Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt
vielmehr darauf, besser zu werden.« Ich nahm mir diesen Rat zu Herzen und schob jeden Gedanken an meine Webseite erst mal beiseite. Dann legte ich mir eine Gewohnheit zu, der ich bis zum heutigen Tag treu geblieben bin: Ich schrieb mir auf, wie viele Stunden ich im Monat damit verbrachte, konzentriert über Probleme mit meiner Forschung nachzudenken (zum Beispiel habe ich in dem Monat, an dem ich das erste Kapitel dieses Buches schrieb, 42 Stunden darüber nachgedacht).
Mithilfe dieser Strategie ist es mir gelungen, meine Aufmerksamkeit vor allem auf die Qualität meiner Arbeit zu lenken. Gleichzeitig hatte ich allerdings das Gefühl, ich näherte mich Martins Zielvorgabe nur Schritt für Schritt, so als hätte ich es noch nicht zu 100 Prozent verstanden. Doch als ich kurze Zeit später mit meinen Recherchen zu diesem Buch begann, dauerte es nicht lange, bis ich mich wieder darauf besann. Intuitiv hatte ich verstanden, dass eine bemerkenswerte Karriere davon abhängt. Auf diese Weise bin ich dann auf Jordan Tice gekommen: Mir war nämlich klar geworden, dass ich mit Leuten reden musste, die nach diesem Prinzip lebten, um es in seiner ganzen Bandbreite zu verstehen.
Als ich Tice zuhörte, während er mir von seinen täglichen Übungen erzählte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Er hatte in seiner Arbeit das Martin’sche Prinzip verinnerlicht. Wie Sie sicherlich noch wissen, ist er voll und ganz damit zufrieden, Tag für Tag, Woche für Woche in einer mehr als bescheidenen Unterkunft neue Griffe und Techniken bis zur körperlichen und geistigen Erschöpfung einzuüben, weil er davon überzeugt ist, dies mache sein Spiel noch einzigartiger. Seine Konzentration auf die Qualität seiner Arbeit erklärt auch seine Bescheidenheit. Überheblichkeit ergibt in Jordans Augen keinen Sinn. »Mein Re | 51 | spekt gilt all den Leuten, die etwas Bedeutungsvolles schaffen und die Welt daran teilhaben lassen.«
Mein Besuch bei Jordan hat mich richtiggehend beflügelt. Gut gelaunt vereinbarte ich ein Treffen mit Mark Casstevens, einem zynischen alten Hasen, um ihn nach seiner Einstellung zur Arbeit zu befragen. Mark ist Studiomusiker, kommt aus Nashville und hat sich seine Auszeichnungen redlich verdient. Er hat bei 99 der Nummer-eins-Hits der Billboard Charts mitgespielt. Als ich Mark von Jordan erzählte, stimmte er zu und meinte, dass die Besessenheit, erstklassige Musik zu produzieren, unter Profimusikern die Regel sei. »Qualität sticht die äußere Erscheinung, die Instrumente, die eigene Persönlichkeit und sogar die Kontakte«, erklärte er mir. »Studiomusiker wissen eines ganz genau: Das Band lügt nicht. Gleich nach der Aufnahme kommt die Wiedergabe; man kann seine Fähigkeiten, aber auch Unfähigkeiten nicht verbergen.«
Mir gefällt die Formulierung »Das Band lügt nicht«, da sie brillant zusammenfasst, was Spitzenperformer wie Jordan, Mike und Steve Martin motiviert. Wer nicht alles dafür tut, so gut zu werden, dass es alle merken, bleibt hintendran. Diese Klarheit begeistert mich immer wieder.
Ganz gleich, welcher Arbeit Sie nachgehen, wenn Sie Karriere machen und dabei viel Freude erleben wollen, müssen Sie die leistungsorientierte Einstellung verinnerlichen. Doch bevor wir damit weitermachen, möchte ich Ihnen noch die Gegentheorie vorstellen, der wohl die meisten Menschen anhängen.
Die leidenschaftsorientierte Einstellung zur Arbeit
Wir Menschen haben Erfolg, wenn wir uns auf die Frage konzentrieren, wer wir wirklich sind – und diese Erkenntnis dann mit der Arbeit verknüpfen, die uns am Herzen liegt, schrieb Po Bronson 2002 sinngemäß in seinem Programm, das von dem | 52 | Magazin Fast Company abgedruckt wurde. 19 Vermutlich kommt Ihnen das vertraut vor, denn das ist genau der Rat, den die Anhänger der Leidenschaftstheorie geben würden, die ich aber schon mit Regel 1 entmystifiziert habe. Bronsons Tipp ist ein Beispiel für die leidenschaftsorientierte Einstellung zur Arbeit. Dabei konzentriert sich der Arbeitende darauf, was die Welt ihm bieten kann, während es bei der leistungsorientierten darauf ankommt, was der Arbeitende der Welt zu bieten hat. Die überwiegende Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung favorisiert erstere Haltung.
Ich dagegen lehne sie aus zwei Gründen ab (soll heißen, aus zwei weiteren Gründen, denn wie ich unter Regel 1 bereits ausgeführt habe, basiert diese Geisteshaltung auf einer falschen Voraussetzung). Erstens, wer sein Augenmerk ausschließlich darauf
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