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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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stimmte Saccard ganz besonders nachdenklich.
    Monate flossen dahin und der Krimkrieg war erklärt worden. Paris, das sich einen entfernten Krieg nicht anfechten ließ, stürzte sich ungestümer denn je in die Arme der Spekulation und schöner Frauen. Die Fäuste ballend, sah Saccard diese zunehmende Spielwuth mit an, die er ja kommen gesehen. Inmitten der riesigen Schmiede, in welcher die Hämmer das Gold auf dem Ambos bearbeiteten, ward er von Zorn und Ungeduld verzehrt. Wille und Intelligenz arbeiteten mit solcher Gewalt in ihm, daß er in einem fortwährenden Traume lebte, gleich einem Mondsüchtigen, der von einem nie ablassenden Gedanken gequält, am Rande des Daches einherwandelt. Darum war er auch auf's Höchste überrascht und gereizt, als er eines Abends heimkehrend, Angèle krank und im Bette liegend antraf. Sein mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerkes funktionirendes häusliches Leben wurde gestört und dies erbitterte ihn gleich einer vorbedachten Tücke des Schicksals. Die arme Angèle klagte leise; sie hatte sich offenbar ein heftiges Fieber zugezogen und empfand bald Kälte, bald Hitze. Als der Arzt anlangte, schien er sehr beunruhigt; auf dem Flur draußen sagte er zu dem Gatten, seine Frau habe sich eine Bauchfellentzündung zugezogen und er könne keine Bürgschaft für sie übernehmen. Von da an pflegte Aristide die Kranke ohne zornige Erregung; – er ging nicht ins Amt, verweilte an ihrem Lager und betrachtete sie mit einem unerklärlichen Ausdruck, wenn sie mit fiebergerötheten Wangen, nach Athem ringend, im Schlummer lag. Trotz ihrer erdrückenden Arbeitslast ermöglichte es Frau Sidonie, sich jeden Abend einzufinden, um die Tränke zu brauen, welchen sie eine mächtige Heilkraft zuschrieb. Nebst ihren zahllosen anderen Talenten besaß sie auch das einer Krankenwärterin in hohem Grade; sie war vertraut mit allen Krankheiten und Arzneien, sowie mit den herzbewegenden Gesprächen, die an den Sterbelagern geführt werden. Außerdem schien sie für Angèle eine zärtliche Freundschaft zu empfinden; sie liebte die Frauen mit wahrer Liebe und tausend Schmeicheleien, offenbar des Vergnügens halber, das sie den Männern gewähren. Sie behandelte dieselben mit der zarten Sorgfalt, welche Kaufleute für die kostbaren Artikel ihrer Schaufenster haben, nannte sie »mein Schatz, mein schönes Kind,« löste sich in Liebkosungen um sie auf, wie ein Liebender um den Gegenstand seiner Verehrung. Obschon Angèle eine Person war, aus welcher sie keinen Nutzen ziehen konnte, umschmeichelte sie sie gleich den anderen, aus reiner Gewohnheit. Als sich die junge Frau im Krankenbette befand, äußerte sich die Zuneigung der Frau Sidonie in rührender Weise; ihre Aufopferung erfüllte gleichsam das stille Krankenzimmer. Ihr Bruder sah sie kommen und gehen, mit zusammengepreßten Lippen, gleichsam versunken in stummem Schmerze.
    Die Krankheit verschlimmerte sich und eines Abends eröffnete ihnen der Arzt, daß die Kranke die Nacht nicht überleben werde. Frau Sidonie hatte sich schon früh eingefunden und blickte Aristide und Angèle aus ihren halb geschlossenen Augen an, in welchen es von Zeit zu Zeit kurz aufflammte. Als der Arzt gegangen war, schraubte sie die Lampe herab und tiefe Stille trat ein. Langsam hielt der Tod seinen Einzug in dieses warme Zimmer mit der feuchten Luft, in welchem der unregelmäßige Athem der Sterbenden gleich dem gestörten Ticken eines in Trümmer gehenden Uhrwerkes zu hören war. Frau Sidonie braute keine Arzneien mehr und ließ das Uebel sein Werk vollenden. Sie hatte sich vor dem Kamin, neben ihrem Bruder niedergelassen, der erregt mit der Zange in der Gluth stöberte und von Zeit zu Zeit unwillkürlich nach dem Bette hinüberblickte. Dann, gleichsam betäubt von dieser schweren Luft, durch diesen jammervollen Anblick, erhob er sich und ging in das anstoßende Zimmer hinüber. Dort hatte man die kleine Klotilde eingeschlossen, die auf einem Stück Teppich sitzend, mit ihrer Puppe spielte. Seine Tochter lächelte ihm entgegen, als Frau Sidonie, die hinter ihm ins Zimmer glitt, ihn in eine Ecke zog und mit leiser Stimme zu sprechen begann. Die Thür war offen geblieben und man vernahm das leichte Röcheln der Verscheidenden.
    »Deine arme Frau,« schluchzte die Maklerin; »ich glaube es ist zu Ende mit ihr. Hast Du gehört, was der Arzt sagte?«
    Saccard begnügte sich, traurig mit dem Kopfe zu nicken.
    »Sie war eine gute Person,« fuhr die Andere fort über Angèle zu sprechen, als

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