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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Wahnsinns erschien in ihren Augen. Sie preßte den Geliebten noch inniger an sich und fuhr fort:
    »Verüben wir denn das Schlechte? Wir lieben und amüsiren uns, wie es uns gefällt; und dies thut die ganze Welt, nicht wahr? ... Sieh, Dein Vater thut sich auch keinerlei Zwang an. Er liebt das Geld und nimmt es, wo er es findet. Er hat vollkommen Recht und ich werde mich darnach zu richten wissen ... Vor Allem werde ich nichts unterschreiben und Du wirst Dich wie früher jeden Abend hier einfinden. Ich fürchtete, Du würdest nicht mehr wollen, weil... Du weißt ja, was ich Dir gesagt ... Da Dich Das aber nicht anficht ... Und dann werde ich ihm die Thür verschließen, wie Du begreifen wirst...«
    Sie stand auf und zündete die Nachtlampe an. Maxime zögerte; er war völlig verzweifelt. Nun ward er sich über den Fehler klar, den er begangen und machte sich bittere Vorwürfe darüber, daß er gesprochen. Wie sollte er jetzt seine bevorstehende Vermählung ankündigen? Die Schuld konnte er nur sich allein zuschreiben, denn der Bruch hatte stattgefunden und er es nicht nöthig gehabt, sich neuerdings in diesem Zimmer einzufinden, oder der jungen Frau zu beweisen, daß ihr Gatte sie schmählich hintergehe. Er wußte gar nicht mehr, welchen Regungen er nachgegeben, was seinen Zorn gegen sich selbst nur noch vermehrte. Doch wenn er auch einen Augenblick den Gedanken hatte, ein zweites Mal brutal zu sein, sich ohne Weiteres zu entfernen, so erfüllte ihn der Anblick Renée's, die ihre Pantoffel abstreifte, mit einer unbesiegbaren Feigheit. Er ward von Furcht erfaßt und blieb.
    Als sich Saccard am nächsten Tage bei seiner Frau einfand, um ihr die Verzichtsurkunde zur Unterschrift vorzulegen, theilte sie ihm ruhig mit, daß sie sich die Sache überlegt habe und nichts zu unterschreiben gedenke. Sie machte nicht die leiseste Anspielung, denn sie hatte sich selbst Schweigen gelobt, um sich keine Unannehmlichkeiten zuzuziehen und ihre wiedergefundene Liebe in Ruhe genießen zu können. Aus dem Charonner Geschäfte mochte werden was da wollte; die Verweigerung ihrer Unterschrift war blos eine Rache und alles Uebrige focht sie nicht an. Saccard war nahe daran, sich von seinem Zorne hinreißen zu lassen. Alle seine Träume gingen in Trümmer, denn was er an sonstigen Unternehmungen hatte, mißglückte ebenfalls. Er war am Ende seiner Hilfsmittel und es mußte ein Wunder genannt werden, daß er sich noch aufrecht erhielt; am Morgen desselben Tages hatte er nicht einmal die Rechnung seines Bäckers bezahlen können. Dies hinderte ihn aber nicht, für Mittfastendonnerstag ein glänzendes Fest vorzubereiten. Angesichts der Weigerung Renée's empfand er den ohnmächtigen Zorn eines kraftstrotzenden Mannes, der durch die Laune eines Kindes in seinem Werke aufgehalten wird. Mit der Verzichtsurkunde in der Tasche hatte er sich Geld beschaffen zu können gehofft, bis ihm die städtische Entschädigung zugefallen wäre. Als er sich ein wenig beruhigt hatte und klar zu denken vermochte, staunte er über die plötzliche Aenderung des Entschlusses seiner Frau; sicherlich war sie von Jemandem berathen worden. Sein Verdacht richtete sich naturgemäß auf einen Liebhaber. Diese Vermuthung gewann derart die Oberhand in ihm, daß er zu seiner Schwester eilte, um sie zu fragen, ob ihr von Renée's Geheimnissen nichts bekannt sei. Sidonie gab sehr scharfe Antworten, denn sie vermochte ihrer Schwägerin nicht zu verzeihen, daß sie sie durch ihre Weigerung, Herrn von Saffré zu sehen, in eine arge Verlegenheit gebracht hatte. Als sie daher aus den Fragen ihres Bruders ersah, daß er seine Frau im Verdacht habe, sie unterhielte geheime Liebesverhältnisse, stimmte sie eifrig bei und sagte, daß sie dessen sicher sei. Sie machte sich anheischig, die »Turteltäubchen« abzufassen. Diese Zierpuppe sollte nicht glauben, daß ihr Alles gestattet sei. Saccard liebte es sonst nicht, unangenehmen Wahrheiten nachzuspüren; hier aber zwang ihn sein Interesse, die Augen zu öffnen, die er klüglich geschlossen gehalten und so nahm er das Anerbieten seiner Schwester an, die mitfühlenden Tones zu ihm sagte:
    »Sei unbesorgt, ich werde Alles in Erfahrung bringen. Ach! mein armer Bruder, Angéle hätte Dich gewiß niemals verrathen! Einen so guten, so großmüthigen Gatten! Diese Pariser Puppen haben ja kein Herz ... Und ich habe doch niemals aufgehört, ihr die besten Rathschläge zu ertheilen!«

 
VI.
    Am Mittfastendonnerstag sollte bei Saccard ein großer

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