Die Traumjoblüge - warum Leidenschaft die Karriere killt
schreiben. Diese Arbeit kann zwar anstrengend sein, zumal es oft gilt, enge Abgabetermine einzuhalten, aber jeder Auftrag ist nach einem halben Jahr abgeschlossen, man kann seiner Kreativität freien Lauf lassen, in kurzen Hosen zur Arbeit erscheinen, und wie mir schon mehrfach zu Ohren kam, sind die Catering-Unternehmen dort einfach nur fantastisch. (»Drehbuchautoren lieben gutes Essen«, war aus gut unterrichteten Kreisen zu hören.) Zur Jobbeschreibung eines Drehbuchautors gehören auf jeden Fall die von mir im letzten Kapitel besprochenen Elemente Kreativität, Einfluss und Selbstbestimmung, und genau das macht einen Job in der Fernseh- und Filmbranche so attraktiv. | 74 |
Als ich Alex Berger kennen lernte, hatte er es schon geschafft, in dieser abgeschotteten Welt Fuß zu fassen, da er das Drehbuch für einen Pilotfilm an USA Network verkauft hatte, wobei man wissen muss, dass das eigentlich bedeutet, eine Idee verkauft zu haben. Den Ablauf kann man sich in etwa so vorstellen: Der Drehbuchautor sitzt mit drei oder vier Führungskräften des Senders in einem Besprechungsraum und hat rund fünf Minuten Zeit, seine Vision vorzustellen. Bei großen Sendern wie USA Network erleben die Entscheidungsträger etwa 20 solcher »Vorstellungen« pro Woche. Anschließend einigen sie sich auf drei oder vier Drehbücher, die sie dann auch kaufen. Alex war einer der Glücklichen, dessen Idee gekauft wurde.
Doch bevor seine Sendung ausgestrahlt wurde, galt es für Alex, noch ein paar weitere Hürden zu überwinden. Doch allein die Tatsache, dass er sein Drehbuch an den Mann brachte, galt in dieser Branche als sehr beeindruckend – da ist jemand, der weiß, was er tut. Das Tüpfelchen auf dem i war für Alex jedoch, dass einer der Manager des Senders, dem Alex’ Präsentation gut gefallen hatte, ihn in der bereits laufenden Produktion der Agentenserie Covert Affairs unterbrachte, sodass er beschäftigt war, bis die Entscheidung über seinen Pilotfilm gefallen war. Nicht, dass Alex das nötig gehabt hätte, schließlich hatte er bereits mehrere Folgen unterschiedlicher Showformate geschrieben, die auch schon ausgestrahlt worden waren. Sein letztes Werk zuvor war die Stop-Motion-Comedy Glenn Martin DDS , eine animierte Zeichentrickfilmserie über einen Zahnarzt, die zwei Staffeln umfasste und deren Drehbuch er gemeinsam mit Michael Eisner geschrieben hatte. Anders ausgedrückt, es besteht kein Zweifel daran, dass Alex heute zu den etablierten Drehbuchautoren einer Branche zählt, die nur wenige neue Leute in ihre kleine Welt hineinlässt. Die Frage ist, wie hat er das bloß geschafft? | 75 |
Wie Alex Berger es nach Hollywood schaffte
Weshalb ist es denn überhaupt so schwierig für einen Drehbuchautor, Karriere in der Fernsehwelt zu machen? Weil in dieser Branche das Prinzip gilt: Der Stärkere gewinnt. Außerdem zählt hier nur eine einzige Sorte von Karrierekapital, nämlich die Qualität des Drehbuchs, und es gibt eine ganze Menge von hoffnungsvollen Leuten, die davon träumen, genug davon zu besitzen, um eine Handvoll Entscheidungsträger von ihren schriftstellerischen Qualitäten zu überzeugen.
In dieser Hinsicht besitzt Alex einen entscheidenden Vorteil: Bereits auf dem Dartmouth College hat er sich einen Namen als kühner und überaus erfolgreicher Debattierer gemacht. Bereits 2002 durfte er gemeinsam mit einem Kommilitonen an einem landesweiten Wettbewerb in der Kunst des Debattierens teilnehmen. Alex wurde dort zum besten Redner gewählt. Beim Debattieren liegt der Unterschied zwischen gut und schlecht ebenso wie beim Schreiben klar auf der Hand. Auch das Bewertungssystem ist eindeutig und transparent. Damit Alex sich als bester Redner durchsetzen konnte, musste er seine Redekunst ständig verbessern. Als ich davon hörte, wie er es dann nach Hollywood geschafft hatte, war mir sofort klar, dass sein rascher Aufstieg auf dieser Fähigkeit beruhen musste.
Als Alex sich dafür entschied, nach Hollywood zu ziehen, gab es an seinen Gründen dafür nichts zu deuteln, schließlich beherrschte er die Gesetze logischer Argumentation wie kein Zweiter. »Mir war klar, dass ich mich immer noch für ein Jurastudium einschreiben könnte«, erinnerte er sich. »Doch realistisch betrachtet war es jetzt meine einzige Chance, als Drehbuchautor Fuß zu fassen.« Alex räumte ein, dass er bei seinem Umzug nach Kalifornien nicht so recht wusste, wie sein Ziel aussah. »Auf meiner Wunschliste standen mehrere Berufswünsche, aber mir
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