Die Treibjagd
in Paris an der Tagesordnung war. Gleich der Stadt befand auch er sich momentan angesichts eines Defizits, welches insgeheim gedeckt werden mußte, denn von Zurückhaltung, Sparsamkeit, der ruhigen Existenz eines Spießbürgers wollte er nichts wissen. Er zog es vor, bei dem zwecklosen Luxus und dem wahren Elend dieser neuen Straßenzüge zu bleiben, aus welchen er sein kolossales Vermögen geschöpft, das jeden Morgen sich einfand, um am Abend wieder zu verschwinden. Von Abenteuer zu Abenteuer gleitend, besaß er nichts weiter, als die vergoldete Außenhülle eines nicht vorhandenen Kapitals. Zu dieser Epoche der Spekulationswuth setzte Paris selbst seine Zukunft nicht mit größerer Begeisterung auf's Spiel, schritt es nicht dreister und kühner von einer Dummheit und finanziellen Prellerei zur anderen. Die Abrechnung drohte eine schreckliche zu werden.
Die schönsten Spekulationen wurden in den Händen Saccard's zunichte. Er hatte, wie er selbst berichtete, bedeutende Börsenverluste erlitten. Herr Toutin-Laroche hatte den mißlungenen Versuch gemacht, den Crédit Viticole durch ein Spiel á la hausse in die Höhe zu bringen; doch war die Sache recht kläglich ausgefallen und nur dank der Regierung, die insgeheim sich der Angelegenheit annahm, konnte die Maschine zur Gewährung von hypothekarischen Darlehen für Weingartenbesitzer in Gang erhalten bleiben. Saccard, den dieser doppelte Streich gewaltig erschüttert hatte und den sein Bruder, der Minister hart bedrängte, weil die Delegationsbons der Stadt durch die des Crédit Viticole kompromittirt und der Gefahr des Werthverlustes ausgesetzt waren, war in seinen Spekulationen mit Häusern und Liegenschaften noch unglücklicher. Die Herren Mignon und Charrier hatten sich von ihm gänzlich zurückgezogen. Er klagte sie an, weil er von dumpfem Zorn darüber erfüllt war, daß er einen schweren Mißgriff begangen, als er auf seinen Grundstücken Prachtbauten aufführen ließ, während jene ruhig fortfuhren, ihre Parzellen zu verkaufen. Während jene ein beträchtliches und thatsächlich vorhandenes Vermögen erwarben, blieben ihm seine Häuser auf dem Halse und er vermochte dieselben häufig nur mit Verlust loszuschlagen. Unter Anderem verkaufte er in der Rue de Marignan für dreihunderttausend Francs ein Haus, auf welches er selbst noch dreihundertachtzigtausend Francs schuldig war. Allerdings hatte er einen Kniff nach seiner Art angewendet, welcher darin bestand, daß er zehntausend Francs für eine Wohnung verlangte, die höchstens achttausend Francs werth war; der entsetzte Miether aber unterfertigte den Kontrakt erst, als der Eigenthümer einwilligte, ihm den Aufschlag für die ersten zwei Jahre zu schenken. Die Wohnung war demnach nur nach ihrem tatsächlichen Werthe vermiethet; der Kontrakt aber sprach von jährlichen zehntausend Francs und wenn Saccard endlich einen Käufer fand und das Erträgniß des Hauses kapitalisirte, so gelangte er zu einem fabelhaften Ergebniß. Im Großen konnte er diesen Kniff aber nicht ausführen, da er seine Häuser nicht zu vermiethen vermochte. Er hatte dieselben zu früh erbaut; die Trümmer, welche dieselben umgaben, die Kothmassen, welche sich im Winter daselbst anhäuften, schadeten ihnen beträchtlich. Was ihn aber am empfindlichsten traf, war die derbe Schurkerei der Herren Mignon und Charrier, die ihm das Hôtel abkauften, dessen Bau er auf dem Boulevard Malesherbes unterbrechen mußte. Die Unternehmer waren endlich von der Lust erfaßt worden, auf »ihrem« Boulevard zu wohnen. Als sie die ihnen gehörigen Baustellen zu den möglichst hohen Preisen verkauft hatten und die mißliche Situation witterten, in die ihr ehemaliger Verbündeter gerathen, machten sie sich erbötig, ihm den Grund abzukaufen, auf welchem sich das bis zum ersten Stock gediehene Hotel befand, dessen Eisenträger theilweise auch schon angebracht waren. Die Schlauköpfe aber behandelten den solid ausgeführten Unterbau als werthlose Gipsmasse und sagten sogar, ihnen wäre der nackte Boden lieber gewesen, um daselbst nach eigenem Geschmack bauen zu können. Und Saccard mußte verkaufen, ohne für die bereits verausgabten hundert und etliche tausend Francs irgend welchen Ersatz zu erhalten. Was ihn aber noch mehr erbitterte, war, daß diese Unternehmer den Grund nicht zu dem bei der Theilung festgesetzten Preise von zweihundertfünfzig Francs für den Quadratmeter zurückkaufen wollten, sondern bei jedem Meter fünfundzwanzig Francs abdrückten. Und
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