Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt
KARRIEREKAPITALISTEN
In diesem Kapitel zeige ich Ihnen, was sich in der Praxis alles mit Karrierekapital bewirken lässt – und zwar anhand von zwei Profilen, die damit eine beeindruckende Karriere gestartet haben, die ihnen obendrein auch noch sehr viel Freude bereitet.
Zwei Karrierekapitalisten
Alex Berger ist 31, erfolgreicher Drehbuchautor, und liebt seinen Job. Mike Jackson ist 29, Risikokapitalgeber für saubere Technologien, und liebt seinen Job ebenfalls. In diesem Kapitel möchte ich Ihnen ihre Geschichten erzählen, da sie die teilweise recht chaotische Umsetzung der leistungsorientierten Haltung in die Praxis sehr gut veranschaulichen. Alex und Mike hatten beide ein klares Ziel vor Augen: Sie wollten in ihrem Job die Besten sein – Leidenschaft war dabei nicht ihr Thema. Das dadurch erzeugte Karrierekapital haben sie dann dafür verwendet, sich eine beeindruckende Karriere aufzubauen. | 72 |
Fernsehen – eine eigene kleine Welt
Nehmen wir einmal an, dass Sie sich eine Stelle als Drehbuchautor für das Fernsehen wünschen. Als erstes Hindernis stellt sich Ihnen dann ein Typ wie Jamie in den Weg, den es zu überwinden gilt.
Jamie ist Ende 20 und hat kürzlich bei der Suche nach Drehbuchautoren für eine neue Show mitgewirkt. Er war damit einverstanden, dass ich einen Blick in die Welt des Fernsehens werfe, solange ich weder seinen richtigen Namen noch den der Show nenne. Was ich daraus gelernt habe, ist, dass es nicht einfach ist, dort hinzukommen. Aber der Reihe nach: Jamie erzählte mir, wie die Rekrutierung von Drehbuchautoren üblicherweise vor sich geht: Sie beginnt damit, dass der Produzent mehrere Künstleragenturen beauftragt, ihm Probescripte ihrer Autoren zuzusenden. Für diese bestimmte Show landeten über 100 Päckchen auf Jamies Schreibtisch, deren Inhalt Jamie nun lesen und bewerten sollte. Nur die besten 20 Drehbücher werden dann an den Produzenten weitergereicht. Man sollte wissen, dass die meisten Produzenten immer wieder auf ihre Lieblingsautoren zurückgreifen, da sie mit ihnen ja bereits gute Erfahrungen gemacht haben, was bedeutet, dass ein Job als Drehbuchautor fast so selten ist wie ein Lottogewinn.
Damit ich mir ein Bild von dem Konkurrenzkampf in diesem Geschäft machen konnte, überließ mir Jamie ein paar der von ihm bereits bearbeiteten Scripts einschließlich seiner Urteile. Von den rund 100 Bewerbern hatten alle bis auf 14 Drehbücher für bereits produzierte und ausgestrahlte Sendungen eingeschickt. Von den 14 Drehbüchern der bislang unbekannten Autoren war die beste Bewertung 6,5 von 10 möglichen Punkten. Die Mehrheit der Bewerber schnitt allerdings wesentlich schlechter ab. »Flach, ohne jegliche Spannung, keine mitreißenden Szenen, keine klugen Dialoge«, lautete Jamies vernichtendes Urteil über eines der Scripte, dem er vier Punkte gab. »Ich habe nur ein Viertel davon gelesen, aber mir fällt nur ein Wort dazu ein: suboptimal«, schrieb er über ein anderes. | 73 |
Anders ausgedrückt, es ist fast schon beängstigend, wie schwer es ist, im Fernsehen seinen Fuß in die Tür zu bekommen. Zugleich kann ich natürlich nachvollziehen, weshalb Tausende von mehr oder weniger begabten Drehbuchautoren in den USA unbedingt fürs Fernsehen arbeiten wollen. Zum einen spielt Geld dabei eine große Rolle, auch wenn man am Anfang nicht wirklich gut verdient. Je nach Erfolg der Serie wird man nach ein oder zwei Jahren zum Story Editor befördert und verdient dann deutlich mehr. Richtig interessant wird es erst, wenn man die nächste Stufe erklommen hat und Produzent wird. Dann hat man es nämlich geschafft, und der Rubel rollt. Spitzendrehbuchautoren verdienen in den USA ein Jahreseinkommen, das durchaus im siebenstelligen Bereich liegen kann.
Keine Frage, auch in anderen Jobs lässt sich jede Menge Geld verdienen. Wer bei Goldman Sachs schnell Karriere macht, kann sich schon mit Mitte 30 zu den Einkommensmillionären zählen (einschließlich Boni), nur ein paar Jahre später hat es auch ein Anwalt als Partner in einer angesehenen Anwaltskanzlei in diese Gehaltsklasse geschafft. Doch der Unterschied zwischen Hollywood und der Wall Street ist gigantisch. Stellen Sie sich einen Arbeitsplatz vor, an dem man keine E-Mails kennt, es keine Vertragsverhandlungen bis spät in die Nacht gibt, es keinen Grund gibt, sich mit dem vertrackten Anleihemarkt oder Präzedenzfällen auszukennen. Als Drehbuchautor müssen Sie sich nur auf eine Sache konzentrieren, nämlich gute Geschichten zu
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