erzählt?“
„Nein.“ Ihr Tonfall war kampflustig, als erwartete sie Widerspruch. Doch als David still blieb, senkte sie den Blick und fuhr fort: „Ich machte ihn mit Clarissa bekannt, und dann erklärte ich ihm, dass … Ich hab es ihm gesagt.“ Sie bemühte sich, das Unaussprechliche zu vermeiden. „Er hat geglaubt, ich mache einen Witz, um ihn zu testen. Tja, vielleicht hatte er recht und ich wollte ihn prüfen, ehe ich den Rest meines Lebens mit ihm verbrachte. Nur – es war kein Scherz. Als ihm das klar wurde, sah er mich ganz seltsam an …“ Sie schluckte und versuchte, den Schmerz nicht wieder aufleben zu lassen.
„Das tut mir leid.“
„Wahrscheinlich hätte ich damit rechnen müssen.“ Mit einem Achselzucken versuchte sie, es abzutun, doch als sie nach dem Löffel griff und ihn gedankenverloren durch ihre Finger gleiten ließ, zitterte ihre Hand. „Danach habe ich ihn tagelang nicht mehr gesehen. Schließlich habe ich allen Mut zusammengenommen und bin zu ihm gefahren. Ich hatte vor, ihm mit einer großen Geste den Ring vor die Füße zu werfen. Im Nachhinein ist es beinahe lachhaft, wie er sich verhalten hat. Als ich vor ihm stand, hater mich nicht einmal angesehen.“ Mit einem zaghaften Lächeln schaute sie auf. „Es war unbeschreiblich.“
Sie war noch immer verletzt, das spürte er. Wie gern hätte er sie in die Arme gezogen und getröstet, doch er war nicht sicher, ob sie es zulassen würde. „Der falsche Mann zur falschen Zeit“, bemerkte er stattdessen.
Unwirsch schüttelte A. J. den Kopf. „Ich war die falsche Frau. Seither weiß ich, dass die Wahrheit nicht immer der beste Weg ist. Kannst du dir vorstellen, was es für meine Agentur bedeuten würde, wenn meine Klienten es wüssten? Diejenigen, die bei mir bleiben würden, würden mich fragen, welche Rollen sie erwarten. Einige würden mich wahrscheinlich sogar bitten, mit ihnen nach Las Vegas zu fliegen, um das große Geld zu machen.“
„Deshalb weiß niemand, dass Clarissa deine Mutter ist?“
„Genau.“ Sie griff nach ihrem Kaffee, der mittlerweile kalt geworden war, und nahm den letzten Schluck. „Doch ich befürchte, seit heute ist meine Fähigkeit ein offenes Geheimnis.“
„Mach dir keine Gedanken über das Team“, beruhigte er sie. „Ich habe ihnen aufgetischt, dass wir uns über den Mord unterhalten haben und es dich einfach sehr aufgewühlt hat, den Raum zu betreten, in dem das Verbrechen geschehen ist.“ Ohne zu fragen, schenkte er ihr Kaffee nach. „Vielleicht halten sie dich jetzt für ein wenig überdreht, aber das ist auch alles.“
Erleichtert schloss sie die Augen. Diese Fürsorge hatte sie von ihm nicht erwartet. Eigentlich hatte sie nicht einmal damit gerechnet, dass er Verständnis zeigen würde. „Danke.“
„Es wird dein Geheimnis bleiben, solange du es willst, A. J. Das verspreche ich dir.“
„Es muss für immer ein Geheimnis bleiben! Was hast du empfunden, als dir klar geworden ist, was mit mir los ist?“, wollte sie wissen. „War es dir unheimlich? Fühlst du dich unbehaglich in meiner Gegenwart? Ich habe das Gefühl, du fasst mich mit Samthandschuhen an.“
„Vielleicht hast du recht.“ Er zog eine Zigarette aus der Packung, dann schob
Weitere Kostenlose Bücher