Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt
richtet, was ihm die Arbeitswelt zu bieten hat, wird vor allen Dingen feststellen, was ihm an seiner Arbeit gar nicht gefällt, was über kurz oder lang zu einer Unzufriedenheit mit seinem Job führt. Das gilt insbesondere für Berufsanfänger, denn in ihren Positionen werden sie in der Regel nicht mit aufregenden Projekten betraut, sie sollen noch nicht selbstständig Lösungen erarbeiten – all das kommt erst im Lauf der Zeit. Wer die Arbeitswelt betritt und gedanklich in der leidenschaftsorientierten Einstellung verharrt, dem werden die routinemäßigen Aufgabenstellungen oder die überhandnehmende Bürokratie schlicht zu viel werden.
Zweitens verbergen sich hinter der leidenschaftsorientierten Einstellung im Wesentlichen zwei Fragen – »Wer bin ich?« und »Was macht mir wirklich Spaß?« –, auf die es keine eindeutige Antwort gibt. Und damit wären wir bei dem größeren Übel angelangt. Auf die Fragen »Bin das wirklich ich?« und »Gefällt mir das?« gibt es in der Regel kein eindeutiges Ja oder Nein. Anders ausgedrückt ist die leidenschaftsorientierte Einstellung der Garant dafür, dass der Betreffende dauerhaft unzufrieden oder verunsichert ist. Das mag wohl der Grund dafür sein, dass Bronson bereits am Anfang seines Karriereratgebers What Should I Do With My Life? schreibt, dass wohl jeder das Gefühl kennt, sein Leben rausche an ihm vorbei. 20 | 53 |
Sich die leistungsorientierte Einstellung aneignen
Lassen Sie mich das Gesagte einmal zusammenfassen: Ich habe Ihnen zwei unterschiedliche Einstellungen zur Arbeit vorgestellt, die leistungsorientierte und die leidenschaftsorientierte. Bei ersterer steht im Mittelpunkt, was der Betreffende der Welt zu bieten hat, während zweitere darum kreist, was die Welt dem Betreffenden zu bieten hat. Der leistungsorientierte Ansatz ist eindeutig und klar, während der leidenschaftsorientierte eine Reihe widersprüchlicher und unlösbarer Fragen aufwirft. Nach meinem Treffen mit Jordan Tice bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die leistungsorientierte Haltung etwas Befreiendes hat: Sie sorgt nämlich dafür, dass man sich nicht (länger) fragen muss, ob der Job wirklich genau das Richtige für einen ist, sondern dass man sich mächtig ins Zeug legt, um wirklich gut darin zu werden. Niemand ist verpflichtet, Ihnen eine großartige Karriere anzubieten, dafür müssen Sie schon selbst sorgen – und das ist alles andere als ein Kinderspiel.
So gesehen würde es mich nicht weiter verwundern, wenn jemand Spitzenperformer wie Jordan Tice um ihr klares Ziel beneidet. Andererseits liegt hier die Essenz von Regel 2 vergraben: Hören Sie auf, leistungsorientierte Karrieristen zu beneiden! Machen Sie sie doch einfach nach! Anders ausgedrückt, rate ich Ihnen, sich nicht länger mit der Frage zu quälen, ob Ihr Job tatsächlich auch Ihr Traumjob ist, sondern alles dafür zu tun, darin so gut zu werden, dass es alle merken. Soll heißen: Ganz gleich, welcher Tätigkeit Sie nachgehen, machen Sie es den Topleuten Ihrer Branche nach.
Diese neue Einstellung brachte auch mich einen entscheidenden Schritt weiter. Doch wie ich feststellen musste, tun sich manche Menschen leichter damit und andere schwerer. Als ich mich auf meinem Blog mit der leistungsorientierten Einstellung auseinanderzusetzen begann, bekam ich mit, dass sich einige meiner Leser damit unwohl fühlten. Außerdem lieferten sie mir ein Gegenargument, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Lesen Sie selbst den Beitrag eines meiner Leser (hier sinngemäß übersetzt wiedergegeben): | 54 |
»Tice ist bereit, sich auch ohne Lob eines Dritten stundenlang mit seinen Fingerübungen abzukämpfen, aber das macht er doch nur, weil Musik schon von klein auf seine große Leidenschaft ist. Er hat seinen Traumjob gefunden.«
Ich habe diesen Einwand schon so oft gehört, dass ich ihm sogar einen Namen gegeben habe, und zwar: »das Argument von der bereits vorhandenen Leidenschaft«. Dahinter steckt die Vorstellung, dass die leistungsorientierte Haltung nur denjenigen offensteht, die ihrer Leidenschaft bereits gefolgt sind, weshalb es im Grunde keine Alternative zur leidenschaftsorientierten Haltung darstellt.
Tut mir leid, aber diesen Einwand lasse ich nicht gelten.
Erstens möchte ich behaupten, dass auch Spitzenperformer wie Jordan Tice oder Steve Martin nicht über jeden Zweifel an ihrer wahren Berufung erhaben sind. Wenn Sie sich mit Unterhaltungskünstlern unterhalten, die sich noch am Anfang ihrer Karriere befinden,
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