Die Treibjagd
Toutin-Laroche, dessen Gesicht leuchtete, flüsterte dem Baron, dessen Wangen gelbliche Flecke zeigten, einige Worte ins Ohr, während Mignon und Charrier, die weniger diskret waren, mit brutaler Naivität bemerkten:
»Alle Wetter! da gäbe es Geld, um Paris niederzureißen und wieder aufzubauen.«
Die Bemerkung däuchte Saccard sehr tiefsinnig und er begann zu glauben, daß sich die Herren Mignon und Charrier über die Welt lustig machten, indem sie sich dumm stellten. Als sich der Vorhang schloß und das Klavier den Triumphmarsch unter großem Lärm und mit einer Menge durcheinandergeworfener Noten, die wie ein letztes Klappern der harten Thaler klangen, beendete, wurde lebhafter und anhaltender Beifall gespendet als vorher.
Während des zweiten Bildes war der Minister in Begleitung seines Secretärs, des Herrn von Saffré, in der Thür des Salons erschienen. Saccard, der bereits ungeduldig auf die Ankunft seines Bruders gelauert hatte, wollte ihm entgegeneilen, um ihn zu begrüßen. Jener aber hatte ihm mit einer Geberde bedeutet, er möge seinen Platz nicht verlassen, worauf er langsam der Gruppe ernster Männer zuschritt. Als der Vorhang gefallen war, und man seiner ansichtig wurde, ward im Salon ein allgemeines Gemurmel vernehmbar, während sich ihm Aller Köpfe zuwendeten. Der Minister bedrohte ernstlich den Erfolg der »Liebe des schönen Narziß und der Nymphe Echo«.
»Sie sind ein Poet, Herr Präfekt,« sagte er lächelnd zu Herrn Hupel de la Noue. »Sie haben, glaube ich, bereits einen Band Gedichte unter dem Titel »Epheuranken« herausgegeben... Wie ich sehe, haben die Sorgen der Administration Ihrer Phantasie keinen Eintrag gethan.«
Der Präfekt fühlte die Spitze eines Tadels in den schmeichelhaften Worten. Das plötzliche Erscheinen seines Vorgesetzten brachte ihn umsomehr außer Fassung, als er mit einem Blick seine Toilette musternd, um zu sehen, ob dieselbe keinerlei Einbuße erlitten, auf seinem Rockärmel die Spur der kleinen, weißen Hand erblickte, welche er nicht wegzuwischen wagte. Er verbeugte sich und stotterte einige Worte.
»Wahrlich,« fuhr der Minister zu den ihn umgebenden Personen gewendet fort; »diese Mengen Goldes boten einen herrlichen Anblick... Wir würden große Dinge ausführen, wenn uns Herr Hupel de la Noue Geld verschaffen wollte.«
Dies besagte in der Ministersprache dasselbe, was vorhin die Herren Mignon und Eharrier behauptet hatten. Nun ergingen sich die Herren in endlosen Schmeicheleien, zu welchen die letzten Worte des Ministers Anlaß geboten: das Kaiserreich habe bereits Großartiges vollbracht; dank der hohen Einsicht und Weisheit der Regierung sei an Geld kein Mangel; niemals habe Frankreich eine so geachtete Stellung unter den europäischen Staaten eingenommen und so weiter. Die Herren wurden schließlich so platt und abgeschmackt, daß der Minister selbst auf ein anderes Thema überging. Er hörte den Leuten erhobenen Hauptes zu, während seine Mundwinkel ein wenig emporgezogen waren, was seinem großen, weißen, sorgfältig rasirten Gesicht einen Ausdruck des Zweifels und lächelnder Mißachtung gab.
Saccard, der die Ankündigung der Vermählung seines Sohnes mit Luise de Mareuil herbeiführen wollte, manövrirte, um einen gewandten Uebergang zu finden. Er trug eine große Vertraulichkeit zur Schau und sein Bruder spielte den Gutmüthigen, erwies ihm die Freundschaft, daß er sich den Anschein gab, als wäre er ihm herzlich zugethan. Der Minister sah wirklich überlegen aus mit seinem klaren Blick, seiner augenscheinlichen Verachtung aller niedrigen Ränke und seinen breiten Schultern, die mit einem Zucken dieses ganze Gelichter hier über den Haufen geworfen hätten. Als von der geplanten Vermählung endlich die Rede war, zeigte er sich sehr liebenswürdig und ließ durchblicken, daß er sein Hochzeitsgeschenk bereit halte; er meinte die Ernennung Maxime's zum Auditor im Staatsrath. Er ging so weit, seinem Bruder mit der gutmüthigsten Miene zweimal zu versichern:
»Sage Deinem Sohne, daß ich sein Trauzeuge sein will.«
Herr von Mareuil erröthete vor Freude. Man beglückwünschte Saccard und Toutin-Laroche bot sich als zweiter Zeuge an. Mit einer plötzlichen Wendung kam man dann auf die Ehescheidung zu sprechen. Ein Mitglied der Opposition hatte, wie Herr Haffner sagte: »den traurigen Muth«, diese soziale Schmach in Schutz zu nehmen. Jedermann war empört und es wurden schöne Worte der Keuschheit und Züchtigkeit vernehmbar. Herr Michelin
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