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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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war der Musterstutzer seiner Klasse, in welcher er sich wie in einem Salon einfand, mit eleganten Schuhen und tadellosen Handschuhen, herrlichen Kravaten und Hüten. Solcher junger Herrchen gab es in seiner Klasse etwa zwanzig, die gleichsam einen aristokratischen Verband bildeten, sich beim Verlassen des Schulgebäudes Havannazigarren aus Zigarrentaschen mit goldenen Schließen anboten und sich ihre Bücher durch einen livrirten Diener nachtragen ließen. Maxime hatte seinen Vater bewogen, ihm einen Tilbury und einen kleinen kräftigen Rappen zu kaufen, der die Bewunderung und das Entzücken seiner Kameraden bildete. Er führte selbst das Gespann; auf dem Rücksitz hinter ihm saß ein Lakai mit untergeschlagenen Armen und der an ein Ministerportefeuille erinnernden Schultasche aus kastanienbraunem Leder auf den Knieen. Und man mußte sehen, mit welcher Leichtigkeit, Uebung und Anmuth er in zehn Minuten aus der Rue de Rivoli nach der Rue du Havre kam, sein Pferd hart vor dem Thor des Lyceums anhielt und dem Diener mit den Worten: »Jacques, um halb fünf Uhr!« die Zügel hinwarf. Die Ladeninhaber in den umliegenden Häusern waren entzückt von der köstlichen Anmuth dieses Blondkopfes, den sie regelmäßig jeden Tag zweimal mit seinem Wägelchen anlangen und abfahren sahen. Bei der Heimfahrt nahm er zuweilen einen Freund mit sich, den er vor dessen Thür absetzte. Dann rauchten die beiden Kinder Zigarren, betrachteten die Frauen und bespritzten die Passanten mit Koth, als kämen sie vom Wettrennen zurück. Es war das eine wunderliche kleine Welt von Stutzern und Gecken, die man täglich in der Rue du Havre anlangen sah, wo sie in ihren geckenhaften Anzügen den reichen, blasirten Mann spielten, während die »Hefe« der Anstalt, die wirklichen Schüler, schreiend und lachend daherkamen, sich gegenseitig stießen, mit den schweren Schuhen das Pflaster stampften und ihre Bücher an langen Riemen über den Rücken herunterhängen hatten.
    Renée, die ihre Rolle als Mutter und Erzieherin ernst nehmen wollte, war entzückt von ihrem Schüler. Sie vernachlässigte thatsächlich nichts, um seine Erziehung zu vervollkommnen. Gerade zu jener Zeit hatte sie schweren Kummer und vergoß sie manche Thräne; – ein Liebhaber hatte sie verlassen, um seine Verehrung der Herzogin von Sternich zu Füßen zu legen und die Sache hatte ungeheures Aufsehen erregt. Sie träumte davon, daß Maxime ihr Trost sein werde; sie wurde alt, bemühte sich, recht mütterlich zu sein und wurde zum absonderlichsten Mentor der Welt. Häufig blieb der Tilbury Maxime's daheim, denn Renée holte den Stiefsohn mit ihrer großen Karosse ab. Die braune Büchertasche wurde unter den Sitz geschoben und dann fuhr man in's Bois, wo sie ihm einen Vortrag über das kaiserliche Paris hielt, welches noch ganz glücklich und in heller Begeisterung über diesen Schlag mit dem Zauberstabe war, welcher aus den Hungerleidern und Handlangern von gestern große Herren und Millionäre gemacht hatte, die prahlerisch auf ihren Geldsäcken saßen. Der Knabe aber fragte fast immer nur nach den Frauen und da sie sich ihm gegenüber sehr frei aussprach, so lieferte sie ihm eingehende Details: Frau von Guende war dünn, aber vorzüglich gebaut; die sehr reiche Gräfin Vanska war eine Straßensängerin gewesen, bevor sie sich von einem Polen heirathen ließ, der sie mit Schlägen traktierte, wie man behauptete; und was die Marquise d'Espanet und Susanne Haffner betraf, so waren die Beiden unzertrennlich und obgleich sie ihre vertrauten Freundinen waren, so fügte Renée mit zusammengekniffenen Lippen, als wollte sie nicht mehr sagen, hinzu, daß man sich über Beide recht unsaubere Dinge erzähle. Auch die schöne Frau von Lauwerens war sehr kompromittirend, hatte aber so schöne Augen, und Jedermann wußte, daß soweit es sich um ihre Person handle, man keinen Tadel vorbringen könne, obgleich sie sich zuviel mit den Händeln der armen kleinen Frauen abgibt, mit denen sie verkehrt: Frau Daste, Frau Teissière, die Baronin von Meinhold. Maxime wünschte die Porträts dieser Damen zu besitzen; er füllte mit denselben ein Album, welches im Salon auf einem Tischchen lag. Um seine Stiefmutter mit der lasterhaften Schlauheit, die den Grundzug seines Charakters bildete, in Verlegenheit zu bringen, verlangte er von ihr Aufschlüsse über Dirnen, wobei er sich den Anschein gab, als sähe er sie für vornehme Damen an. Moralisirend und ernst erwiderte ihm Renée, daß dies

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